Mergentheimer Hochmeister (Teil 5)

Bad Mergentheim: Beginn einer Hexen-Verfolgungswelle

Unter Erzherzog Maximilian von Österreich beginnt eine von mehreren Hexen-Verfolgungswellen in Mergentheim. Und es entsteht eine 40.000 Bände-Bibliothek.

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Joachim W. Ilg
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Wurde der Turm der damaligen Stadtpfarrkirche (heute Münster) mit Geldern ermordeter „Hexen“ erhöht? © Joachim W. Ilg

Bad Mergentheim. Über dem Eingang zum Inneren Schlosshof macht eine „Duftmarke“ auf ihn aufmerksam. Das großformatige Wappen ist das Hoheitszeichen des Erzherzogs Maximilian von Österreich, der 1558 in Wien geboren wird. Er ist der Sohn von Kaiser Maximilian II. und steigt im Deutschen Orden auf der Karriereleiter ganz nach oben. 1590 wird er zum Hoch- und Deutschmeister gewählt und residiert in Mergentheim, wo sich die Ordens-Zentrale befindet und wo auch Maximilian sichtbare Spuren hinterlässt, wie man nicht nur am heutigen Münster sehen kann.

Den Turm der damaligen Stadtpfarrkirche lässt er 1593 um „56 Schuh“, also beinahe um 20 Meter, erhöhen, wie der Ordensarchivar Anton Breitenbach in seiner Chronik in den Jahren nach 1825 berichtet. Darin behauptet er, dass für die Turmerhöhung und weitere Baumaßnahmen an der Kirche „das confiscirte Vermögen verbrannter Hexen verwendet wurde“. Eine Aussage, die allerdings umstritten ist, denn es gibt für sie keinen Beleg und in einem älteren Dokument ist nur von „eingezogenen Strafgeldern“ die Rede. Zur Erinnerung an diese Baumaßnahme lässt der Hochmeister sein Wappen dicht unter dem Dachabschluss anbringen.

Angebliche Hexen werden gefoltert und verbrannt

Zu den düsteren Kapiteln der Ordenszeit gehören die „Hexenprozesse“. Im Mergentheimer Ordensgebiet werden zwischen 1590, also dem Beginn der Herrscherzeit Maximilians, und 1631 in vier Verfolgungswellen 584 Personen wegen angeblicher Hexerei verhaftet und 387 von ihnen hingerichtet. In Mergentheim, dem Sitz der Hochgerichtsbarkeit, finden die Prozesse statt. Angeklagte werden verhört und gefoltert. Die meisten werden mit dem Schwert getötet und dann verbrannt. Das Vermögen der „Hexen“ wird teilweise oder ganz eingezogen und auch kirchlichen Zwecken zugeführt.

Trotz seiner oft langen Abwesenheit von Mergentheim führt der Hochmeister den Neubau des Schlosses weiter, indem unter anderem die neuen Fürstengemächer ausgebaut und die Maximilianskapelle 1599 errichtet wird. Auch im Äußeren Schlosshof entstehen neue Wirtschaftsgebäude (zum Beispiel Kelterhaus und Fruchtspeicher). Zudem lässt er prachtvolle Gartenanlagen mit Brunnen, Fischteichen und Gartenhäusern anlegen.

Um dem Mangel an Priesterbrüdern entgegen zu wirken, gründet der Hochmeister 1606 ein Priesterseminar für Theologiestudenten, in dessen Neubau (1710) sich heute das Finanzamt befindet. © Joachim W. Ilg
Wappenstein des Erzherzogs im Deutschordensmuseum. © Joachim W. Ilg

Leichen mit dem Gesicht nach oben begraben

Um dem Mangel an geeigneten und ausgebildeten Priesterbrüdern entgegen zu wirken, gründet der Hochmeister 1606 ein Priesterseminar und lässt dafür das Wohnhaus der Edelknaben umbauen. An diese Ausbildungsstätte für Ordenspriester beruft er hervorragende Kleriker und Kanzelredner. Außerdem wird eine Bibliothek eingerichtet, die im Laufe der Zeit auf 40.000 Bände anwächst. Anfang des 18. Jahrhunderts wird das Gebäude abgebrochen und durch ein neues Priesterseminar-Gebäude ersetzt, in dem sich heute das Finanzamt befindet.

Dass Verstorbene noch nicht im Sarg, sondern nur in Leinwand gewickelt begraben werden, geht aus einem Deutschordens-Dekret aus dem Jahr 1611 hervor, in dem der Hochmeister den Totengräbern genaue Anweisungen gibt, wie sie Tote zu bestatten haben. Sie sollen die Leichen still über die Gassen tragen und diese nicht mehr, wie bisher, wie das Vieh ins Grab werfen, sondern sie mit dem Gesicht nach oben hinein legen und mit Kalk und Wasser beschütten, damit sie schnell verwesen. Zudem sollen die Gräber recht tief ausgehoben werden.

Bis 1602 residiert Maximilian größtenteils in Mergentheim, wechselt dann aber als kaiserlicher Statthalter nach Innsbruck, um die Regentschaft Tirols und der Vorlande anzutreten. Da sich Mergentheim nicht mit Innsbruck vergleichen lässt, wird die Stadt an der Tauber zur Nebenresidenz und der Statthalter des Hochmeisters zum Stellvertreter vor Ort.

Statthalter von Eck baut Kapellen und Kirche

Freiherr Marquart von Eck führt in Abwesenheit des Hochmeisters die Amtsgeschäfte und baut die Eck`sche Kapelle über der Sakristei der Stadtpfarrkirche im Jahr 1607, wo sich heute der Münsterschatz befindet. Im gleichen Jahr entsteht die Pfarrkirche Mariä Krönung in Stuppach, an die sich die Kapelle mit der Stuppacher Madonna anschließt. Zwei Jahre später baut er die Michaelskapelle auf dem Friedhof in Mergentheim.

Der Hochmeister stirbt 1618 am Beginn des Dreißigjährigen Krieges und wird in Innsbruck begraben. Im Mergentheimer Deutschordensmuseum ist ein Bild von ihm zu sehen, ein Ölgemälde aus dem frühen 18. Jahrhundert und ein Wappenstein, wobei unklar ist, wo sich dieser früher befand. Mit Maximilian beginnt die lange Reihe der Hochmeister aus dem Hause Habsburg. Der Orden hofft, mit der Wahl österreichischer Prinzen dem Orden in den immer drohender werdenden Zeitläuften mehr Sicherheit zu geben.

Ölbild des Hochmeisters im Deutschordensmuseum. © Joachim W. Ilg

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