Mergentheimer Hochmeister (Teil 4)

Bad Mergentheim: Prall gefüllte Speicher mit Korn und Goldgulden

Heinrich von Bobenhausen macht sich vor allem als Bauherr einen Namen. Er verfügt über prall gefüllte Speicher mit Korn und Wein und 180.000 Goldgulden.

Von 
Joachim W. Ilg
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Eine geniale Konstruktion ist die Berwarttreppe, die mit ihren gewundenen Säulchen, die durch das breite Band der steinernen Treppe stoßen, eine fast magische Sogkraft zur goldenen Sonne hin entfaltet. © Joachim W. Ilg

Bad Mergentheim. Nach dem Tod des Hochmeisters Georg Hund von Wenkheim im Jahr 1572, der in Mergentheim in der Ordensgruft beigesetzt wurde, wird Heinrich von Bobenhausen einstimmig zu dessen Nachfolger gewählt und setzt die Bautätigkeit seines Vorgängers fort. Dieser hatte den Startschuss für den Ausbau der Burg zur fürstlichen Residenz gegeben, indem das Kanzlei- und Archivgebäude und die Trapponei (Kleider- und Waffenkammer, Steueramt) errichtet wurden.

Bobenhausen nimmt am Deutschordensschloss umfangreiche Neu- und Erweiterungsbauten vor und setzt die Bebauung des Äußeren Schlosshofs mit Wirtschaftsgebäuden fort. Unter ihm und seinen Nachfolgern werden bis 1606 im Inneren Schlosshof die einzelnen Gebäude durch die Schließung von Baulücken zu einem Ring geschlossen und der Äußere Schlosshof erhält seine heutige rechteckige Gestalt.

Prächtiges Meisterstück

Ein prächtiges Meisterstück der Renaissance ist die 1574 im Inneren Schlosshof entstandene Berwarttreppe des genialen Stuttgarter Baumeisters Blasius Berwart, in deren Genuss die Besucher des Deutschordensmuseums kommen, denn sie führt zu den Ausstellungsräumen im ersten und zweiten Geschoss. Wer sich im Erdgeschoss in den Hohlraum der Wendeltreppe stellt und nach oben blickt, wird von einer goldenen Sonne, die von goldenen Sternen in einem blauen Himmel umgeben ist, überrascht. Wer Stufe für Stufe nach oben geht, den erwartet eine weitere Augenweide, denn die Unterseite der Treppe ist reich verziert.

Wohin führte aber damals die Berwarttreppe? Dazu Konservatorin Maike Trentin-Meyer (Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg): „Die Berwarttreppe verband wohl die Küche im Erdgeschoss mit dem ehemaligen Kapitelsaal im Westflügel im zweiten Obergeschoss und führte wohl auch in fürstliche Gemächer.“

Keine Reitertreppe mehr

Nicht so berühmt wie die Berwarttreppe ist die in der Nachbarschaft befindliche zwölf Jahre später entstandene so genannte Reitertreppe. Obwohl sie jünger ist, wirkt sie mit ihrem Netzgewölbe mit den schweren Rippen altmodischer. Die Bezeichnung Reitertreppe sollte nicht mehr verwendet werden, denn „das führt auf eine falsche Fährte, da man auf dieser Treppe sicher nicht reiten konnte“, so Trentin-Meyer. Seit der Treppentagung im Residenzschloss im Oktober letzten Jahres wird die Treppe als Großer Schnecken bezeichnet.

„Der Große Schnecken war der offizielle Zugang zum Schloss und führte in den Kapitelsaal. Er reichte auch in den Süd-Keller, wo der Wein gelagert wurde. Auch der Große Schnecken führte in fürstliche Gemächer, vor allem, als der spätere Hochmeister Maximilian von Österreich neue Räume für Wohnzwecke im Südflügel ausbauen ließ“, erklärt Trentin-Meyer.

„Die Bezeichnung Reitertreppe sollte nicht mehr verwendet werden, da man auf dieser Treppe sicher nicht reiten konnte“, so Trentin-Meyer. © Joachim W. Ilg
Heinrich von Bobenhausen in der Hochmeistergalerie des Deutschordensmuseums. © Joachim W. Ilg

Schule, Spital und Kirche

Zu den weiteren Bautätigkeiten des Hochmeisters gehört der Bau einer Lateinschule (1577), wobei es dem Orden darum geht, die Allgemeinbildung seiner Untertanen zu heben und junge Menschen auf das theologische Studium vorzubereiten. 1579 erfolgt die umfangreiche Erneuerung und Erweiterung des Spitals, wo im Innenhof sein Wappen angebracht ist. Zudem wird die im Bauernkrieg und 1552 beim Angriff protestantischer Heere auf die Stadt beschädigte Dominikaner-, heute Marienkirche auf Kosten des Ordens in den Jahren 1575 bis 79 wieder hergestellt. Dafür wird der Boden über der Kirche von 1586 an als Fruchtmagazin des Ordens benutzt. 1580 folgt die Erneuerung der Schlosskirche. 1584 lässt Bobenhausen das Langhaus der Stadtpfarrkirche wölben und ausmalen.

Zur Freude der „eifrigen und tüchtigen“ Mergentheimer Schützen, wie es in einem älteren Stadtführer heißt, lässt Bobenhausen 1584 auf dem Gemeindewasen, unterhalb der Wolfgangsbrücke, ein Schützenhaus bauen, steht die Schützengesellschaft doch unter dem besonderen Schutz und der Aufsicht der Deutschordensregierung und hat eine eigene Schützenordnung.

Erst Armbrust, dann Büchse

An der Wolfgangsbrücke befand sich schon von altersher der Schießplatz mit einem Schießstand unter einer Linde. Die Schützen hielten schon im 15. Jahrhundert Freischießen ab, zuerst mit der Armbrust, dann mit Büchsen. Dass die Schützengesellschaft eine besondere Rolle im bürgerlichen Leben spielte, das beweisen viele Einladungen zu auswärtigen Schützenfesten, so beispielweise 1478 nach Ulm oder dann auch nach Bamberg, Wertheim und Heidelberg. Dabei errangen sie nicht selten Preise, einmal sogar den wertvollen Landesschießpreis.

Die rege Bautätigkeit des Hochmeisters soll den wachsenden Bedürfnissen der fürstlichen Hofhaltung gerecht werden, wobei auch die Stadt von der zunehmenden Bedeutung als Zentrale des Deutschen Ordens durch Neubauten profitiert. Zu ihnen zählt zum Beispiel die Engelapotheke, der Gasthof zum Straußen, das Haus des Weinhändlers Bauer oder das Gebäude des Weinhändlers Büdel in der Burgstraße.

Bobenhausen ist nicht nur ein reger Bauherr, sondern auch ein effizienter Wirtschafter, der 1590 auf seine Hochmeisterwürde verzichtet und seinem Nachfolger prall gefüllte Speicher mit Korn und Weizen, Dinkel, allerlei Frucht, Wein und 180.000 Goldgulden, die im Gewölbe der Burg Neuhaus und des Schlosses versteckt lagern, hinterlässt. Fünf Jahre später stirbt er achtzigjährig in Weißenburg und wird in der dortigen Kommendenkirche des Ordens beigesetzt.

Hochmeister-Wappen im Hof des Spitals, das Bobenhausen 1579 umgebaut hat. © Joachim W. Ilg

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