Mergentheimer Hochmeister (Teil 2)

Bad Mergentheim: Milchling hinterließ beliebteste Fotomotive

Der katholische Deutsche Orden zieht mit Wolfgang Schutzbar an der Spitze auch zerstörerische Truppen nach Mergentheim, die viel Leid bringen.

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Joachim W. Ilg
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Bad Mergentheim verdankt das Alte Rathaus dem Hochmeister Wolfgang Schutzbar, der auch Milchling genannt wird. Die Figur auf dem Milchlingsbrunnen verkörpert aber nicht den Hochmeister, sondern, allgemein gesagt, einen Ritter. © Joachim W. Ilg

Bad Mergentheim. Zwei der beliebtesten Fotomotive in der Stadt sind mit dem Hoch- und Deutschmeister Wolfgang Schutzbar, genannt Milchling, verknüpft: Das Alte Rathaus und der Milchlingsbrunnen.

Wolfgang Schutzbar stammt aus dem zum hessischen Uradel zählenden Rittergeschlecht der Schutzbar. Er tritt 1507 mit etwa 24 Jahren in den Deutschen Orden der Ballei Hessen ein, ein Zusammenschluss mehrerer Ordensniederlassungen mit einem Landkomtur an der Spitze, wobei er dann selbst zum Landkomtur aufsteigt. 1543 wird er vom Orden zum Hochmeister gewählt. In Mergentheim, der Residenzstadt der Hoch- und Deutschmeister, hinterlässt er deutliche Spuren, die bis heute sichtbar sind.

Beschossen und geplündert

In den unsicheren Zeiten, als protestantische Fürsten in ihren Ländern vielfach gegen die Niederlassungen des Ordens vorgehen, lässt Schutzbar gleich ein Jahr nach seinem Regierungsantritt die Stadtbefestigungen in Mergentheim verstärken und die Mauern erhöhen, die aber keinen ausreichenden Schutz bieten. 1552 wird Mergentheim die Nachteile einer Residenz, die von einem Hochmeister des katholischen Ritterordens beherrscht wird, auf schmerzliche Weise erleben. Protestantische Fürsten erheben sich gegen Kaiser Karl V., der vom Orden unterstützt wird.

Am 8. Juli zieht das feindliche Heer vor die Tore Mergentheims, zerstört die Burg Neuhaus und beschießt tagelang die Stadt, die sich am 12. Juli ergibt und trotz einer Zahlung von 40 000 Gulden geplündert wird. Das Schloss wird ausgeraubt. Auf 130 Wagen wird das gesamte Inventar weggebracht. Der Angriff bringt viel Leid über die Bewohner.

Zwei Jahre später, 1554, gelingt Schutzbar ein erfolgreicher Abschluss der jahrzehntelangen Auseinandersetzungen mit dem Johanniterorden, bei denen es um Rechte und um die Macht in der Stadt geht. Der Deutsche Orden erwirbt den Besitz der Johanniter in Mergentheim und das Patronatsrecht über die Stadtkirche (heute Münster) und erweitert dadurch seinen Besitzstand beträchtlich. Mit der Übernahme des Patronatsrechts wird somit auch die Frage der Konfessionszugehörigkeit der Bevölkerung zugunsten des Katholizismus‘ entschieden, zumal sich der Johanniterorden immer mehr dem Luthertum zugewandt hat.

Die erste Wasserleitung

Trotz jahrelanger Kämpfe mit den Feinden des Kaisers sorgt Schutzbar auch für seine eigene Residenz und lässt die erste Wasserleitung vom Eisenberg in die Stadt bauen und an Stelle der bisherigen Zieh- und Pumpbrunnen drei Röhrenbrunnen errichten, so dass sich die Bevölkerung aus heute noch bestehenden Springbrunnen versorgen kann.

