Hauptversammlung in Weikersheim - BAGeno erzielt mit 124,7 Millionen Euro einen neuen Umsatzrekord. Funktionäre und Mitglieder beklagen fehlende Unterstützung aus Berlin: „Politiker sind fachlich überfordert“

Bad Mergentheimer BAGeno zieht gute Bilanz, kritisiert aber die Politik

In Zeiten schwieriger Rahmenbedingungen erzielt die BAGeno mit 124,7 Millionen Euro einen neuen Umsatzrekord. An sich zufriedene Funktionäre und Mitglieder zeigen sich aber enttäuscht in Richtung Politik, von der wenig Unterstützung käme.

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Klaus T. Mende
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Die BAGeno, hier die Niederlassung in Markelsheim, verzeichnet für 2021 mit 124,7 Millionen Euro einen neuen Umsatzrekord. © Klaus T. Mende

Bad Mergentheim/Weikersheim. Wirtschaftlich gesehen steht die Bezugs- und Absatzgenossenschaft mit Hauptsitz in Bad Mergentheim glänzend da. Mit 124,7 Millionen Euro wurde 2021 ein neuer Umsatzrekord erwirtschaftet – und auch der Gewinn mit knapp 2,4 Millionen Euro sorgt für gute Stimmung unter den Mitgliedern. Die Staffelstabübergabe vom Dauerbrenner im Amt des Geschäftsführers, Berthold Walter, auf seine beiden Nachfolger Manuel Schülein und Florian Reinhard war eine gute Entscheidung, die beiden Funktionärs-Youngster verdienten sich die vielen lobende Worte stellvertretend für das gesamte BAGeno-Team. Wenig zuversichtlich geht augenblicklich allerdings der Blick in die Zukunft, wenn die Landwirte an das politische Berlin auch nur denken. „Da könnten einem fast die Haare ausgehen . . .“, meinte etwa Norbert Beck vom Hof Aischland mit einem Augenzwinkern, obwohl vielen derzeit nicht zum Lachen zu Mute ist.

Vielversprechender Start

Vorstandsvorsitzender Karl Ehrmann zeigte sich sehr erfreut über Umsatz und Ertragslage der Genossenschaft. Er bescheinigte den beiden neuen Geschäftsführern einen vielversprechenden Start in ihre neue Aufgabe: „Wir haben eine gute Wahl getroffen.“ Und auch den Erwerb der Firma Udo Breidenbach 2021 bezeichnete er als richtig.

Ehrmann kritisierte die geplanten neuen EU-Vorschriften zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Hiervon betroffen wäre nicht nur die konventionelle Landwirtschaft, sondern auch Ökobauern. „Dies steht im krassen Gegensatz zur Aussage, den heimischen Anbau zu stärken und regionale Lebensmittel zu fördern“, so der Vorstandsvorsitzende unter großem Applaus aus dem Plenum. Zurückgehender heimischer Anbau führe zu mehr Importen, zu mehr Abhängigkeit vom Ausland – „die Energiepolitik der letzten Jahre lässt grüßen.“ Und dann meinte er noch an die Adresse von Cem Özdemir: „Politiker sind fachlich überfordert. Man wundert sich sehr, wer alles Bundeslandwirtschaftsminister werden kann.“ Die Bauern seien die Ernährer der Gesellschaft, „wir beweisen seit Jahren, dass Landwirtschaft und Schutzgebiete zusammenpassen“. Ziel des Agrarsektors sei, die Kulturlandschaft zu erhalten – „wir sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung“.

Eine Lanze gebrochen

Zuvor hatte Weikersheims Bürgermeister Nick Schuppert in seinem Grußwort bereits eine Lanze für die Landwirtschaft gerade im ländlichen Raum gebrochen. Sowohl für den Erhalt der Kulturlandschaft als auch für die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln seien die Bauern gerade in Gegenden wie dem Main-Tauber-Kreis unverzichtbar. Umso wichtiger sei es gegenwärtig, „die Landwirtschaft zu unterstützen und deren Bedürfnisse nicht zu vergessen“. Jeder könne hierzu seinen Teil beitrage – beispielsweise, indem er den regionalen Märkten die Kauftreue halte.

