50 Jahre Gemeindereform (Teil 9)

„Mit Verwaltung von gestern kann Welt von morgen nicht gemeistert werden“

Der Eingemeindungsprozess in Löffelstelzen ging „ohne Unruhen“ über die Bühne. Bei der Abstimmung im Rat gab es nur eine Gegenstimme

Von 
Joachim W. Ilg
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Aus der Sicht von Ortsvorsteher Michael Müller wäre Löffelstelzen ohne die Eingemeindung und ohne Gewerbeeinnahmen nicht überlebensfähig. Die Zukunft des Dorfes wäre nicht gesichert.

Löffelstelzen. Seit dem 1. Januar 1972 ist Löffelstelzen ein Stadtteil Bad Mergentheims, nachdem der örtliche Gemeinderat am 2. Dezember 1971 bei nur einer Gegenstimme sich für eine Eingemeindung ausgesprochen hatte. Auch die Bürger hatten trotz etlicher Bedenken mit großer Mehrheit für die Aufgabe der Selbstständigkeit des Dorfes und die Eingliederung in den Verbund mit Bad Mergentheim gestimmt.

1985, also 13 Jahre nach der Eingemeindung, bezeichnete der damalige Ortsvorsteher Hans Blank die Eingliederung als gelungen und betonte, dass sich der Ort „in den letzten Jahren gut weiterentwickelt“ und für die Zukunft „gute Aussichten und Chancen“ habe.

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Und wie sieht die Bilanz aus der Sicht des heutigen Ortsvorstehers aus? „Sehr positiv“, sagt Michael Müller und lässt keinen Zweifel daran, dass Löffelstelzen in der Großen Kreisstadt gut aufgehoben sei. Dazu beigetragen habe „auch der damalige Bürgermeister Wolfgang Korb, der mit einem offenen Brief an alle Dorfbewohner die Vorteile der Eingemeindung geschildert und die Gemeinde sensibel vorbereitet hat. Somit gab es keine Unruhen und bei der Abstimmung zur Eingemeindung eine große Mehrheit“, stellt Müller rückblickend fest.

In dem Brief, den Korb am 9. November 1971 an alle Haushalte verschickt hat, heißt es unter anderem: „Es werden von den Bürgern immer mehr öffentliche Einrichtungen gefordert, zum Beispiel Sportanlagen, Schulen, Kindergärten, Altersheime und Einrichtungen für die Jugend. Wer diesen Aufgabenkatalog sieht, weiß, dass mit der Verwaltung von gestern die Welt von morgen einfach nicht mehr gemeistert werden kann.“

Zu den Vorteilen der Eingemeindung zählt Ortsvorsteher Müller „die Nähe zur Stadt, zum Kurpark und die gute stündliche Stadtbusanbindung“. Zudem profitiere der Ort von der Infrastruktur wie Räum- und Streudienste, Verwaltungsapparat und Versorgung durch den örtlichen Bauhof.

Positiv sei auch die gemeinsame Haushaltsplanung, denn größere Anschaffungen oder Projekte wären in Eigenständigkeit nicht möglich, zum Beispiel die Erschließung von Baugebieten, Straßensanierungen und die Erweiterung des Kindergartens. Zu den Nachteilen rechnet er den großen Verwaltungsapparat und die Bürokratie, denn dadurch würden Entscheidungen länger dauern und zum Beispiel Baumaßnahmen verzögert.

Gibt es Änderungswünsche aus der Sicht von Löffelstelzen? „Durch die Höhe sowie die gefährlichen und engen Straßenführungen wie bei der Bismarckstraße, der Löffelstelzer Straße, der Steige nach Edelfingen wäre es dringend notwendig, Löffelstelzen mit einem Fahrradweg an Bad Mergentheim anzubinden“, schlägt der Ortsvorsteher vor und antwortet auf die Frage: Sind die Stadtteile und die Kernstadt zusammengewachsen? „Ja, man sieht es auch an den Einwohnerzahlen, die sich seit der Eingemeindung verdoppelt haben. Stand heute: 1120. Auch durch das große Angebot an Freizeit- und Kulturmöglichkeiten“.

Ebenso sei das Vereinsleben (zum Beispiel Sportverein, Freiwillige Feuerwehr und Musikverein mit der Jugendmusikschul-Kooperation) zusammengewachsen.

Gefragt, ob es anlässlich des Eingemeindungs-Jubiläums einen Grund zum Feiern gibt, schlägt Müller vor: 2025 sollte ein großes Fest mit allen Stadtteilen gefeiert werden, denn 1975 war der jahrelange Eingemeindungsmarathon zu Ende (zwischen 1972 und 1975 wurden 13 selbstständige Gemeinden nach Bad Mergentheim eingemeindet).

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