Heimatgeschichte in Bildern

Bad Mergentheim: Alte Malereien verblassen mit der Zeit

Zwischen 1933 und 1938 war Karl Max Lechner in Bad Mergentheim und der Umgebung ein gefragter Maler, der vor allem an Hausfassaden großformatige Bilder hinterlassen hat.

Von 
Joachim W. Ilg
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Das Christophorus-Gemälde an der Wolfgangskapelle stammt zwar von Karl Max Lechner aus dem Jahr 1936, ist aber eine Übermalung der von Tobias Weiß 1895 geschaffenen Szene mit dem Jesuskind über dem reißenden Fluss. © Joachim W. Ilg

Bad Mergentheim. Beim Gang durch die Altstadt fallen großformatige Malereien an Hauswänden auf. Sie sind um die 90 Jahre alt und altern vor sich hin. Ihre Farben verblassen. Figuren wie zum Beispiel ein Bauer mit einer Sense verschwimmen. Selten bleibt jemand stehen, um die zum Teil immer mehr undeutlich werdenden Bilder zu betrachten. Was sie darstellen, findet kaum noch Interesse. Die Malereien drohen zu verschwinden und gehören offensichtlich einer untergehenden Zeit an.

Musizierende Engel, Deutschordensritter, ein liegender Soldat und rechts daneben ein Gelehrter mit Globus: Die Malereien am Gänsmarkt Nr. 3 sind zum Teil schon deutlich verwittert. © Ilg

Wer hat sie geschaffen? Es war der Maler Karl Max Lechner, der 1890 in München geboren und 1974 in Bad Reichenhall gestorben ist. Er hat sich in Bad Mergentheim und benachbarten Orten vor allem als akademisch geschulter Kunstmaler in der Manier des 19. Jahrhunderts hervorgetan und zwischen 1933 und 1938 Gebäudefassaden mit historischen, regionalgeschichtlichen und volkskundlichen Darstellungen geschmückt. Zu sehen sind beispielsweise musizierende Engel, Deutschordensritter, Handwerker und der Heilige Christophorus.

In der Wettgasse sieht man am „Haus Heußler“ symbolische Darstellungen von Frühling, Sommer, Herbst und Winter jeweils mit Menschen verkörpert, welche der Jahreszeit entsprechende Tätigkeiten verrichten. In der Kirchstraße wird am „Haus Heller“ für Buch und Kunst mit einem Mann auf der Hausfassade geworben, der mit einem Kneifer auf der Nase sich in eine Lektüre vertieft. Im unteren Bereich sind der Bad Mergentheimer Marktplatz festgehalten und eine Schriftrolle mit angedeutetem Violinschlüssel und Noten.

Wenige Häuser weiter am Gänsmarkt ist eine Szene aus der Geschichte des Deutschen Ordens zu sehen. Daneben liegt ein vermutlich verstorbener Soldat. Im rechten Bereich der Fassade sitzt ein Gelehrter mit einem Globus, mit astronomischen Geräten und Laborgefäßen. Daneben ist die Signatur des Malers zu entdecken: KARL m. LECHNER 19 (35 ist nicht mehr zu erkennen).

Am Hans-Heinrich-Ehrler-Platz ist von dem großflächigen Gemälde am Geburtshaus des Dichters Ehrler fast gar nichts mehr zu erkennen. Hier war ein Wachszieher bei der Arbeit mit den dazu notwendigen Geräten abgebildet worden.

Die bekannteste Bemalung ist sicher die große Darstellung des Hl. Christophorus an der Außenwand der Wolfgangskapelle, die aber immer mehr verbleicht. Auch an weiteren Gebäuden in der Stadt und Stadtteilen hat Lechner sein künstlerisches Können unter Beweis gestellt. Daneben gibt es auch Zeichnungen und Karikaturen in Gästebüchern verschiedener Lokalitäten wie der Weinstube Kettler oder der Brauereigaststätte Klotzbücher, welche die humorvolle Seite des Malers zum Vorschein bringen.

Ein Maler in der Nazi-Zeit

Beim Betrachten der bemalten Fassaden in der Stadt fällt auf, dass Lechner zwar ein Maler der Nazi-Zeit war, aber in den Auftragswerken an Häuserwänden zwischen 1933 und 1938 eher harmlos wirkendes Heimatgeschichtliches, Volkskundliches und auch Religiöses verarbeitet hat. Und dennoch: Er war ab 1933 Mitglied der NSDAP und trat 1937 aus der katholischen Kirche aus.

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Im Auftrag der Besitzer des Hotels Victoria hatte Lechner 1933 die „Führerfiguren“ der deutschen Geschichte mit Adolf Hitler und Sieg-Heil-Geste als krönendem Höhepunkt auf die Wände eines Speisesaals gemalt, „zur Erhebung und Nachahmung“, wie es damals in einem Zeitungsbericht hieß. Das ist die Schattenseite des Malers, der auch mit Honoratioren verkehrte, die der nationalsozialistischen Ideologie eher fern standen.

Sein Gesamtwerk lässt sich keinesfalls auf einen Nenner bringen. Es ist widersprüchlich und macht deutlich, welcher Geist in weiten Kreisen des Bürgertums in den 1930er Jahren in Bad Mergentheim herrschte und wie dieser Geist seinen Ausdruck fand.

Humorvolle Lechner-Signatur am Gänsmarkt. © Ilg

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