Städtische Wirtschaftsförderung

Bad Mergentheim: „Viele Expansionspläne liegen auf Eis“

Den Handel und die Gewerbetreibenden stärken, die Stadt attraktiv halten sowie den Breitband- und Mobilfunkausbau positiv begleiten, sind zentrale Ziele des Wirtschaftsförderers.

Von 
Sascha Bickel
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Wirtschaftsförderer Dr. Tim Schnyder und seine Stellvertreterin Lorena Klingert. © Stadt Bad Mergentheim

Bad Mergentheim. Bad Mergentheim soll für die Bürger, Gäste und Kunden attraktiv sein. Die Unternehmen und Einzelhändler sollen sich wohlfühlen und ihre Geschäfte machen – und schnelles Internet und Mobilfunk ohne weiße Flecken verfügbar sein. All das sind Ziele der städtischen Wirtschaftsförderung im Rathaus. Wirtschaftsförderer Dr. Tim Schnyder und seine Stellvertreterin Lorena Klingert arbeiten daran jeden Tag.

„Wenn man sich die wirtschaftliche Gesamtlage in Deutschland aktuell anschaut, sind schon einige Sorgen da, aber wir haben auch die Hoffnung, dass es nach dieser Bundestagswahl neue Weichenstellungen gibt“, fasst Schnyder im FN-Gespräch zusammen und betont zugleich, dass die Stadt Bad Mergentheim selbst immer daran arbeitet, möglichst optimale Rahmenbedingungen vor Ort zu schaffen.

Seit einem Jahr ist Tim Schnyder der neue Wirtschaftsförderer der Kurstadt. Er ist eigentlich Wissenschaftler, war vorher in Würzburg in einem außeruniversitären Forschungsinstitut als Referent tätig. „Das Flair in Bad Mergentheim hat mich von Anfang an begeistert. Jetzt bin ich sehr glücklich, dass ich mithelfen darf, es zu erhalten und zu vergrößern“, sagt Schnyder, der aus Kassel stammt und mit seiner Frau und den beiden Kindern bereits seit über zehn Jahren in Igersheim lebt.

Viele Gespräche geführt und Vor-Ort-Termine wahrgenommen

Das erste Jahr in der neuen Position sei ein Sprung ins kalte Wasser gewesen, räumt Schnyder ein, aber durch unzählige Gespräche, Vor-Ort-Termine und die gute Einarbeitung durch seine Stellvertreterin wisse er inzwischen, wo der Schuh drückt. „Es gibt viele positive Visionen für unsere Stadt, das habe ich aus den Gesprächen mit Wirtschaftsvertretern, Händlern und politisch Verantwortlichen mitgenommen und das stimmt mich zuversichtlich“, so Schnyder zufrieden: „Den Geschäftsleuten beispielsweise ist der Strukturwandel klar und sie sind in ihren Prognosen vorsichtig, aber alle möchten auch, dass ihr Geschäft bestehen bleibt. Sorgen und Nöte gibt es, aber die Zuversicht überwiegt – und das ist gut und wichtig!“

Die Stadt könne natürlich durch Förderprogramme Hilfestellungen geben, jedoch die Kommunikation und das Zuhören spielten ebenso eine große Rolle, sagt Schnyder und fügt an: „Ich möchte auf Augenhöhe kommunizieren. Zusammen mit Lorena Klingert höre ich hin. Wir schauen uns die Lage an und analysieren sie, dann wird gehandelt.“ Als er vor einem Jahr seine Stelle antrat, standen gerade die Einzelhändler der Innenstadt beim Oberbürgermeister auf der Matte und machten Druck bezüglich der Standortbedingungen und der Verkehrssituation. Die Stadt habe auf verschiedenen Ebenen reagiert. Der Gemeinderat habe beispielsweise mit dem zweistündigen kostenlosen Parken ein klares Zeichen gesetzt.

Die Innenstadt: Leerstände und Neuansiedlungen

Die Leerstände in der Bad Mergentheimer Innenstadt bewegen sich laut Stadtverwaltung in den letzten Jahren auf einem „in etwa gleichbleibenden Niveau“. Schließungen standen erfreulicherweise Neueröffnungen in etwa gleicher Größenordnung gegenüber. Rund 25 bis 30 Einheiten im Zentrum inklusive Nebenstraßen stehen aktuell leer. Neugründer sollen mit einem Zuschussprogramm unterstützt werden. Und es gibt die Idee für einen Popup-Store. Als Problem sieht Tim Schnyder die zu hohen Wunschmieten der Eigentümer, sie verhinderten manchmal die Neubelegung. Lorena Klingert fügt erfreut an, dass es am Marktplatz in den ehemaligen Räumen von „Juwelier Schmidt“ bald eine Nachnutzung geben soll.

