Heimatgeschichte

Boxberg erhielt vor 75 Jahren Stadtrecht zurück

Bemühungen von Bürgermeister Oskar Stapf führten zum Erfolg. In den 1930er Jahren zur Stadtgemeinde und dann Gemeinde heruntergestuft

Von 
Dr. Dieter Thoma
Lesedauer: 
Mit dieser Urkunde erhielt Boxberg am 27. Oktober 1949, also vor 75 Jahren. die Stadtrechte zurück. © Dr. Dieter Thoma

Boxberg. Vor einem dreiviertel Jahrhundert, am 27. Oktober 1949, erhielt Boxberg seine 1935 aberkannten Stadtrechte wieder zurück. Damit führten die Bemühungen von Bürgermeister Oskar Stapf zum Erfolg. Boxberg wurde Vorreiter für weitere Kommunen im Umkreis: am 3. Oktober 1950 erhielten Grünsfeld, Königshofen, Külsheim und Lauda ihr Stadtrecht wieder zurück, ebenso Krautheim an der Jagst.

Warum war für Boxberg die Bezeichnung „Stadt“ so wichtig? Eine Stadt hat im Unterschied zu einer Gemeinde mehr Rechte, mehr zentrale Bedeutung. Kennzeichen einer Stadt waren früher Mauern, Marktrecht und Gericht.

Nach Karl Hofmann könnte Boxberg schon um 1250 erste Stadt- und Marktrechte gehabt haben. 1287 wird erstmals zwischen Burg und Siedlung unterhalb unterschieden: die Edelherren von Boxberg schenken dem Johanniterorden „Burg Boxberg und das einst Wanshofen genannte suburbium“. 1321 wird von „Bockisberg der veste und stette“ gesprochen. Die erste offizielle Bestätigung stammt vom 9. April 1388: König Wenzel „gewährt Conrad von Rosenberg die Gnade, daß alle, welche nach Boxberg ziehen, das Recht der Stadt Lauda haben sollen“. (Kaiser Ludwig der Bayer hatte Lauda am 22.11.1344 das Stadtrecht von Rothenburg verliehen.)

Mehr zum Thema

Partnerschaftskomitee

Deutsche Produkte kamen bei Franzosen gut an

Veröffentlicht
Mehr erfahren
Hallenfußball

50. Auflage des Bürgermeister-Weid-Turniers

Veröffentlicht
Von
ai
Mehr erfahren
Spende

2000 Bäume für klimastabilen Zukunftswald

Veröffentlicht
Von
Werner Palmert
Mehr erfahren

Bei späteren Boxberger Marktrecht-Bestätigungen oder Neuverleihungen stand das Stadtrecht nie in Frage. Dies änderte sich nach dem Ersten Weltkrieg. Die Badische Gemeindeordnung erlaubte die Führung des Titels erst bei mindestens 15 000 Einwohnern. Boxberg musste sich fortan „Stadtgemeinde“ nennen. Ein Schicksal, das auch badische Main-Tauber-Städte wie Freudenberg, Grünsfeld, Königshofen, Lauda, Tauberbischofsheim und Wertheim traf. Und es kam noch schlimmer: die Deutsche Gemeindeordnung vom 3. April 1935 unterschied nur noch zwischen „Städten“ (ab 30 000 Einwohnern) und „Gemeinden“. Allerdings konnte der „Herr Reichsstatthalter in Baden“ auf Antrag Siedlungen mit dem früheren Titel „Stadt“ erlauben, die alte Bezeichnung wieder zu führen. Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung erhielten Tauberbischofsheim (Bezirksamtssitz) und Wertheim (ehemalige Residenzstadt) am 16. mai 1938 ihren Beinamen „Stadt“ zurück, im Umkreis ebenso Adelsheim, Buchen und Mosbach. Die Anträge von Boxberg, Königshofen und Lauda wurden „zunächst zurückgestellt“, kurz vor Kriegsbeginn endgültig eingestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wandte sich Bürgermeister Oskar Stapf an viele Adressen, um das Stadtrecht wieder zu erlangen: den Landrat, den Landtagsabgeordneten, den Verband Badischer Gemeinden, den Landesbezirk Baden. Der Präsident des Landesbezirks erteilte dem Anliegen im Januar 1949 eine deutliche Abfuhr.

