Bad Mergentheim/Heilbronn. „An Hitzetagen sollten Menschen mit Vorerkrankungen, aber auch Gesunde, schwere körperliche Anstrengungen grundsätzlich eher meiden“, das raten Experten mit denen die FN sprachen. Sie geben weitere nützliche Tipps und Ratschläge.
Extreme Hitze meiden. Genügend trinken. Anstrengende Tätigkeiten, auch den Sport, nach drinnen verlegen beziehungsweise auf die Abend- oder Morgen-Stunden. Die Wohnung möglichst kühl halten: abends lüften, tagsüber Fenster geschlossen halten und gegebenenfalls verdunkeln. Und: Vorerkrankungen nicht auf die leichte Schulter nehmen. All das empfehlen die Fachleute, wenn es um den Hochsommer und die hohen Temperaturen geht.
Die Fränkischen Nachrichten sprachen mit Dr. Carsten Köber, dem Vertreter der Allgemeinärzte Bad Mergentheim/Igersheim in der Kreisärzteschaft Bad Mergentheim, und Privatdozentin Dr. Sabine Hawighorst-Knapstein. Sie arbeitet im Geschäftsbereich Medizin der AOK Baden-Württemberg und ist Fachärztin sowie Psychotherapeutin mit Zusatz-Weiterbildungen in Qualitätsmanagement, Ernährungs- und Sportmedizin.
Was raten Sie Menschen für heiße Tage? Und was, wenn sie körperliche Anstrengungen planen? Was gilt besonders bei Menschen mit Vorerkrankungen?
Carsten Köber: Vorneweg sollten sich alle Menschen eine individuelle Mindesttrinkmenge für den Tage bereitstellen – und zum Beispiel mit Uhrzeiten kennzeichnen, wann die Flasche leer sein soll. Diese Menge ist aber gerade bei Herz-Kreislauf- oder Nierenkranken immer in Absprache mit dem Hausarzt zu klären, schließlich dürfen Menschen mit bestimmten Erkrankungen nicht unbegrenzt Flüssigkeit zuführen!
Der Hausarzt kann auch Medikamentenpläne mit seinen Patienten durchgehen und auf kritische Medikamente bei Hitze hinweisen. So kann beispielsweise eine wasserausschwemmende Medikation in Hitzephasen die Situation noch verschärfen. Insuline können bei Hitze eher zu Unterzuckerungen führen oder gerade Psychopharmaka können die Anpassungsfähigkeit an Hitze durch verminderte Schweißneigung reduzieren.
An Hitzetagen sollten auch Gesunde schwere körperliche Anstrengungen grundsätzlich eher meiden und den Aufenthalt im Freien so kurz als möglich gestalten.
Stellen Sie Veränderungen beim Hitze-Verhalten Ihrer Patienten im Vergleich zu früher fest?
Köber: Hinsichtlich der heißen Sommer der vergangenen Jahre gewinnt man zumindest den Eindruck, dass sich das Verhalten etwas geändert haben könnte: Ältere bleiben durchaus an sehr heißen Tagen mal zu Hause und vermeiden den Aufenthalt im Freien in der prallen Sonne.
Kämpfen eher Frauen oder Männer mit der Hitze, mehr Jüngere oder ältere Menschen?
Köber: Ältere sind signifikant häufiger von Hitzekomplikationen betroffen: So ist die Anpassungsfähigkeit gegenüber hohen Temperaturen bei höherem Lebensalter herabgesetzt, da die Hautdurchblutung sich verschlechtert und damit auch weniger Wärme darüber an die Umgebung abgegeben werden kann. Zudem ist die Schweißproduktion hier oft reduziert und verstärkt diesen Effekt – und das bei eher geringerer Flüssigkeitsaufnahme bei Älteren! Komplizierend kommen dann noch negative Einflüsse auf Thermoregulation und Flüssigkeitshaushalt durch die oft multiplen Medikamente dieser Klientel hinzu.
Wie groß ist bei Ihnen der Patienten-Anteil mit Vorerkrankungen?
Köber: Der Anteil unserer Patienten, die mehrere chronische Erkrankungen haben, dominiert unseren Alltag. Alleine die Erkrankungen Bluthochdruck und Diabetes Mellitus („Zucker“) machen zusammen einen Löwenanteil der Erkrankungen bei unseren Patienten aus.
Was rät die AOK Menschen mit Vorerkrankungen im Sommer?
Sabine Hawighorst-Knapstein: Bei Personen mit Herzerkrankungen funktioniert zum Beispiel oft das körpereigene Kühlsystem nur eingeschränkt. Grundsätzlich sollten Personen mit entsprechenden Vorerkrankungen unbedingt mit ihren Ärzten Vorsichtsmaßnahmen besprechen, die sie bei Hitze beachten.
Was kann man tun, um Probleme mit der Hitze zu vermeiden?
Hawighorst-Knapstein: An heißen Tagen hilft es, viel zu trinken und besonders wasserhaltige Nahrung zu sich zu nehmen. Dafür eignen sich besonders gut wasserhaltige Obst- und Gemüsesorten wie beispielsweise Wassermelone, Gurke und Tomate. Grundsätzlich enthält Rohkost auch mehr Flüssigkeit als gekochtes Gemüse.
Wie es in den Mittelmeerländern vorgelebt wird, sind kalte Suppen, Salate und fettarme Gerichte mit viel Gemüse eine gute Wahl, zumal sie auch antioxidativ wirken. Eier, Erdnüsse, Mandeln, Geflügel, Käse, Milch, Meeresfrüchte und Kochsalz enthalten ebenfalls wichtige Elektrolyte. Als Getränke an heißen Tagen sind insbesondere Wasser sowie ungesüßte Kräuter- und Früchtetees empfehlenswert. Auch Saftschorlen (ca. ein Drittel Saft, zwei Drittel Wasser) eignen sich gut.
Bei bestimmten Erkrankungen wie beispielsweise einer Herzschwäche oder auch bestimmten Nierenleiden sollten die Betroffenen unbedingt mit ihrem Arzt klären, ob sie die Trinkmenge im Sommer steigern sollten und welche zusätzliche Menge für sie verträglich ist.
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