Lokale Fitnessstudios - Unterschiede bei der Lagebeurteilung

Lokale Fitnessstudios im klaren „Verdrängungswettbewerb“

Probleme wie Lockdowns oder hohe Energiepreise stellen die gesamte Fitnessbranche vor große Herausforderungen. Die Einschätzung der aktuellen Situation unterscheidet sich in den Studios der Region allerdings deutlich.

Von 
Simon Retzbach
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Ein Mann trainiert im Fitnessstudio. Nach langen Corona-Schließungen ist das Training mittlerweile wieder ohne Auflagen möglich, gänzlich sorgenfrei ist die Branche deswegen jedoch nicht. Die Probleme sind dabei vielschichtig. © Bernd Weissbrod/dpa

Main-Tauber-Kreis. Normalerweise ist der Januar ein starker Monat für die Fitnessbranche, die Sorge um ausreichenden Umsatz eher gering. Doch nach der extrem harten Corona-Zeit und durch steigende Energiekosten ist die Geschäftslage nicht so rosig und sorglos wie sonst.

Die Fitnessstudios wurden mit am härtesten von den Lockdown-Maßnahmen getroffen. Sie mussten immer sehr früh schließen und waren bei der Wiederöffnung regelmäßig unter den Letzten: das war nicht nur einmal die Konsequenz des bundesweiten Infektionsgeschehens für die Sportstätten.

Nicht „rundum sorglos“

Obwohl sie bundesweit für die Fitness von Millionen Mitgliedern sorgen, die Gesundheit erhalten und verbessern sollen, wurden die Studios im Vergleich zu anderen Freizeitstätten besonders streng behandelt. Zwar gab es auch Hilfen für die Fitnessbranche, dennoch war damit bei Weitem kein Rundum-sorglos-Paket geschaffen worden.

Vor allem die Unsicherheit über die Länge des Lockdowns und verzögerte Hilfszahlungen bereiteten insbesondere kleinere und inhabergeführten Studios große Sorgen: „Ich war darauf vorbereitet, in die Insolvenz zu gehen“, erzählt Jürgen Patschkowski. Er betreibt das Studio „Praevent Sport“ in Igersheim und das „Kraftwerk 1986“ in Bad Mergentheim. Weil man auch Rehasportkurse und Physiotherapie anbot, war man teils zwar auch während des Lockdowns im Einsatz. Die Einbußen – vor allem durch ausbleibende Neumitglieder und auslaufende Verträge – waren dennoch beträchtlich und anhaltend.

Waren es beispielsweise 2018 noch durchschnittlich 30 neue Mitglieder pro Monat, hat sich diese Zahl im Vorjahr halbiert. Auch der Januar ist deutlich schwächer ausgefallen: Gewann man 2018 noch 80 neue Mitglieder zum Jahresbeginn, sind es derzeit lediglich drei. Ein schwieriger Umstand in einer Zeit, in der sich nach Angaben des Geschäftsführers die Stromkosten verdoppelt und die Heizkosten um satte 70 Prozent erhöht haben. Auch wenn er seine Kunden oft schon seit Jahren kenne und diese sehr viel Verständnis für seine Situation gezeigt hätten: „Das kann man nicht auf die Kundschaft umlegen“, stellt der Geschäftsführer nüchtern fest.

Und so nutzt er noch vorhandene Sparpotenziale: Die Sauna als „größter Energiefresser“ wurde abgeschaltet, am Wochenende steht jeweils nur noch einer der beiden Standorte zum Training zur Verfügung. Auch Preiserhöhungen von durchschnittlich wenigen Euro pro Monat sollen die finanzielle Situation etwas entlasten.

