Löffelstelzen/Oesfeld. Nicht weit vom Ortsausgang Löffelstelzen steht auf der Alten Würzburger Straße eine steinerne Figur auf einem Sockel, die ein Kreuz in Händen hält. Auf der einen Sockelseite des Bildstocks ist zu lesen, dass hier unerwartet schnell Fürstbischof Philipp Franz Graf v. Schönborn auf der Heimreise von Mergentheim nach Würzburg am 18. August 1724 gestorben sei.
Etwa zehn Kilometer von Löffelstelzen entfernt, befindet sich die Gemeinde Oesfeld, zu der eine Kapelle in einem nahe gelegenen Wald gehört. Auch die Kapelle weist neben dem Eingang eine Inschrift auf: Auf der Wand ist zu lesen, dass hier 1724 der Würzburger Fürstbischof Franz Philipp von Schönborn vom Tode ereilt worden sei.
Wo aber ist der Fürstbischof wirklich gestorben? In Oesfeld oder in Löffelstelzen? Es gibt einen Augenzeugen. Dieser hat den Fürstbischof begleitet und einen Tag nach dem Tod des Herrschers einen Bericht verfasst, der im Staatsarchiv Würzburg lagert, wo auch das Archiv der Grafen von Schönborn untergebracht ist. Bei dem Zeitzeugen handelt es sich um den Geheimen Rat Franz Ludwig Fichtl, der seinen Bericht an den Onkel des Verstorbenen, Lothar Franz von Schönborn, gerichtet hat.
Mehr als sonst getrunken
Laut diesem Bericht sei der Fürstbischof auf Einladung des in Mergentheim residierenden Hochmeisters des Deutschen Ordens mit auf der Jagd gewesen. Bei der anschließenden Tafel und danach sei mehr als sonst getrunken worden, was Fichtl auf die große Wärme zurückführte, die am Tag geherrscht habe. Schon am Abend habe sich der Fürstbischof übel befunden. Er habe sich mehrmals erbrechen müssen, so dass er sich schon am nächsten Morgen gegen acht Uhr auf die Heimreise begeben habe, die über Löffelstelzen, Oesfeld und Bütthard nach Würzburg führen sollte.
Als sich die Kutsche des Fürstbischofs „außerhalb Löffelstelz“ befand, habe man die Pferde angehalten. Da dem Fürstbischof so übel gewesen sei, seien unter einem Baum etliche Mäntel gestapelt worden, auf die er sich gelegt habe. Zudem sei aus Löffelstelzen ein Bett herbeigeschafft worden, damit sich Schönborn darauf niederlegen konnte. Bald darauf sei er von Schüttelfrost in die Höhe getrieben worden. Sein Beichtvater sei gerufen worden, der ihm die Absolution erteilt habe. Nach einem Aderlass, bei dem aber kaum noch Blut geflossen sei, sei er zwischen neun und zehn Uhr „seeligst“ verschieden.
Der Augenzeuge Franz Ludwig Fichtl bekräftigt am Ende seines Berichts, dass er das Unglück gehabt habe, neben anderen den traurigen Zufall mit angesehen zu haben, von dem er noch bestürzt sei. Zudem hält er das Datum seines Schreibens fest: 19. August 1724, also einen Tag nach dem Tod des Fürstbischofs.
Steinerne Zeugen sprechen
Kommen wir nun auf die steinernen Zeugen des plötzlichen Ablebens des Fürstbischofs zu sprechen. Da gibt es auf der einen Seite den schon erwähnten Bildstock bei Löffelstelzen, der die Aufschrift „Memento mori“ und die Jahreszahl 1751 trägt. Er wurde 27 Jahre nach dem Tod des Fürsten im Auftrag eines Deutschordensbeamten errichtet.
Nach über 100 Jahren ließ der Würzburger Bischof den Bildstock 1852 renovieren, wobei erst dann die Inschrift am Sockel angebracht wurde: „Hier starb unerwartet schnell Fürstbischof Philipp Franz Graf v. Schönborn…“.
Die fast lebensgroße Figur des Bildstocks stellt den hl. Bruno dar, den Gründer des Karthäuserordens. Der Heilige in Ordenstracht hält ein Kreuz in Händen.
Auf der anderen Seite steht auf der Oesfelder Flur in einem Waldstück, das „Beim Fürstenbild“ genannt wird, ein Bildstock mit einem Andachtsbild und einem Deutschordenswappen, der, so die Überlieferung, einige Jahrzehnte nach dem Tod des Fürsten errichtet worden sei. Der Bildstock steht vor einer kleinen Kapelle, die ebenfalls den Namen „Beim Fürstenbild“ trägt, die der katholische Pfarrer von Oesfeld, Andreas Huttner, 1932 errichten ließ. Der Legende nach erreichte der Fürstbischof mit letzter Kraft bei Oesfeld sein eigenes Territorium, ehe er sich zum Sterben in den Schatten einer Eiche niederlegte. Beide Denkmäler, der Bildstock und die Kapelle, sollen an jener Stelle errichtet worden sein, an der der Fürstbischof verstarb.
Teil des Dorfgedächtnisses
Da der Oesfelder Bildstock „ja schon 1765, also 41 Jahre nach dem Tod des Fürstbischofs und 14 Jahre nach der Bruno-Statue in Löffelstelzen aufgestellt“ worden sei, sollte „der Todesort des Fürstbischofs noch bekannt gewesen sein“, teilt Friederike Langeworth, Archivpflegerin mit Sitz in Giebelstadt im Gespräch mit den FN mit. „Wer den Bildstock hat aufstellen lassen, wissen wir nicht, aber die Intention, das Gedenken an den Tod des Bischofs, ist eindeutig. Seither ist es in Oesfeld auch klar, dass der Bischof dort verstorben ist. Es ist einfach Teil des Dorfgedächtnisses und daher wird auch jedes Jahr an Christi Himmelfahrt das Fürstenbild-Fest beziehungsweise Kapellenfest dort gefeiert“, betont Langeworth.
Im Gegensatz zur Giebelstädter Archivpflegerin findet der Bad Mergentheimer Stadtarchivar Alexander Ploebsch keinen Anhaltspunkt dafür, dass Schönborn bei Oesfeld gestorben sei. Und in der Tat, für die Oesfelder Erzählung gibt es keinen eindeutigen Beleg, während die Löffelstelzer Version vor allem vom authentischen Augenzeugenbericht des Geheimen Rats Fichtl untermauert wird.
Interessant an diesem Bericht ist auch, dass der Bischof offensichtlich auf einem Bett gestorben ist, das aus einer Löffelstelzer Wohnung geholt worden war. Von einem weiteren Transport des im Sterben Liegenden nach Oesfeld ist keine Rede, geschweige denn, dass er dort gestorben sei.
Während der Löffelstelzer Bildstock mit dem „Memento mori“ einen direkten Todesbezug hat, bleibt der Oesfelder Bildstock ohne erkennbaren Bezug zum Tod Schönborns. Auch die Oesfelder Kapelle mit ihrer Inschrift hat keinen dokumentarischen Wert.
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