Auch das alle Blicke auf sich ziehende Alte Rathaus, nur einen Steinwurf vom Milchlingsbrunnen entfernt, hat die Stadt dem Hochmeister zu verdanken. 1561 beschließt Schutzbar, das damalige Rathaus, das am Rand des Marktplatzes, an der Ecke zur Burggasse steht und zum Teil eingefallen ist, abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Es soll ein stattliches Rathaus werden, zu Ehren des Ordens und der Stadt, wobei der Orden Bauherr ist und die Kosten trägt. Am 28. Juli 1562 wird mit dem Neubau begonnen, der an Pfingsten 1564 vollendet und der Stadtgemeinde gegen einen jährlichen Mietzins überlassen wird. Auf der Rückseite des staffelgiebeligen Gebäudes ist das Wappen des Hochmeisters zu sehen, und auch eine Straße wurde nach ihm benannt: die Milchlingstraße. Warum er Milchling genannt wurde, ist unklar.

Auf der Rückseite des von Schutzbar errichteten Rathauses ist sein Wappen (links) und das württembergische Wappen zu sehen. © Joachim W. Ilg
In der Hochmeistergalerie des Deutschordensmuseums sind Gemälde mit Mergentheimer Hochmeistern zu sehen. Unter ihnen auch Wolfgang Schutzbar. © Joachim W. Ilg

Kramläden und Narrenhäusle

Während sich im ersten Geschoss des Rathauses ein kunstvoller Saal für Feierlichkeiten der Stadt, Theateraufführungen und Hochzeiten vermögender Bürger befindet, finden die Ratssitzungen im zweiten Stock statt. Im Erdgeschoss dagegen gibt es Kramläden, Brot- und Fleischbänke, eine Küche und den Ortsarrest, das sogenannte Narrenhäusle.

Bleibt anzumerken, dass nicht die Bürger das Rathaus selbstbewusst und als Ausdruck ihrer Unabhängigkeit errichtet haben, sondern der Orden, der in allen wichtigen Angelegenheiten weiterhin das Sagen hat.

Der Legende nach soll die Stadt als sichtbares Zeichen des Dankes Wolfgang Schutzbar zu Ehren den Brunnen vor dem Rathaus mit der Statue des Hochmeisters errichtet haben. Ob es sich bei der Skulptur auf dem Milchlingsbrunnen tatsächlich um den Hochmeister handelt, ist wissenschaftlich geklärt. Das Standbild verkörpert, allgemein gesagt, einen Ritter, nicht aber Schutzbar.

Figur ist bloß ein „mann“

Ein steinerner Marktbrunnen ist bereits 1546 von der Gemeinde in Auftrag gegeben worden, wobei in einer Handwerkerrechnung die Rede davon ist, dass auf dem Brunnen ein „mann“ stehen soll. Ob die Untertanen damals von ihrem Herrscher als „mann“ sprachen, ist schon frühzeitig bezweifelt worden. Aber in alten Stadtführern ist immer wieder von Schutzbar als Brunnenfigur die Rede, zumal der Ritter sich auf ein Schild mit einem Wappen des Hochmeisters stützt. Der Brunnen stand bis 1902 am Eingang zur Burggasse vor dem heutigen Mörikehaus. 1926 wurde der Brunnen zentral auf dem Marktplatz anlässlich der 100-Jahr-Feier der Entdeckung der Heilquelle neu errichtet.

Im Dezember des Jahres 1565 beruft Schutzbar, hochbetagt und schwer erkrankt, auf den 10. Februar nächsten Jahres ein Generalkapitel des Ritterordens nach Mergentheim ein. Die meisten Gebietiger (Ordensobere) versammeln sich in der Stadt. Sie treffen auf einen schwachen, sterbenskranken Hoch- und Deutschmeister, der die Versammlung nicht mehr eröffnen kann und am 11. Februar 1566 stirbt. In der Gruft der Hofkapelle (heute Schlosskirche) wird er beigesetzt, wo sein Grabmonument die Erinnerung an ihn wach hält.

Hinab zur Gruft

Wenn man die Stufen hinab zur Gruft der Schlosskirche steigt, dann erscheinen in diesem überraschend hellen Raum Grabdenkmäler von Hoch- und Deutschmeistern, Komturen und Ordensrittern wie aus einer Welt, die längst vergangen ist. Auf dem steinernen Grabmonument des Wolfgang Schutzbar, der 23 Jahre lang an der Spitze des Ordens stand, sieht man den Hochmeister vor einem Kreuz in Andacht und Demut knien.

In der Gruft unter der Schlosskirche sieht man das steinerne Grabmonument des Wolfgang Schutzbar, der vor einem Kreuz kniet. © Joachim W. Ilg

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