Umwelt und Natur - Regierungspräsidien und Landratsämter empfehlen, Pläne zu erarbeiten und Vorsorge zu treffen / Umfrage unter den größeren Städten in der Region

Nach Flutkatastrophe: Starkregen-Gefahren jetzt mehr im Fokus

Welche Konsequenzen ziehen unsere Kommunen aus den Flutkatastrophen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen? Übergeordnete Behörden empfehlen die Einschätzung möglicher Folgen von Starkregen – jetzt noch mehr.

Von 
Sascha Bickel
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Das Risiko von lokalen Starkregen-Ereignissen und Unwettern nimmt laut Experten zu. Die Wassermassen suchen sich dann ihren Weg talabwärts und hinterlassen große Schäden. © dpa

Odenwald-Tauber. Hochwasser, also anschwellende Flüsse und Bäche, haben die Kommunen im Main-Tauber- und Neckar-Odenwald-Kreis auf dem Schirm. Gefahrenkarten liegen vor. Anders sieht es allerdings bei Starkregen aus. Regenwasser, das über Straßen und Senken sowie Hänge hinab fließt und sich an bestimmten Tiefpunkten besonders stark sammelt. Hier besteht Nachholbedarf.

Die Redaktion hat sich umgehört. Viele Kommunen in der Region planen, sich besser vorzubereiten. Die furchtbaren Ereignisse in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben aufgerüttelt.

„Empfehlenswert“

„Starkregen-Risikokarten sind grundsätzlich für alle Kommunen empfehlenswert“, betont Markus Moll, der Pressesprecher des Landratsamtes im Main-Tauber-Kreis, gegenüber unserer Zeitung.

Moll erklärt zunächst mit Blick auf die Hochwassergefahren, dass Risikoanalysen „für alle relevanten Gewässer in Baden-Württemberg durch das Land erstellt, durch die Kommunen plausibilisiert und für den gesamten Main-Tauber-Kreis seit dem 23. Mai 2015 veröffentlicht sind“. Die Erstellung von Risikokarten für Starkregen und mögliche Sturzfluten durch Unmengen an Regenwasser liege hingegen „im Rahmen der Vorsorge- und allgemeinen Sorgfaltspflicht im alleinigen Zuständigkeitsbereich der Kommunen“. Nach Kenntnis des Landratsamtes habe im Kreis bislang keine Gemeinde vollständige Starkregen-Risikokarten, so Moll.

Lediglich für Tauberbischofsheim seien im Zuge der Hochwasserschutz-Planung solche Karten für die vom Hochwasserschutz betroffenen Einzugsgebiete bereits erarbeitet worden. Darüber hinaus werde das Thema in einzelnen Städten und Gemeinden aufgegriffen, weiß Moll, „und jetzt auch konkret angegangen“.

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Für Hochwasser gerüstet

Auch Jan Egenberger, Sprecher des Landratsamtes im Neckar-Odenwald-Kreis, kann bestätigen, dass man in Sachen Hochwasserschutz mittels Gefahrenkarten kreisweit ausgestattet ist. Geht es allerdings um die „Gefahren durch Überflutungen infolge starker Abflussbildung auf der Geländeoberfläche nach Starkregen“ sieht es schon anders aus.

Digitales Geländemodell

Egenberger weiß, dass „erste kleinräumige Starkregenuntersuchungen nach dem damaligen Standard durch die beim Starkregenereignis 2016 betroffenen Gemeinden Aglasterhausen, Waldbrunn, Neckargerach, Billigheim und Schefflenz durchgeführt wurden“. Aktuell wollten nun weitere Städte im Landkreis zeitnah Fachbüros mit Risikomanagement-Untersuchungen beauftragen, so Egenberger. Eine wichtige Datengrundlage sei das neue digitale Geländemodell, das aber noch nicht für den gesamten Landkreis zur Verfügung stehe.

Das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart empfiehlt allen Kommunen Förderanträge für Starkregen-Risikoanalysen zu stellen. Da die Erstellung von Konzepten im Einzelfall „bis zu zwei Jahren“ dauere, rät die Behörde aber auch, nicht allein auf die Ergebnisse zu warten, sondern vorher schon tätig zu werden.

