Bad Mergentheim. Im nächsten Jahr feiert Bad Mergentheim ein außergewöhnliches Doppeljubiläum: 200 Jahre Entdeckung der ersten Heilquelle und 100 Jahre Verleihung des Titels „Bad“. Die Wandelhalle wird 2026 noch Baustelle sein und nicht wie geplant, schon modernisiert zur Verfügung stehen, dafür warten einige interessante Events auf die Gäste.
Die Fränkischen Nachrichten trafen sich mit Kurdirektor Sven Dell zum Baustellen-Rundgang und sprachen mit ihm zudem über die Bilanz der zurückliegenden Veranstaltungen der Kurverwaltung und die Pläne für 2026 sowie weitere Investitionen im Kurpark mit Blick auf die Landesgartenschau 2034.
9600 Besucher beim Kurparkfest
Höchst erfreulich ist der Rückblick auf das Kurparkfest im Juli. Dell teilt stolz mit: „Nur 400 Besucher haben zur Fünfstelligkeit an diesem Tag gefehlt. Es wurden 9600 Besucher gezählt. Ein tolles Ergebnis! Wir sind sehr zufrieden und es war eine logistische Meisterleistung diese Anzahl an Personen zu verköstigen. Die verschiedenen Bands haben auch super aufgespielt. Wir haben den Kurpark bestmöglich ausgenutzt, trotz der Großbaustelle rund um die Wandelhalle.“
Ja, und was ist mit dem Taubertäler Weindorf im Kurpark am 8. und 9. August? „Gefühlt gab es hier den bislang größten Besucherandrang“, meint Kurdirektor Dell hochzufrieden. Da kein Eintritt verlangt wurde, kann er keine genauen Zahlen liefern. Mit „The Uniques“ und den „Rossinis“ traten „zwei tolle Bands auf“, so Dell, der auch hohe Umsätze bestätigt und „das Weindörflein gerne zu einem großen Weindorf wachsen lassen möchte. Wir wollen noch weitere Weingüter dazugewinnen und das tolle Flair ausbauen“, sagt er den FN. Gerade aus dem fränkischen Bereich fehlten noch gute Tropfen, die man aus Baden und Württemberg schon am Start habe.
Auf das Veranstaltungsprogramm der nächsten Monate angesprochen, verspricht Dell viele musikalische und unterhaltsame Darbietungen und schiebt sofort nach, dass sich die Planungen nun voll und ganz auf das Jubiläumsjahr 2026 konzentrieren. Dabei werde auch in den Kurpark investiert, durch den Einbau von LED-Lichtbändern zur Simulation von Wasseradern und zur Anlage von Blumeninseln (mit den Jahreszahlen). Vorgesehen ist auch eine Kunstausstellung samt Retrospektive der letzten Jahre. Infoterminals mit QR-Code-Stationen und digitalen Geschichten vom „Schäfer“ und ehemaligen Kurdirektoren als Videos und Hörerlebnis sind in Vorbereitung. Ein großes Kurparkfest ist wieder im Juli geplant, vielleicht mit DJ auch für die jüngeren Gäste. Danach folgt im August das Taubertäler Weindorf.
Laiendarsteller und Statisten gesucht
Und es gibt ein besonderes Theaterstück im Herbst, ein Projekt der Studiobühne in Kooperation mit der Kurverwaltung. Laiendarsteller und Statisten werden dafür gesucht. Es geht um eine unterhaltsame und berührende Zeitreise durch die bewegte Kurgeschichte der Stadt. Die Geschichte beginnt 1826 – mit einem Schaf und einer Quelle. Was damals seinen Anfang nahm, ist heute ein anerkanntes Stoffwechselheilbad mit vier einzigartigen Heilquellen. Das Theaterstück basiert auf historischen Quellen und wahren Geschichten – und verspricht spannend, humorvoll und emotional zu werden. Für die Inszenierung werden rund 25 Mitwirkende gesucht – darunter über zehn Hauptrollen, mehrere Nebenrollen sowie zahlreiche Statisten. Gespielt wird in verschiedenen Altersgruppen von etwa sechs bis 70 Jahren. Ein Info-Treffen findet am Samstag, 13. September, um 11 Uhr im Kurhaus statt.
Einen großen Festakt zur Quellentdeckung vor 200 Jahren und der Titelverleihung „Bad Mergentheim“ vor 100 Jahren soll es im Oktober nächsten Jahres geben. Dazu kommt ein Tanz-Gala-Abend für alle Bürger.
Nicht zum Feiern zur Verfügung steht die Wandelhalle. „Sie wird 2026 leider nicht wie erhofft fertig“, betont der Kurdirektor und erklärt wie es dazu kam: „Wir wollten in eine Bundesförderung hineinkommen, mussten dann aber abwarten und durften nicht mit den Baumaßnahmen beginnen. Es ging um einen Betrag von drei bis sechs Millionen. Die Entscheidung, dass wir nicht zum Zug kommen und keinen Zuschuss erhalten, fiel erst im Juli 2024, dadurch haben wir ein halbes Jahr verloren und erst im Spätherbst mit den Rückbauarbeiten begonnen. Aktuell sind wir ein paar Wochen vor dem Zeitplan“, ergänzt Dell: „Inzwischen ist die Wandelhalle völlig entkernt und auf der Gebäuderückseite entsteht bereits der neue Anbau.“ Alle Abbrucharbeiten sind durchgeführt, alle Fenster ausgebaut und zur Sanierung abtransportiert, der Boden ist ausgebaut, die Strohdecke weg. Die Betonarbeiten stehen jetzt als allernächste große Arbeit an.
