Bad Mergentheim. Wer in die Tiefen der Bad Mergentheimer Geschichte eintauchen will, muss hoch hinaus. Etliche Stufen gilt es zu überwinden, um an die Tür des Stadtarchivs über dem Kulturforum und der Stadtbücherei zu gelangen.
Im Vorraum des Archivs werden die Geschichtsinteressierten von einer weiblichen Figur empfangen, die fast ein wenig majestätisch auf die Besucher blickt, ist sie doch mit Krone und Zepter ausgestattet. Auf ihrem Arm trägt sie ein Kind, das ebenfalls eine Krone trägt.
Die aus Lindenholz gefertigte Hausmadonna steht erst seit geraumer Zeit an diesem Platz, denn sie hat eine weite Reise hinter sich und war viele Jahre lang in einer Wohnung in Australien als ungewöhnlicher Blickfang aufgestellt.
Aber das ist noch gar nicht ihre ganze Geschichte. Denn bevor sie nach Australien verschickt wurde, befand sie sich in Bad Mergentheim, nicht weit vom Schloss, in der Burgstraße, wo sich heute ein Kaffee-Geschäft befindet. Vermutlich war sie gar nicht allzu lang an der sonnenbestrahlten und den Witterungseinflüssen ausgesetzten Südwand des Hauses Nr. 17 angebracht, denn, so Restaurator Norbert Eckert, die Madonna sei „weitestgehend perfekt“ erhalten, obwohl sie schon in der Barockzeit, vermutlich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden sei.
Auf nach Adelaide
Warum kam sie aber nach Australien? Es war im Jahr 1978, als die Holzmadonna von der Hausfassade entfernt wurde. Die Besitzerin Johanna Siegel war verstorben, und so wurde die Himmelskönigin an ihre Nichte, Liselotte Marcinowski vererbt. Sie ließ die Madonna von Norbert Eckert restaurieren und nahm sie mit nach Australien in die Stadt Adelaide, wo die hölzerne Figur mit dem Jesuskind auf dem Arm viele Jahre in ihrer Wohnung an Bad Mergentheim erinnerte.
Ihre Tochter, Ingrid White wollte nun, nach über vier Jahrzehnten, das Erinnerungsstück wieder der Stadt Bad Mergentheim zurückgeben. Und so schickte sie die Hausmadonna per Frachtschiff „nach Germany“, wo die Holzfigur auf dem Tisch von Stadtarchivar Alexander Ploebsch landete, der sich um ihren weiteren Verbleib kümmerte.
Da der Madonna die rechte Hand abgefallen war, kam sie in die Obhut von Restaurator Norbert Eckert, der dafür sorgte, dass die Königin wieder ihren Zepter fest im Griff halten kann. Da die Madonna empfindlich auf Sonne, Regen und Kälte reagieren würde, empfahl er, das Schmuckstück von „hoher künstlerischer Qualität“ mit den original erhaltenen Kronen in einem geschützten Innenraum aufzustellen. Und so kam es auch. Jetzt steht die Madonna mit Kind wieder in Bad Mergentheim in einer Glasvitrine im Vorraum des Stadtarchivs, wo sich Besucher an ihrem Anblick erfreuen können.
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