Planungssicherheit fehlt

Was den landwirtschaftlichen Betrieben im Moment fehle, seien die Planungssicherheit sowie ein sicheres Einkommen, meinte Geschäftsführer Florian Reinhard. Düngerpreise von über 90 Euro/Tonne bänden zusätzlich extrem viel Liquidität bei jedem einzelnen Hof und erhöhten so das wirtschaftliche Risiko. Für die augenblickliche Situation der Branche und die damit einhergehenden Sorgen fehle ihm in der Gesellschaft aber die breite Debatte, die es in solchen Zeiten eigentlich bräuchte.

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„Wir müssen wieder stolz auf unseren Beruf als Bauern werden. Wir müssen wieder mehr Aufklärung betreiben, mehr Diskussionen führen – gerade in Umfeldern, die unbequem sind, die sich mit unserer Situation nicht so beschäftigen und nur eine plakative Meinung nachsprechen, ohne die Hintergründe zu kennen“, meinte Florian Reinhard weiter. Es gebe keinen besseren Berufsstand, der die Probleme beim Namen nennen könne. „Wir brauchen die Diskussion nicht zu scheuen – auch im Hinblick auf Artenschutz. Denn wir sind die wahren Grünen.“

Während vielerorts die Alarmglocken schrillten, könne man seitens der Genossenschaft einigermaßen zuversichtlich nach vorn schauen. Deren Vorteil sei, dass sie über so viele Standbeine verfüge, von denen die meisten im letzten Jahr ein teils deutliches Plus erzielt hätten, meinte die eine Hälfte der Geschäftsführung. Ein kleiner Wermutstropfen sei jedoch der Bereich Agrartechnik/Werkstatt, hier sei ein Umsatzrückgang von etwa zehn Prozent verzeichnet worden.

Bescheidene Getreideernte

Auch seitens der BAGeno sei man sowohl 2021 als auch 2022 mit einer eher bescheidenen Getreideernte konfrontiert worden. Es bleibe zu hoffen, dass dieser Trend gestoppt werde, so Reinhard. Denn weltweit könne bereits das zweite Jahr in Folge der Weizenbedarf nicht komplett gedeckt werden. Nicht zuletzt durch den Ukraine-Konflikt steige die Unruhe am Markt. Und auch beim Raps habe es in den vergangenen drei Jahren eine Unterversorgung gegeben. Erfreulich entwickle sich hingegen die Lage im Biosektor – vor allem in Sachen deutschlandweites Saatgut- und Futtermittelgeschäft. „Hier ist es das erklärte Ziel, nachhaltig zu wachsen, wobei auch hier die Auswirkungen der starken Inflation und einhergehender Absatzprobleme spürbar sind, gerade im Hinblick auf die derzeitige Vermarktungssituation“.

Lieferengpässe 2021

Manuel Schülein sprach für den Bereich Energie und Raiffeisen von Lieferengpässen 2021 bei Holzpellets und Kohlebriketts. Dennoch sei auf dem Energiesektor bei BAGeno gut gearbeitet worden, das wieder erstarkte Tankstellengeschäft trage positiv zur Gesamtentwicklung bei. Zwar habe man auch in den Märkten die Auswirkungen veränderter Lieferketten und gestörter Handelsrouten gemerkt. Dennoch sei der Umsatz nochmals deutlich gesteigert worden.

Für das laufende Jahr sind die Prognosen des Geschäftsführers momentan eher nüchtern. „Hohe Inflation, noch höhere Energiekosten und weiterhin eine schlechte Versorgungslage in vielen Bereichen prägen unser Geschäftsjahr 2022.“ Aus seiner Sicht sei die Politik gefordert, schnelle, vertrauenswürdige und langfristige Lösungen für die Herausforderungen dieser Zeit zu finden. „Denn eines ist sicher – bei der aktuellen Preisentwicklung, egal ob im Stall, beim Bauen, in den Raiffeisen-Märkten oder an der Tankstellen, wird es nur Verlierer geben“, so Manuel Schülein abschließend.

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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