Andere Lagebeurteilung

Ganz anders schildert Salem El Osta die aktuelle Situation. Der studierte Fitnessökonom ist seit 2006 in der Fitnessbranche selbstständig tätig. Er betreibt zwei Studios: in Lauda und Tauberbischofsheim. Auf Corona und die Energiepreise angesprochen, wiegelt er energisch ab. Er wolle sich lieber auf die Zukunft konzentrieren: „Ja, wir haben Mitglieder verloren. Ja, wir haben Geld verloren, aber jetzt ist die Zeit, um das alles nachzuholen“. „Die Leute kommen jetzt wieder in die Studios, um Corona-Schäden wie schlechtere Fitness oder gestiegenes Körpergewicht zu bekämpfen. Für den Januar habe ich schon viele neue Mitglieder, 2023 fühlt sich wieder an wie 2019“, bilanziert El Osta zufrieden. Mit guter Arbeit, so findet er, könne man erfolgreich am Markt bestehen.

Einen Vorteil sieht Salem El Osta in der neuen Regelung, nach der die Verlängerung von Verträgen in Fitnessstudios nur noch unter der Auflage einer monatlichen Kündigungsfrist möglich ist. Dies sorge dafür, dass Studios ihre Mitglieder dauerhaft durch Leistung überzeugen müssten, was für billigere Anbieter kaum möglich sei.

Auch die Energiepreise machen ihm keine Sorgen: Durch den milden Winter bleibe die Trainingsfläche auch bei ausgeschalteter Heizung warm. Er sieht zwar schon Probleme für die Branche, verortet diese jedoch in einem ganz anderen, weniger beachteten Aspekt: Der schrittweise gestiegenen Mindestlohn ist seiner Meinung nach als ganzjähriger Kostenfaktor nicht zu unterschätzen. Vor allem dann, wenn die Monatsbeiträge der Mitglieder seit Beginn nicht erhöht wurden. „Sie müssen sich mal vorstellen, wie stark die Preise in den vergangenen Jahren überall gestiegen sind, nur in den Studios nicht. Dabei brauchen die auch eine gewisse Vergütung für Geräte oder Fortbildungen der Mitarbeiter“, macht der Unternehmer die Kehrseite der für den Kunden auf den ersten Blick erfreulichen Preisstabilität deutlich.

Markt ist zusammengebrochen

„Der Markt ist durch diesen Preiskampf zusammengebrochen, am Ende leidet der Kunde darunter“, sieht er als Ursache für die Schwierigkeiten in der Fitnessbranche. Dies sei insbesondere im hiesigen ländlichen Raum spürbar: in einem verhältnismäßig kleinen Einzugsgebiet gebe es im Vergleich eine große Konkurrenz.

Das falle ihm auch im Vergleich seiner beiden Standorte auf. In Lauda gebe es nur ein weiteres Studio. In Tauberbischofsheim sei die Konkurrenz auch durch mehrere Ketten wesentlich größer und der Konkurrenzdruck dadurch enorm. „Was bleibt denn noch für das Studio, wenn ich für vier Euro im Monat trainieren kann?“, kritisiert er die in seinen Augen problematischen Werbeaktionen verschiedener Anbieter.

Auch andere Studiobetreiber im Main-Tauber-Kreis beobachten in der hiesigen Fitnessbranche einen klassischen „Verdrängungswettbewerb“. Dieser ist gekennzeichnet von starkem Konkurrenzverhalten und damit einhergehendem Preisverfall. Dieser führt zu nur geringen Gewinnen oder sogar Verlusten für die betroffenen Unternehmen.

Auch in der lokalen „Fit4You“-Kette, die mit vier Studios in Tauberbischofsheim, Wertheim, Buchen und Bad Mergentheim vertreten ist, sieht man den Verdrängungswettbewerb. Dieser schränke die Handlungsfähigkeit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten enorm ein. Preiserhöhungen seien kein Thema, vor allem auch weil eine finanziell solide Lage trotz coronabedingten Mitgliederverlusten einen solchen Schritt bislang nicht erforderlich machte. Der Betreiber ist stolz darauf, gänzlich ohne Schulden oder Leasingverträge bestehen zu können.

Redaktion

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