Südlicher Main-Tauber-Kreis. „Wir wollen die sogenannten Elterntaxis deutlich reduzieren“, gibt Winfried Hermann die Richtung vor. Der grüne Verkehrsminister in Baden-Württemberg hat dazu Kommunen nun Mittel an die Hand gegeben, mit denen sie die Elterntaxis zumindest im Nahbereich der Schule unterbinden können. Schulstraßen und Schulzonen sollen mit zeitweisen oder vollständigen Sperrungen die Sicherheit für die Schulkinder erhöhen.
Knapp 400 verunglückte Kinder und Jugendliche gab es im vergangenen Jahr. Der Anteil an Unfällen durch oder mit Elterntaxis ist zwar unklar, seitens der Politik will man das Phänomen trotzdem bekämpfen.
Doch wie sehen es die Kommunen vor Ort, die solche Maßnahmen am Ende umsetzen müssten? Sind Elterntaxis überhaupt ein Problem? Die FN haben sich in Bad Mergentheim, Igersheim, Weikersheim, Niederstetten und Creglingen umgehört. Dass Elterntaxis zunehmend ein Thema sind, ist aus allen Rathäusern zu hören. „Das Thema der sogenannten Elterntaxis beschäftigt auch uns in Weikersheim“, erklärt beispielsweise Bürgermeister Nick Schuppert. Grundsätzlich sehe die Verwaltung hierin ein Problem, „insbesondere im Bereich des Gymnasiums sowie der Grund- und Gemeinschaftsschule“ in Weikersheim.
Geteiltes Bild bei konkreten Einschränkungen
Ein ähnliches Bild in Igersheim: Die Thematik sei „natürlich“ vorhanden. „Es ist beispielsweise notwendig, jedes Jahr zu Beginn des Schuljahres beim Elternabend darauf hinzuweisen, dass die nahe gelegene Bushaltestelle kein Haltepunkt für Elterntaxis ist“, so eine Sprecherin mit Blick auf die Johann-Adam-Möhler-Schule. In Niederstetten seien Elterntaxis insofern problematisch, als dass sie in der Einfahrt zum Schulhof des Bildungszentrums Niederstetten (BZN) stehen. Da dieser Bereich eine Feuerwehranfahrtszone ist, sei das unzulässig, so Bürgermeisterin Heike Naber.
Bezüglich konkreter Verkehrsmaßnahmen ist das Bild in den Kommunen jedoch geteilt. „Das Einrichten von Verkehrssperrungen hielten wir aus Verwaltungssicht für den falschen Weg. Damit würde man pauschal handeln und auch die Eltern treffen, die einen gut nachvollziehbaren Einzelfall darstellen. Der kann in der besonderen Lage des Wohnorts, einer körperlichen Einschränkung oder anderen persönlichen Faktoren liegen“, begründet etwa Carsten Müller die Skepsis im Bad Mergentheimer Rathaus.
Grundsätzlich gelte, dass die Verwaltung für einen Schulweg mit dem Rad oder zu Fuß werbe. „Ein weiterer Aspekt, den wir als Stadt Bad Mergentheim für erfolgversprechender halten als Sperrungen, ist die städtebauliche Attraktivierung der Schulwege. Deshalb haben wir beim Fußverkehrscheck 2022 auch eine Grundschul-Klasse einbezogen. Alle Stadtentwicklungsprojekte – vom fertigen Gänsmarkt oder der Nonnengasse bis hin zu den noch in der Planung befindlichen Vorhaben – zielen auf weniger Barrieren, mehr Komfort, Raum und Sicherheit für den Fußverkehr“, so der Pressesprecher weiter.
Spielerisch den aktiven Schulweg näherbringen
In Igersheim will man Schüler und Eltern für die Thematik sensibilisieren. „Vor den Sommerferien wurde im Rahmen einer Projektwoche rund um Umwelt und Nachhaltigkeit von einer Gruppe Schüler der ökologische Fußabdruck genauer unter die Lupe genommen. Hierbei erkannten die Schüler selbst, dass sie durch ein ‚Nein zu Elterntaxis‘ ihren eigenen Abdruck entsprechend positiv beeinflussen können“, beschreibt die Sprecherin. Mit einer Teilnahme am Programm „Movers – aktiv zur Schule“, einer Initiative des Landes Baden-Württemberg, wolle man Kinder spielerisch „den Spaß und die Vorteile eines aktiven Schulwegs - zu Fuß, mit dem Roller oder Rad“ näherbringen. Eine Sperrung sei nicht geplant.
In Niederstetten will man laut Heike Naber zwar keine der neu ermöglichten Sperrungen am BZN einrichten, in Rücksprache mit der Schulleitung dort jedoch den verkehrsberuhigten Bereich aus der Innenstadt bis zur Kreuzung nach der Schule erweitern. Hier findet also nun tatsächlich eine verkehrsplanerische Maßnahme als Reaktion auf das Phänomen der Elterntaxis statt, wenngleich es sich um ein konventionelles Instrument handelt.
In Weikersheim hält man „eine generelle Sperrung für den Elternverkehr“ zwar für nicht zielführend, jedoch wurde in den Sommerferien seitens der Verwaltung gehandelt. Mit einer neu eingerichteten Hol- und Bringzone „wollen wir einerseits die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler verbessern und andererseits den Verkehrsfluss im direkten Schulumfeld entlasten“, erklärt Bürgermeister Schuppert die Maßnahme. Die Zone befindet sich für beide Schulen im Bereich vor der Alten Turnhalle an der Laudenbacher Straße.
Die Verwaltung in Creglingen ließ eine aktuelle Anfrage zum Thema zwar unbeantwortet, doch in der Vergangenheit waren Elterntaxis bereits immer wieder ein Thema. Insbesondere im Bereich der Grundschule kam es durch stärkeren Hol- und Bringverkehr immer wieder zu Stau. Da eine geschlossene Schranke die Durchfahrt in der Schulstraße zu den klassischen Schulzeiten sperrte, führten rückwärts wieder ausfahrende Autos zu gefährlichen Situationen. Nach einer versuchsweisen Öffnung im Vorjahr ist die Schranke mittlerweile dauerhaft geöffnet.
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