Probleme in Neunkirchen - Kritik an der Situation im Evangelischen Kindergarten / Viel Verständnis von Leitung, Träger und Stadt / Große Personalsorgen bleiben

Berufstätigen Eltern in Bad Mergentheim fehlt die nötige Kinderbetreuung

Nicht jeder hat Oma oder Opa in Reichweite und so sind einige berufstätige Eltern auf eine verlässliche Ganztagesbetreuung ihrer Kinder angewiesen. Wenn diese dann nicht funktioniert, sind die Probleme schnell groß – so auch in Neunkirchen.

Von 
Sascha Bickel
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Sie fordern die verlässliche Ganztagesbetreuung in Neunkirchen ein: Robert Hein sowie Corina Fertig (links) und Anna Leuser-Valls. © Roland Mehlmann

Bad Mergentheim/Neunkirchen. „Die berufstätigen Eltern buchen ein Angebot und verlassen sich dann darauf. Wenn es abgesagt wird, haben sie ein großes Problem bei der Betreuung ihrer Kinder“, bringt Robert Hein, der Elternbeiratsvorsitzende des evangelischen Kindergartens Neunkirchen, die Sorgen und Nöte der betroffenen Familien auf den Punkt. Zusammen mit ihnen fordert er Lösungen vom Träger und von der Stadt, aber er lobt auch gleichzeitig den Einsatz des Erzieher-Teams samt Leitung für deren kraftraubenden Einsatz.

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Extrem unzufrieden

Das neue Kindergartenjahr ist im September in Neunkirchen nicht so gestartet wie eigentlich geplant. Grund: Personalmangel. Und in der Folge: Einschränkung der Betreuungszeiten im Ganztagesbereich.

Extrem unzufrieden darüber ist auch Kindergartenleiterin Julia Albers: „Es fehlt uns schlicht das Personal.“ Krankheitsfälle, dazu eine Kraft, die ihre Stelle wieder aufgegeben hat, und noch eine Schwangerschaft im Team haben große Lücken gerissen. Hinzu kommen neue Mitarbeiterinnen, die erst eingewöhnt werden müssen.

Albers berichtet, dass die größten Probleme im Bereich der Ganztagesbetreuung bis 17 Uhr entstanden und deshalb habe man sich hier auch für Kürzungen des Angebots entschieden. Man kappte schweren Herzens, so Albers, die Betreuungszeit von 17 auf 15 Uhr täglich, zum Nachteil der berufstätigen Eltern. Alle anderen Lücken versucht man mit Überstunden und internen Lösungen zu schließen, doch dies gehe auf die Knochen der verbliebenen Mannschaft. Eine Dauerlösung sei dies nicht.

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Den Personalmangel insgesamt und vor allem fehlende Vertretungskapazitäten beklagt Robert Hein als Elternbeiratsvorsitzender. Allein mit Überstunden des übrigen Personals sei es nicht getan, betont er und weist darauf hin, dass die Probleme schon länger da seien und spätestens mit Beginn der Corona-Pandemie immer drängender wurden. Leistungskürzungen zu Lasten der Eltern, die sich auf die gemachten Angebote der Einrichtungen verlassen und damit ihren (Berufs-)Alltag planen würden, seien ebenfalls nicht der richtige Weg. „Wir haben alles angesprochen, bei einem Elternabend, im Ortschaftsrat, gegenüber dem Träger sowie auch in der Bürgerversammlung der Stadt – und wir erwarten jetzt Lösungen“, fasst Hein die Stimmung zusammen.

Verlässlichkeit sehr wichtig

„Es geht um eine Planbarkeit und Verlässlichkeit für alle Eltern“, ergänzen Corina Fertig und Anna Leuser-Valls im Gespräch mit der Redaktion ihre Ansichten. Die beiden Mütter schaffen es durch ihre Arbeitszeiten nur schwer bis gar nicht, um 15 Uhr den eigenen Nachwuchs am Kindergarten abzuholen und sie bauten eigentlich fest auf die Betreuung bis 17 Uhr, so wie andere auch.