„Grundlegende Informationen der Bevölkerung über die von oberflächig abfließenden Starkniederschlägen ausgehenden Gefahren sind nicht erst nach der Erstellung eines Gesamtkonzepts möglich. Ebenso kann die Gefährdung kritischer Objekte und Infrastrukturen auch ohne Oberflächenwasser-Gefahrenkarten durch erfahrene Praktiker verlässlich beurteilt werden“, so Lisa Schlager von der RP-Pressestelle.

Von einer 70-prozentigen Förderung für das „Kommunale Starkregenrisikomanagement“ spricht Clara Reuß vom RP Karlsruhe und sagt weiter: „Grundsätzlich ist jeder Kommune zu empfehlen, sich mit dem Thema zu befassen, denn dies kann jeden treffen.“

Giorgio Ebert, der stellvertretende Pressesprecher der Stadt Bad Mergentheim, erklärt auf Anfrage, dass die Große Kreisstadt über Einsatzpläne für Hochwasserereignisse verfügt, „die auch bei einem Starkregenereignis in Kraft treten können“. Einen separaten Vorsorgeplan gebe es nicht. Allein für den Stadtteil Rengershausen sei eine Starkregen-Ereigniskarte derzeit in Arbeit und stehe kurz vor dem Abschluss, meint Ebert. Hier war der Auftrag nach einem Unwetter mit stärkeren Überschwemmungen erteilt worden.

Jetzt wolle die Kurstadt aber weitergehen und befinde sich „bereits in der Abstimmung mit dem Landkreis und dem Regierungspräsidium über die Angebotseinholung für die Erarbeitung weiterer Gefahrenkarten“ unter Berücksichtigung von Fördergeldern. Bilder einer Befliegung des Stadtgebiets sollen dann mit verwendet werden.

Auch Wertheim verfügt bislang nicht über eine umfassende Starkregen-Gefahrenkarte – eine Erstellung ist aber geplant. „Der Auftrag wird vergeben, sobald die Förderzusage vorliegt“, so Luisa Macharowsky von der Stadtverwaltung Wertheim. In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause beschloss der Gemeinderat, den Auftrag zur Ausarbeitung eines Starkregen-Risikomanagements zu vergeben. Schwachpunkte auf der Wertheimer Gemarkung sollen so identifiziert werden.

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Kritische Punkte

„Im Zuge der laufenden Hochwasserschutz-Planungen wurden auch Untersuchungen zu Starkregen im Einzugsbereich der Tauber vergeben“, weiß Brigitte Hörner von der Stadt Tauberbischofsheim. Kritische Punkte im Stadtgebiet seien bekannt, Verbesserungen würden nach Möglichkeit umgesetzt.

Die Ereignisse von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hätten, so Hörner, allen vor Augen geführt, „dass es jederzeit, jeden treffen kann und das ein erhöhtes Augenmerk in der Vorsorge nötig ist – Thema Flächenversiegelungen, Thema Holz-/Ablagerungen in Gewässerrandstreifen, Thema Monokulturen, Thema Entwässerungsgräben, Thema Grünstreifen und Versickerungsflächen“.

Von einer internen Grundlagenermittlung der Gefährdungspotenziale im Stadtgebiet von Lauda-Königshofen berichtet Christoph Kraus, der Sachgebietsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Rathaus.

Speziell für Hochwasser gebe es explizite Handlungsanweisungen. Als weitere präventive Maßnahme plane die Stadt den Katastrophenschutz im Feuerwehrbedarfsplan zu berücksichtigen.

Eine Starkregen-Gefahrenkarte bei einem Fachbüro in Auftrag gegeben hat die Stadt Buchen. Sprecherin Simone Schölch teilt mit: „Wir haben die Hochwasserproblematik in den vergangenen Jahren sehr intensiv bearbeitet und Hochwasserschutzmaßnahmen in der Innenstadt auch baulich umgesetzt. Die Extremniederschläge allerdings erfordern vertiefende Untersuchungen und aufwändigere Überrechnungen.“

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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