Auf das Modehaus Zinser blickend, das nun fast ein Jahr in Bad Mergentheim ist, sagt Wirtschaftsförderer Schnyder: „Wir sind im regelmäßigen Austausch und bekommen das Signal, dass man dort durchaus zufrieden ist mit den ersten Monaten in der Kurstadt. Es könnte immer besser sein.“ Man müsse schauen, wo man noch hilfreich sein könnte, „eventuell ist ein dritter verkaufsoffener Sonntag in der Stadt eine Option“.

„Wirtschaftsförderung umfasst bunten Strauß an Aufgaben“

„Die Wirtschaftsförderung umfasst einen bunten Strauß an Aufgaben: die Unterstützung des Einzelhandels, das Gewerbeflächen-Management, die Akquise neuer Unternehmen, den Breitbandausbau zusammen mit dem Stadtbauamt, die Mobilfunkversorgung, die Sicherung der ärztlichen Versorgung, die Antragsbearbeitung, zum Beispiel für Leader oder das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR).“ Beim ELR gehe es um die Innenentwicklung in den Ortschaften, acht Zuschussanträge wurden zuletzt auf den Weg gebracht, um Wohnraum zu schaffen und Gewerbe anzusiedeln. Beim Leader-Programm stünden in Dainbach das Milchhäusle, ein Wassertretbecken in Apfelbach und in Lillstadt ein Bürgertreff im Fokus. Und im Rahmen des Regionalbudgets hat man just in dieser Woche zusammen mit dem Wachbacher Ortschaftsrat einen Antrag für die Schaffung von Veranstaltungsinfrastruktur erarbeitet. Lorena Klingert verweist noch auf das Tourismus-Infrastrukturprogramm und bestätigt einen Einbruch beim ELR ab 2022 durch hohe Zinsen und Baupreise, doch inzwischen ziehe die Nachfrage wieder an.

„Lage in Bad Mergentheim größtenteils stabil“

Mit Blick auf die wirtschaftliche Situation in Bad Mergentheim sagt Schnyder, dass die Lage „größtenteils stabil“ sei: „Wir lesen Positives über Bartec und wissen um die Probleme bei Palux, um zwei Beispiele zu nennen. Fakt ist aber auch, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten vor Ort steigt, die Einwohnerzahl kurz vor 25.000 liegt und mehr Geld in die Stadt hinein- als herausfließt. Das Pendlersaldo ist positiv und es gibt weitere günstige Kennzahlen. Wir haben Anfragen für Gewerbeansiedlungen, aber die Tür wird uns aktuell natürlich nicht eingerannt. Es ist eine abwartende Gesamtlage, viele Expansionspläne liegen auf Eis. Wir wollen die gegenwärtige Lage nutzen, um uns für die Zukunft aufzustellen. Das gilt gerade auch im Bereich der Gewerbeflächen.“

Schnyder berichtet beispielsweise, dass in seiner zweiten Arbeitswoche 2024 eine Anfrage eines US-Pharmaunternehmens auf seinem Tisch lag, für eine Abfüll- und Endbearbeitungsanlage mit rund 400 Arbeitsplätzen, aber einem Flächenverbrauch von 25 Hektar. „Den Platz haben wir gerade gar nicht. Das gilt es im Rahmen der Wirtschaftsstrategie 2040 anzugehen“, sagt der Wirtschaftsförderer und schließt auf FN-Nachfrage ein interkommunales Gewerbegebiet auf der Höhe bei Assamstadt durch die vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft (zu der auch noch Igersheim gehört) nicht aus. „Auf der Höhe am Autobahnzubringer ist einfach mehr Platz als in der Taubertal-Lage. Zudem ist die Verkehrsanbindung zur A81 besser. Wir hoffen in der kommunalen Familie etwas hinzubekommen, von dem alle profitieren.“

Aktionen und Projekte in 2025

Auf Projekte im laufenden Jahr angesprochen, berichten Schnyder und Klingert von der Fortsetzung der Afterwork-Reihe in der Innenstadt, von Aktionen rund um „Wein und Weekend-Shopping“, zwei Nachtbummeln mit der Citygemeinschaft am 16. Mai und 12. September, verkaufsoffenen Sonntagen, einer geplanten City-Dinner-Tour, digitalen Image-Clips mit vielen Einzelhändlern, einem Förderprogramm für Neuansiedlungen in den Bereichen Handel, Dienstleistung und Gastronomie sowie einem Ausbau der Zusammenarbeit im Städte-Netzwerk „Hohenlohe-Plus“, einem gemeinsamen Projekt mit der Dualen Hochschule zum Thema neue Vertriebswege für die Innenstadt und Schulungsangeboten in Zusammenarbeit mit der IHK in Sachen „digitale Präsenz“, „ohne die es heute nicht mehr geht“, so Schnyder abschließend.

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Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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