Corina Fertig bedauert auch, dass Angebote für die Kinder im Bereich Singen, Bewegen und Sprechen gekürzt würden, weil das Personal an allen Ecken und Enden aktuell fehle. „Es leiden inzwischen die Bildung, Erziehung und Förderung der Kinder“, schiebt Anna Leuser-Valls nach und sieht die Verantwortung dafür beim Träger und bei der Stadt. Das verbliebene Personal im Kindergarten tue was es könne. Aber es müsse endlich allen klar werden, dass Kindergärten und Krippen mehr seien als „Aufenthaltsräume“.

Leuser-Valls verlangt von der Stadt ein vorausschauenderes Planen beim Personal „und zwar für die nächsten Jahre“.

Julia Albers, die Kindergartenleiterin, blickt unterdessen auf die nächsten Monate und kündigt an, dass es den Plan in Neunkirchen gebe, ab Dezember wieder bis 16 Uhr das Betreuungsangebot zu schaffen – dies aber nur wenn es verlässlich stattfinden könne. „Ab Januar kommen zwei neue Kräfte in den Kindergarten“, meint Albers weiter, dann wolle man endgültig wieder auf die 17-Uhr-Abholzeit in der Ganztagesbetreuung hochfahren.

Die Kindergartenleiterin betont, dass man sich eine dauerhafte Vertretungskraft (Springerin) mindestens mit einer 50-Prozent-Stelle wünsche, um die angehäuften Überstunden irgendwann wieder abbauen zu können.

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Unmut verständlich

Den derzeitigen Unmut der Eltern kann auch Pfarrer Bernd Rampmeier verstehen. Er vertritt die Evangelische Kirchengemeinde, die Träger der Einrichtung in Neunkirchen ist. „Im Moment ist es keine befriedigende Situation, für keine Seite. Ich selbst bin ein großer Verfechter der Verlässlichkeit. Leider muss unser Personal aktuell unglaublich viel stemmen, aufgrund mehrerer Personalausfälle in den vergangenen Monaten“, so Rampmeier. Zusätzliche Fachkräfte seien nur schwer zu finden, da der gesamte Markt abgegrast sei. Auch er hofft auf eine Entspannung der Lage spätestens ab Januar, wenn zwei neue Kräfte in Neunkirchen anfangen. Er bittet die Eltern noch ein bisschen durchzuhalten.

Seit Jahren sei man an einer dauerhaften Vertretungskraft, einer Springerin für Althausen und Neunkirchen, interessiert, doch die Bewilligung der Stelle durch die Stadt erfolgte bislang nicht, erzählt der Pfarrer und unterstreicht, wie wichtig diese wäre für Krankheitsfälle, Fortbildungen, Urlaub, Überstunden etc.

„Kein böser Wille“

„Die Stadt Bad Mergentheim sieht die schwierige Situation im Kindergarten Neunkirchen und ist hier schon seit Monaten im engen Kontakt mit der Kirchengemeinde als Trägerin der Einrichtung. Wir bedauern die vorübergehende Einschränkung der Betreuungszeiten und wissen, dass dies für einige Familien eine große Herausforderung darstellt. Auf verschiedenen Wegen bemühen wir uns um eine baldige Verbesserung der Situation“, teilt Pressesprecher Carsten Müller auf Anfrage mit. Er sagt weiter: „Dabei ist zunächst festzuhalten, dass hinter dem akuten Personalmangel kein böser Wille der Stadt steht, sondern wir gerade in diesem Berufsfeld mit einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung konfrontiert sind, die nicht nur Bad Mergentheim betrifft.“

Vorschläge für neuen Haushalt

Der für die Bildungs- und Betreuungsfragen verantwortliche Fachbereichsleiter Jürgen Friedrich werde laut Müller in die laufenden Haushaltsberatungen Vorschläge einbringen, wie der Personalstand mit festen Vertretungskapazitäten aufgestockt werden könnte, um solche Situationen – wie in Neunkirchen – künftig zu vermeiden. Aber auch diese Erzieherinnen und Erzieher müssten für die entsprechenden Stellen erst gewonnen werden.

„So lange sich die Situation insgesamt nicht entspannt, kann es in Einzelfällen zur Reduzierung von Öffnungszeiten oder auch der vorübergehenden Schließung einzelner Gruppen kommen“, so Müller.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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