Viel Arbeit mit dem Ausbau der Fenster
Groß war der Aufwand die Fenster auszubauen, denn normalerweise sind diese nur mit Schrauben im Rahmen verankert und es gibt maximal noch ein Dichtband, „die waren aber alle einbetoniert“, schüttelt Dell den Kopf, so musste man die Flügel aufflexen und aufstemmen, und das teilweise in gewaltiger Höhe. Doch das ist jetzt erledigt. „Bei den beiden Nebengebäuden sind sie zum Glück nicht einbetoniert, aber eingegipst, da ist alles etwas leichter“, sagt Dell und führt den FN-Reporter durch den Gebäudekörper, der Richtung Bahngleise wächst, um mehr Platz für Lüftung, Lager, Küche und Künstler zu schaffen – ein Stockwerk kommt obendrauf.
Mitte September kommt das Gerüst – „dann schaut die Wandelhalle noch mehr wie eine Baustelle aus“, erläutert Dell, denn ab Oktober stehen die Arbeiten an den Betonstützen an.
Der Zeitplan peile inzwischen eine Fertigstellung im dritten Quartal 2027 an. Davor gibt es eine Art Vor-Eröffnungsphase, um Erfahrungen mit der neuen Lüftung zu sammeln. Bei den Kosten meint Dell: „Wir sind im Rahmen, bei 20 bis 22 Millionen Euro. Von 20 Ausschreibungspaketen sind 14 schon vergeben“ und man merke, dass sich die Kostenrallye im Bauwesen ein bisschen beruhigt habe.
Ziel ist eine „warme Walze“
Auf die Lüftung und den Putz geht Dell noch genauer beim Rundgang ein und erinnert daran, dass viele Besucher der Wandelhalle früher einen kleinen Luftzug an den Füßen spürten, dies soll es nicht mehr geben. Man strebe mehr Behaglichkeit an. „Bislang kam warme Luft an den Luftauslässen der Fenster an, stieg nach oben und weil die Fenster oben nur einglasig waren, drückte es diese Luft wieder im Saal nach unten und sie wurde unter der Bühne abgesaugt, was ein kaltes Zuggefühl an den Füßen erzeugte. Jetzt sei eine sehr flache Fußbodenheizung vorgesehen und Weitwurfdüsen hinten an der Saalwand für die Warmluft, die diese weit in den Raum hineinwerfen. Zusammen mit der warmen Luft an den Fenstern entstehe, so der Plan, eine „warme Walze“, die den Saal mit seinen bis zu 750 Gästen künftig „umspült“. „Das war alles berechnungstechnisch nicht einfach und die neue große Lüftungsanlage passte nicht mehr in den Keller, deshalb wurde auch ein Anbau nötig, von dem jetzt die neue Künstler-Garderobe, der Keller für die Logistik und Technik sowie die neue Küche stark profitieren.“
Glasperlen, Wasserdampf und Walnussschalen
Ein spannender Bereich ist auch der Putz. Dazu merkt Sven Dell vor Ort an: „Mit der Wandelhalle haben wir in dieser Bauform das einzige Baudenkmal aus der Bauhaus-Zeit in ganz Europa vor uns, entsprechend war das Denkmalamt von Anfang an sehr stark bemüht, die Substanz zu erhalten.“ Es stand die Frage im Raum, wie man den alten Putz an der Außenfassade optimal ablösen kann. „Wir haben Versuche im rückwärtigen Bereich mit Sand, Quarzsand, Glasperlen, Walnussschalen, verschiedenen Wasserdrücken und Wasserdampf gestartet, um festzustellen, dass wir die Farbe jetzt mit Lauge runterbekommen. Um die Wandelhalle wurde ein Graben angelegt, damit nichts ins Erdreich sickert und den Heilquellen nichts passiert. Die Lauge wird aufgefangen, abgesaugt und abtransportiert, das zählt sicher zu den anspruchsvollsten Arbeiten, damit fangen wir im Spätherbst an, sobald das Gerüst steht“, so Dell.
Auf dem Weg zurück zur Kurverwaltung berichtet der Kurdirektor von weiteren Investitionen im Kurpark. Es geht um neue Bepflanzungen von der Rehaklinik „Haus Schwaben“ bis zum Rosengarten, von Neuanlagen am Bachlauf, von den bereits verlegten neuen Stromleitungen samt Glaserfasernetz bis zu den beiden Fußgängerunterführungen an der Bahnstrecke, deren Portale man in Zukunft anders anlegen möchte. Auf das abgesagte Medi-Spa-Projekt angesprochen und die Pläne fürs Parkhotel antwortet der Kurdirektor: „Wir haben viel Zeit und Kraft für das Medi-Spa-Vorhaben aufgewendet, das soll nicht einfach so verloren sein. Deshalb haben wir die Hoffnung, dass wir trotzdem noch eine gute Entwicklung hinbekommen. Verschiedene Interessenten hätten sich gemeldet und es gebe Gespräche, mehr könne man noch nicht sagen. Zum Parkhotel sagt Dell: „Es gibt einen Pachtvertrag mit Best Western bis 2027, danach gibt es eine Option für beide Parteien um fünf Jahre zu verlängern.“ Mehr könne er hierzu aktuell nicht bekanntgeben.
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