Bad Mergentheim. „2022 – ein Jahr wie nie zuvor!“ Unter dieser Überschrift präsentierte Geschäftsführer Paul Gehrig den Jahresabschluss 2022 des Stadtwerks Tauberfranken dem Gemeinderat, der diesen zustimmend und auch mit Lob zur Kenntnis nahm.
„Das vergangene Jahr brachte außergewöhnliche Herausforderungen mit sich: Alles drehte sich um die Versorgungssicherheit“, rief Paul Gehrig in Erinnerung und zählte rückblickend folgende Stichpunkte auf: „Russland dreht den Gashahn zu. Die Energiepreise steigen teilweise um 1000 Prozent. Netzsicherheit und -stabilität müssen gewährleistet werden. Es gibt wöchentliche Krisensitzungen zur Sicherung der lokalen Energieversorgung. Die Bundesregierung ruft die Alarmstufe aus. Die Kunden sind extrem verunsichert. Das führt zeitweise zu Rekordwerten von 500 Anrufen am Tag beim Stadtwerk. Die Discountanbieter kündigen, weil sie in Schwierigkeiten geraten, ihren Kunden die Verträge. Das Stadtwerk als Grundversorger muss einspringen und unplanmäßig 800 Strom- und 360 Gaskunden mitversorgen. Die Energiespar-Appelle an die Bevölkerung greifen und auch in der Region können bis zu 20 Prozent Gas eingespart werden.“
Das Betriebsergebnis des Stadtwerks für 2022 bilde die Verwerfungen des vergangenen Jahres ab, so Gehrig, der 30 Prozent weniger im Strom- und Gasbetrieb und 14 Prozent weniger beim Strom- und Gasnetz vermelden musste. Ein Segen in der Krise seien da die Beteiligungen des Stadtwerks, zum Beispiel an der Thüga und am Windpark Külsheim gewesen. „Und auch mit der Naturwärme Bad Mergentheim GmbH konnten wir rund 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom mehr erzeugen als im Durchschnitt. Damit konnten wir zur Versorgungssicherheit beitragen und gleichzeitig gute Erträge erzielen“, erklärte Gehrig.
Naturwärme wird ausgebaut
Nun investiere man 2,5 Millionen Euro und erweitere den Biomassekessel um zirka zwei Megawatt Wärmeleistung, verbessere den Wirkungsgrad durch Reduzierung der Rauchgasaustrittstemperatur und ersetze bis zu 15 Millionen Kilowattstunden Wärmeerzeugung mittels Erdgas durch Biomasse. Mit den noch ausstehenden Ergebnissen der kommunalen Wärmeplanung starte man dann in die Ausbau-Überlegungen für die Fernwärme in Bad Mergentheim, versprach Gehrig.
Die Stadt Bad Mergentheim als Gesellschafter (über Stadtverkehr Bad Mergentheim) hat für 2022 als Gewinnausschüttung 2,1 Millionen Euro vom Stadtwerk erhalten. Dazu kommen noch gesetzlich vorgeschriebene Abgaben und Steuern: 932 000 Euro (Konzessionsabgabe), 352 000 Euro (Gewerbesteuer), 78 200 Euro (Verwaltungskostenbeitrag) und 12 000 Euro (Fremdenverkehrsabgabe). Zudem wurden über die Stadtwerk-Beteiligungsgesellschaft 425 000 Euro ausgeschüttet. Hier profitieren unter anderem auch die Kommunen Assamstadt, Boxberg, Grünsfeld, Igersheim, Königheim, Krautheim, Künzelsau, Lauda-Königshofen und Tauberbischofsheim.
Für die Kunden hatte Gehrig die gute Nachricht im Gepäck, dass auslaufende Verträge ab 1. Juli günstigere Strom- und Gaspreise unterhalb der Preisbremsen erhalten. „Spätestens zum 1. Januar 2024 bekommen alle Verträge neue günstige Konditionen“, so Gehrig, der dies auf geänderte Rahmenbedingungen in den vergangenen Monaten und mehr Entspannung am Markt zurückführte.
Oberbürgermeister Udo Glatthaar lobte das Stadtwerk als „gut aufgestellt“. Grünen-Fraktionschef Thomas Tuschhoff hob ebenfalls die „kluge und weitsichtige Arbeit der Stadtwerk-Geschäftsführung“ hervor und beschrieb gerade auch die Beteiligung am Windpark Külsheim als zukunftsweisend. Das Stromnetz müsse jetzt für Solaranlagen, Wärmepumpen und E-Autos ertüchtigt werden, während das Gasnetz wohl keine echte Zukunft mehr habe.
Preise sinken
Wolfgang Herz (CDU) dankte den Stadtwerk-Beschäftigten für ihre Leistung im vergangenen Jahr und Jochen Flasbeck (Freie Wähler) schloss sich dem an. Flasbeck fragte aber auch, ob es stimme, dass das Stadtwerk zu den teuersten Anbietern im Ländle zähle. Dazu erklärte Geschäftsführer Gehrig, dass man das so nicht sagen könne: Beim Strompreis habe man eine Spannweite von 37 bis 60 Cent pro Kilowattstunde. Doch jetzt komme man glücklicherweise „wieder in normale Gefilde“.
Gehrig ging abschließend auf Tochtergesellschaften und neue Beteiligungen ein: Die 5G Synergiewerk GmbH erlebe eine Festigung ihres Geschäftsmodells. Der Kapitalbedarf steige und die Finanzierung laufe über Gesellschaftsdarlehen.
Die Energie- und Wasserservice Main-Tauber-Kreis betreibe erfolgreich den Wasserzählerwechsel in zahlreichen Städten und widme sich künftig auch Strom- und Gaszählern.
Die H2 Main-Tauber GmbH wurde erst im Januar gegründet. Hier gebe es große Chancen durch die Umnutzung des bestehenden Gasnetzes. Die Bundesregierung habe die Marschrichtung vorgegeben. In der Region gebe es viele Bedarfsanmeldungen für die Wasserstoff-Nutzung.
Eine Infoveranstaltung zu „Wasserstoff in der Region“ gebe es am kommenden Mittwoch, 28. Juni, um 19 Uhr im Kursaal.
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