Markelsheim. Dem aufmerksamen Beobachter ist nicht entgangen, dass sich am Tauberberg in Richtung Igersheim etwas tut. Schon vor einigen Monaten sah man dort einen Bagger, der in der Steillage mit fast artistisch anmutenden Aktionen die für das Anlegen notwendigen Erdbewegungen vornahm. Der Sinn des Ganzen war das Anlegen eines neuen Weinberges für den neuen Besitzer, den Igersheimer Fliesenlegermeister Peter Kohlschreiber. Denn dieser hat sich entgegen dem Trend dazu entschlossen, in die andere Richtung zu gehen – nämlich neu zu beginnen.
Vor einigen Wochen wurden mit modernster Technik die Rebstöcke gepflanzt, die bereits angewachsen sind und zu sprießen beginnen. Nun geht es daran die weinbergtechnische Infrastruktur komplett aufzubauen, wie das Einschlagen der Pflanzpfähle, der Stickel und das Spannen der Drähte, an denen sich später die Triebe der Reben ranken, sowie das Anbringen des Bewässerungssystems. Die Liebe zum Weinanbau wurde dem selbständigen Fliesenlegermeister eigentlich schon in die Wiege gelegt, denn auch sein Vater befasste sich mit dem Weinanbau in Markelsheim.
75 Rebstöcke der Sorte Schwarzriesling
Kurz nach dem Beginn der Selbständigkeit vor über 35 Jahren erfolgte auch der Umzug in die neuen Firmenräume mit Wohnung und einem großen Garten im Gewerbegebiet Ost in Igersheim. Der war groß genug und ideal für etwa 75 Rebstöcke der Sorte Schwarzriesling, denn das mit dem eigenen Wein schwebte Peter Kohlschreiber schon immer vor. Schwarzriesling deshalb, weil man hier unterschiedliche Ausbautechniken anwenden kann. Man kann ihn zum Beispiel als Rotwein, Weißherbst oder weiß gekeltert als Blanc de Noir ausbauen.
Nach einem harten Arbeitstag abends im Garten den selbstproduzierten Wein zu genießen, das war für ihn schöner als Urlaub. Natürlich wurde der Wein selbst gekeltert, ausgebaut, in den eigenen Fässern gelagert und in Flaschen abgefüllt. In den zurückliegenden Jahren verfestigte sich der Gedanke nach einem eigenen Weinberg immer mehr. Und als sich vor einiger Zeit die Gelegenheit ergab, machte er Nägel mit Köpfen und sich zum Wengerter. Wohlwissend, dass das große Stück natürlich andere Anforderungen in punkto Arbeitsaufwand stellt, ganz abgesehen der Neuanlagekosten von etwa 50 000 Euro pro Hektar.
Gefahr für die Ernte: Nachtfröste, Pilzbefall und Trockenheit
Von nun an wird es nicht um 75 Rebstöcke gehen und 150 Flaschen (0,75 Liter), sondern um 680 Rebstöcke, die etwa 1000 Liter Wein auf einer Fläche von etwas über 18 Ar bringen. Peter Kohlscheiber weiß natürlich auch, dass dies alles von verschiedenen Faktoren wie den Launen der Natur abhängt – Nachtfröste, Trockenheit und Pilzbefall.
Ehemals wurde auf der von ihm erworbenen Fläche die Sorte Riesling angebaut, eine konventionelle Sorte, die oftmals gegen den echten und falschen Mehltau gespritzt werden musste, was mit einem enormen Kosten- und Arbeitsaufwand verbunden war. Im Frühjahr dieses Jahres wurden die alten Rebstöcke entfernt, das Areal mit guter Erde aufgefüllt und die neuen Rebstöcke gepflanzt. Dabei handelt es sich um die Pilzwiderstandsfähige Sorte Souvignier Gris, einer Kreuzung aus Cabernet Sauvignon und Bronner, der durch seinen Duft (Honigmelone und Quitte), durch die fruchtige Säure und einen nachhaltigen Abgang überzeugt. Nicht von ungefähr ist die Nachfrage genau für diese Sorte groß, so dass die Pflanzbestellungen sehr frühzeitig zu erfolgen sind.
Erste Versucherle
Nachdem die Arbeiten voranschreiten, geht es weiter mit den Zeilen zwischen den Rebstöcken, die teils begrünt (jede zweite Zeile) dann gemulcht beziehungsweise gefräst werden. Und wenn alles gut und nach Plan verläuft, so der Neu-Wengerter, wird es im nächsten Jahr die ersten zarten Versucherle der neuen Trauben geben. Sollten die äußeren Umstände alles in allem mitspielen, werde er dann in zwei Jahren die erste kleine Ernte einfahren können.
Die zukünftigen Ernten will Peter Kohlschreiber weiterhin als Genossenschaftsmitglied an die WG abgeben, jedoch mit einem Teil selbst in die Vermarktung gehen. Er habe, so der Neu-Wengerter, den Vorteil, dass für ihn – er sehe die Bewirtschaftung des Weinberges als sein Hobby an – die Wirtschaftlichkeit nicht unbedingt an erster Stelle stehen muss.
Der Grund, warum er sich für die Piwi-Sorte Souvignier Gris entschieden habe, sei eigentlich sehr einfach zu beantworten. Sie zeichne sich durch eine bessere Nachhaltigkeit gegenüber herkömmlichen Sorten aus. Bedingt durch weniger Spritzmitteleinsatz und dadurch geringerer Kraftstoffverbrauch der dazu notwendigen Fahrzeuge sei das eine wesentliche Einsparung der Ressourcen und trage dadurch auch zum Schutz der Umwelt bei.
Jetzt gelte seine ganze Konzentration den letzten abschließenden Arbeiten am Weinberg, um dann zu sehen, wie sich die Reben entwickeln werden. Auch wenn es für ihn jetzt nicht unbedingt etwas ganz Neues ist, sehe er gespannt und mit einer gewissen Vorfreude dem Herbst entgegen.
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