Handwerk

Bäcker stecken mitten in der Energiekrise

Von der Energiekrise ist besonders das Bäckerhandwerk betroffen. Die Branche kämpft mit enormen Preissteigerungen für die benötigten Rohstoffe und mit den scheinbar außer Kontrolle geratenen Energiekosten.

Von 
Bernd Hellstern
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Bäckermeister Christian Bamberger bringt Nachschub hinter die Ladentheke. © Hellstern

Markelsheim/Igersheim/Röttingen.  Jeden Tag gibt es im Land neue Hiobsbotschaften, auch davon, dass viele Bäckereien dem Kostendruck nicht mehr standhalten und deshalb aufgeben. Der Spruch „das Handwerk hat goldenen Boden“ scheint gerade hier nicht mehr zu gelten, deshalb hat sich unser Reporter umgehört – in Markelsheim, Igersheim und Röttingen.

Die Bäcker kämpfen derzeit an mehreren Fronten ums Überleben. Da ist neben den gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten die damit verbundene unumgängliche Steigerung der Verkaufspreise zu nennen. Dies könnte wiederum dazu führen, dass viele Kunden in die Discounter und zur Fertigbackware abwandern. Dazu kommt noch das personelle Problem, obwohl laut Insidern auch im Bäckerhandwerk gut verdient werden kann.

Nur ein trauriges Beispiel von vielen ist aktuell die Schließung der im Tübinger Stadtteil Hagelloch ansässigen Traditionsbäckerei Schneck, deren Chef nach 100 Jahren nun das Handtuch wirft. Geradezu konträr dazu die Aussage von Heiner Beck, dem Chef einer Familienbäckerei in Römerstein im Kreis Reutlingen gegenüber dem SWR, der trotz aller Probleme optimistisch bleibt und nicht aufgeben will. Er geht in seiner Argumentation sogar soweit, dass er sagt: „Mich stört das allgemeine Gejammere der Branche. Jetzt ist Unternehmergeist gefordert.“

Heimische Betriebe unterstützen

In diesem Zusammenhang ist noch eine SWR-Umfrage in Pfullingen interessant, die ergeben hat, dass die Stammkundschaft ihrem jeweiligen Bäcker treu bleiben möchte, weil man damit nicht nur das heimische Handwerk unterstützt, sondern auch die regionale Qualität sehr schätzt. Die Fränkischen Nachrichten fragten nun bei einigen Bäckereien in der Region mit unterschiedlichen betrieblichen Voraussetzungen nach, wie sie ihre eigene Situation sehen.

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Elisabeth Lang ist die Inhaberin der Bäckerei Lang in Röttingen – und diese ist zweimal in der Woche auf dem Wochenmarkt in Bad Mergentheim präsent. Sie übernahm zu Beginn 2018 in fünfter Generation die Bäckerei von ihren Eltern und hat eine zehnköpfige Belegschaft. In Röttingen steht das Hauptgeschäft, aber auch in Bieberehren werden die Einwohner zweimal pro Woche mit frischem Brot versorgt.

Lang beklagt die übermäßig steigenden Energiekosten und dass man beim Mehl und beim Zucker derzeit schon beim doppelten Preis angekommen ist, mit steigender Tendenz. Alles was man aus der Region beziehen kann, das Obst für die Kuchen oder das Holz für den Ofen des Original Röttinger Holzofenbrotes, kommt auch von hier, betont sie. Das helfe aber im Großen und Ganzen nur bedingt.

Eigentlich wollte man die dringend erforderliche Erweiterung der Backstube in Angriff nehmen, doch bürokratische Hindernisse stoppen derzeit auch dieses Projekt.

Bäckermeister Christian Bamberger erzählt, dass in seinen Igersheimer Betrieb (mit Filialen in Markelsheim und Bad Mergentheim) mit insgesamt 25 Mitarbeitern noch kurz vor den Pandemie eine Investition in mittlerer sechsstelliger Höhe (neuer Backofen, andere Betriebsmittel und das Café) getätigt wurde. Und dies nichtsahnend, dass 2022 ein Krieg in Osteuropa die zuvor stabile wirtschaftliche Situation – nicht nur im Bäckerhandwerk – total auf den Kopf stellen würde. Die ersten Gaspreiserhöhungen seien schon ins Haus geflattert. Dies sei aber nur der Anfang von einer Erhöhungswelle für alle Zukaufmittel, deren Ende und Höhe noch nicht absehbar seien.

Auch er bezieht den Großteil seiner Rohstoffe soweit möglich aus der Region, wie zum Beispiel das Mehl. Soweit er es aus Gesprächen beurteilen könne, sei auch seine Stammkundschaft bereit, der Bäckerei im Ort treu zu bleiben und moderate Preiserhöhungen mitzutragen, das freut ihn und lässt ihn für die Zukunft hoffen.

Elisabeth Lang und ihr Ehemann Martin stehen jeden Tag gemeinsam am Backtisch. © Hellstern

Bäckermeister Markus Roth übernahm die Markelsheimer Traditionsbäckerei Freitag 2011. Sein Familienbetrieb zählt fünf Mitarbeiter. Auch er stöhnt unter den finanziellen Belastungen der Preiserhöhungen für Energie und der zum Backen benötigten Rohstoffe. Er bezieht alles was möglich ist aus Markelsheim (unter anderem Strom und Mehl), um damit heimische Unternehmen zu unterstützen.

Derzeit sei es fast unmöglich, wirtschaftlich solide zu kalkulieren, denn kaum sei man damit fertig, könne man von vorne beginnen. Die nächste Preiserhöhung steht eventuell an, wenn auch seine Einkaufspreise weiter in die Höhe klettern. Auch er ist in Sorge, wie lange seine treue Kundschaft bereit ist, die Erhöhungen mitzutragen, wenn im Januar die Energiekosten-Nachzahlungen an die privaten Haushalte verteilt werden.

Und was erwarten die befragten Bäckerinnen und Bäcker nun von der Politik? Bäckermeister Markus Roth spricht aus, was bekannt ist, aber niemand etwas dagegen unternimmt. Er nimmt den Staat in die Pflicht, etwas gegen die Spekulation mit Lebensmitteln zu tun. Die Preispolitik von Wirtschafts- und Finanzjongleuren fernab habe rein gar nichts mit freier Marktwirtschaft zu tun, sondern nur etwas mit Krise ausnutzen und Taschen vollzustopfen.

Weniger Bürokratie, schnelle Hilfe

Die Bitte von Elisabeth Lang an die Politik lautet: Zuerst sollte die auswuchernde Bürokratie spürbar vereinfacht werden. Die Politik sollte mit den unendlichen Diskussionen über das Wie aufhören und stattdessen dafür sorgen, dass gerade den kleinen Betrieben, die ja oft als das Rückgrat der Gesellschaft gepriesen werden, schnell und unbürokratisch geholfen wird, egal wie diese Hilfe dann auch heißt.

Von der Politik erwartet er, sagt Bäckermeister Christian Bamberger, dass Klarheit herrscht über die Hilfen, die nun recht schnell fließen sollten, bevor weitere Betriebe schließen müssen.

Er erwarte aber auch, dass der Staat die derzeit explodieren Energiepreise in den Griff bekommt, wenn er nur an seine bisherige Rechnung pro Jahr von über 50 000 Euro für Strom und Gas denke, vor der Energiekrise.

Alle drei wollen nicht aufgeben, sondern sich den neuen Realitäten stellen, in der Hoffnung, dass mittelfristig wieder Normalität einkehrt. Sie würden sich auch über neue Mitarbeiter freuen, um die Aufgaben der Zukunft bewältigen zu können.

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