Doch Stapf ließ nicht locker. Zur ersten Nachkriegs-Maimesse 1949 hatten sich mehrere Regierungsvertreter angemeldet. In der Festansprache zur Eröffnung zählte Stapf die geschichtliche Bedeutung Boxbergs auf. Er verwies auf die jahrhundertelangen Stadtrechte. „Erst einer Zeit kurz nach dem Ersten Weltkrieg, einer Zeit allmählicher Vermasselung, blieb es vorbehalten, an den uralten Rechten unserer Kleinstädte Hand anzulegen“. Er argumentierte: „Gerade die Landgemeinden mit ihren uralten Kleinstädten waren es, und werden es in Zukunft sein, wieder frisches pulsierendes Leben den zerfurchten Großstädten zuzuführen. Wenn auch unsere Kleinstädtchen der Entwicklung anderer Städte nicht standhalten können, so waren nicht Unfähigkeit Schuld daran, sondern zumeist eine verkehrsungünstige Lage“.

Stapfs Rede appellierte: „Gebt uns unsere Stadtrechte und unsere Messen wieder und die neue Blüte unserer alten Stadt wird auch dem ganzen Land von Nutzen sein!“ Landrat Schwan schloss seine Ansprache ebenfalls mit der Bitte, den Gemeinden Boxberg und Lauda wieder zu ihren alten Stadtrechten zu verhelfen.

Noch in Boxberg versprach Ministerialdirektor Dr. Unser: „Die Verleihung des Stadtrechts wollen wir noch einmal überprüfen.“ Im Sommer schaute sich der leitende Präsidialdirektor Kistner (Landesbezirk Baden) in Boxberg gründlich um.

Am 27. Oktober 1949 unterschrieb der Präsident des Landesbezirks Baden, Finanzminister Dr. Edmund Kaufmann, in Karlsruhe folgenden Erlass: „Gemäß § 9 Abs. 2 der Deutschen Gemeindeordnung in Verbindung mit Ziffer 4 bis 9 des Status der Landesverwaltung Württemberg=Baden vom 20. Dezember 1945 … wird der Gemeinde Boxberg die Bezeichnung Stadt verliehen.“

Erst Mitte November wurde Boxberg informiert. Der Festakt hierzu wurde ins neue Jahr verlegt. Den Auftakt bildete ein Heimatabend am 7. Januar. Pfarrer Wilibald Reichwein berichtete über „Burg und Stadt Boxberg in der Geschichte“. Heimatdichter Wilhelm Kraft trug eigene Mundartgedichte vor, Jugendliche rezitierten Verse von Karl Hofmann.

Die Boxberger Stadt- und Festhalle war am 8. Januar 1950 übervoll, als Landespräsident Dr. Kaufmann seine Festrede hielt. Vor allem aus zwei Gründen sei Boxberg wieder Stadt geworden: „Der erste Grund liegt in der Achtung vor dem historisch Gewordenen. Warum soll eine Gemeinde ihren Adelsnamen Stadt nicht weiterführen, den sie 700 Jahre getragen hat. Zweitens wurde Boxberg in den letzten Jahrzehnten etwas stiefmütterlich behandelt.“ Der Präsident betonte auch eine ganz persönliche Verbindung: „Mein Vater war Postverwalter in Boxberg, und meine Mutter bezeichnete die Boxberger Jahre als die schönsten ihres Lebens.“

Bürgermeister Stapf empfing die Urkunde „voll Stolz und überglücklich, aber auch in Erkenntnis des großen Wohlwollens der Regierung des Landesbezirks Baden“. Sie sei eine „Auszeichnung, die uns zu größerer Leistung auf den Gebieten der Kultur, des sozialen Lebens und der Wirtschaft verpflichtet“. Abschließend wurde Dr. Kaufmann das Boxberger Ehrenbürgerrecht verliehen.

Boxberg wurde vor 75 Jahren zum ansteckenden Vorbild für weitere Stadtrechts-Wiederverleihungen im Umkreis. Mit Unterschrift vom 3. Oktober 1950 verlieh der Präsident des Landesbezirks Baden auch den „Gemeinden“ Grünsfeld, Königshofen, Krautheim, Külsheim und Lauda die Bezeichnung „Stadt“.

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten