Bad Mergentheim. Das Entsetzen im Bekanntenkreis der 78-jährigen Radfahrerin und in der Bürgerschaft ist groß: Nach einer für die Frau wohl unvorhersehbaren und plötzlichen Schubs-Attacke durch einen 14-jährigen Jugendlichen ist das Opfer, das im westlichen Bereich der Bad Mergentheimer Herrenwiesen wohnte, in der Nacht auf Mittwoch an den Folgen von schwersten Verletzungen gestorben.
Die FN-Redaktion hat einen Augenzeugen befragt, der inzwischen auch von der Polizei vernommen wurde. Demnach war der mutmaßliche jugendliche Täter am Montagabend im Bereich des Einkaufszentrums an der Wolfgangstraße zu Fuß unterwegs. Die Radfahrerin bewegte sich in Richtung des Kreisverkehrs zur Herrenwiesenstraße.
Unvermittelt rannte laut Zeugenaussage der 14-Jährige an der Einkaufs-Mall über die Straße. Kurz hinter der Einmündung Herrenmühlstraße habe der Jugendliche die Radlerin vor einem Restaurant vom Fahrrad auf den Gehweg gestoßen. Die Frau verletzte sich durch den Sturz schwer.
Direkte Anwohner und Passanten eilten der Verletzten sofort zu Hilfe. Ein Zeuge der Tat nahm die Verfolgung des 14-Jährigen auf, der aber zunächst unerkannt in Richtung Bahnhof flüchten konnte. Dort wurde er später von der Polizei vorläufig festgenommen und nach einer ersten Vernehmung seinen Angehörigen übergeben.
Nach FN-Informationen war der Notarzt in kurzer Zeit vor Ort. Die Frau sei ansprechbar gewesen. Die Ersthelfer hatten der Verletzten aufgeholfen und sie auf eine niedrige Mauer am Fußgängerweg gesetzt. Zunächst war man offenbar von einer schlimmen, aber nicht unmittelbar lebensbedrohlichen Kopfplatzwunde ausgegangen. Dass die Verletzungen lebensbedrohlich waren, darauf deutet aber die spätere Formulierung „schwerst verletzt“ in der ersten offiziellen polizeilichen Stellungnahme hin.
Betroffenheit und Unverständnis auch bei einem Bekannten der Frau, der am Mittwoch zum Unfallort gelaufen war, um dem Opfer dort zu gedenken.
Frau „ruhig und besonnen“
Die 78-Jährige sei oft mit dem Fahrrad unterwegs gewesen und müsse als ruhig und besonnen gelten. Keinesfalls vorstellbar sei es für ihn, so der Mann, dass eine Provokation oder ein Streit die Ursache für den Vorfall gewesen sei. Ein unmotivierter Angriff auf die Radfahrerin also? Für den Bekannten unverständlich, erschreckend und traurig zugleich.
Aufgrund des jugendlichen Alters des mutmaßlichen Täters hält sich die Polizei in der Bewertung äußerst zurück. Im Zuge von Ermittlungen kämen mitunter die merkwürdigsten Motivlagen für eine solche Tat zum Vorschein. Derzeit könne man jedenfalls noch keine konkreten Mitteilungen über den Hintergrund des Vorfalls machen.
In Deutschland gilt: Jemand ist prinzipiell voll (straf-) mündig, wenn er die Volljährigkeit erreicht hat, also mit 18 Jahren. Das bedeutet, dass dann das Erziehungsrecht und die gesetzliche Verantwortung der Eltern endet.
Strafmündig kann ein Jugendlicher allerdings schon vor dem 18. Lebensjahr sein. Das ist der Fall, wenn er die Fähigkeit hat einzusehen, dass er ein Unrecht, eine strafbare Handlung, begangen hat. Zum Teil strafmündig sind Jugendliche ab ihrem 14. Geburtstag. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen für ihre Taten verantwortlich gemacht und nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden. Noch nicht strafmündig sind nach dem deutschen Gesetz alle Kinder unter 14 Jahren. Sie müssen – jedenfalls vor Gericht – noch nicht die Verantwortung für Straftaten übernehmen.
Info: Die Kriminalpolizei Tauberbischofsheim sucht weitere Zeugen, die Hinweise zur Tat geben können oder im Umfeld des Tatorts verdächtige Wahrnehmungen gemacht haben. Diese sollten sich unter Telefon 09341 / 810 melden.
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