Bobstadt. Das Urteil in Stuttgart-Stammheim blieb mit 14 Jahren und sechs Monaten Gefängnisstrafe für den "Reichsbürger" Ingo K. nur knapp unter der Maximalforderung der Bundesanwaltschaft. Deren Kernaufgabe: Schutz der demokratischen Grundordnung, indem sie terroristische Straftaten jeglicher ideologischen Ausrichtung verfolgt und zur Anklage bringt.
Nicht nur für den Strafverteidiger, sondern auch für den Vorsitzenden Richter im Prozess gegen Ingo K. (55) vor dem Oberlandesgericht (OLG) steht offenbar fest: Der Ex-Kampfsporttrainer und Personenschützer hat sich seit seinem Umzug von Rüsselhausen nach Bobstadt radikalisiert. Die Folge: über 40 Schüsse in Mordabsicht auf Vertreter des deutschen Staats – und zwar auf Polizeibeamte eines Spezialeinsatzkommandos Ende April 2022.
Rechtsideologisch radikalisiert
Nach Erkenntnissen des Gerichts hatte sich der Haupttäter K. vor allem in Kontakt mit der Familie A. und weiteren Bewohnern des weitläufigen Hofkomplexes im Boxberger Ortsteil Bobstadt in extremer Form rechtsideologisch radikalisiert.
Die Hofbewohner lebten weitgehend abgeschottet in einer sozialen „Blase“ mit „Reichsbürger“-Gedankengut. Der Rechtsstaat und seine Vertreter seien ein klares Feindbild. Das eigene „Territorium“ bilde eine Art Kleinstaat, den man gegen „Feinde“ von außen auch mit Waffengewalt verteidigen dürfe. Ein wahnwitziger Trugschluss für den Stammheimer Strafsenat.
Obwohl sich der Prozess vor dem OLG auf den Haupttäter und Schützen Ingo K. fokussierte – das Urteil vom Mittwoch ist noch nicht rechtskräftig – war das soziale Umfeld immer wieder Thema. In Justizkreisen spricht man von der „Reichsbürger-Community Bobstadt“.
Fünf Männer, zwei Frauen
Aktuell laufen, nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Karlsruhe (ohne Namensnennungen), mehrere Ermittlungsverfahren gegen Personen, die sich auf dem Hofkomplex unterhalb der Bobstadter Bergstraße aufhielten oder dort wohnhaft sind.
Insgesamt gibt es nach Informationen der FN-Redaktion sieben Beschuldigte: fünf Männer und zwei Frauen. Zuständig ist die Abteilung Staatsschutz. Wie sich die Tatvorwürfe personenbezogen genau aufschlüsseln lassen, ist derzeit nicht bekannt. Details zu bisherigen Erkenntnissen werden von der Staatsanwaltschaft auch nicht bekanntgeben.
Ermittelt wird aber im Schwerpunkt wegen illegalen Waffenbesitzes, Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, gegen das Tierschutzgesetz und das Betäubungsmittelgesetz. Bei der Durchsuchung im Zusammenhang mit den Schüssen von Ingo K. fanden sich auch „sonstige Waffen“ und NS-Devotionalien.
In den laufenden Ermittlungen geht es unter anderem darum, die Besitzverhältnisse der gesamten gefährlichen und illegalen Gegenstände zu klären. Wann die Ermittlungen abgeschlossen sind, könne derzeit noch nicht gesagt werden, hieß es aus Karlsruhe.
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