„75 Jahre – FN on Tour“ - Fertigstellung der Umgehungsstraße stellt Adelsheim vor Aufgabe / Baugebiete und neue Halle beschäftigen die Stadt

Adelsheim ist viel mehr als „nur” ländliche Idylle

Zukunft aus Tradition – dieses Motto hat sich Adelsheim gegeben. Tatsächlich steckt Geschichte in jedem Winkel. Doch mit dem Hallenneubau, Energieprojekten und Ideen zur Bürgerbeteiligung geht der Blick nach vorn.

Von 
Sabine Braun
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Rund um den historischen Kern mit seinen Schlössern und der evangelischen Stadtkirche hat sich das heutige Adelsheim entwickelt. © Louis von Adelsheim

Adelsheim. Die Verkäuferin stellt die Tafel mit dem Mittagstisch-Angebot vor die Metzgerei, Kunden suchen schon früh an diesem Morgen die kleinen Läden rechts und links der Marktstraße auf, Gewässerwart Arno Zilling schaut an der Seckach nach den Fischen und hat dennoch Zeit für ein Schwätzchen mit der Journalistin, Väter sitzen mit ihren Kindern am kleinen Schlossbach oder am Spielplatz beim Kulturzentrum, der Mann von der Stadtreinigung arbeitet im Stadtgarten und grüßt freundlich: Adelsheim ist einfach eine liebenswerte kleine Stadt.

Dem Besucher fällt das schöne Ortsbild ins Auge, das geprägt ist von historischen Gebäuden wie den beiden Schlössern und der Stadtkirche, von Fachwerkhäusern und engen Gassen. Die Seckach plätschert idyllisch durch Sennfeld und Adelsheim. Der Kirnau-Wasserfall mit dem „Pfeifenmännle“, der Mühle und dem Stadtturm sind „postkartentaugliche“ Motive der Kernstadt. Blühende Gärten und gepflegte kleine Häuser säumen die hergerichteten Gassen – das fällt in den Wohngebieten, auch in den Stadtteilen Leibenstadt und Sennfeld, ins Auge.

Die Kirche bildet den Mittelpunkt von Adelsheim. © Sabine Braun

Das schöne Stadtbild, die Lage an Bächen und zwischen den bewaldeten Hügeln sowie die hohe Aufenthaltsqualität nennt auch Bürgermeister Wolfram Bernhardt als erstes, fragt man ihn nach dem, was Adelsheim besonders macht.

Gleich danach nennt er die „tollen Menschen“, zum Beispiel die Mitglieder des Gemeinderats und andere ehrenamtlich Engagierte. „Alle wollen das Beste für die Stadt, sind gedanklich offen und diskutieren konstruktiv.“ Freundschaftlich, pragmatisch und immer lösungsorientiert sei auch die Zusammenarbeit der städtischen Martin-von-Adelsheim-Schule, einer Gemeinschaftsschule, mit dem Eckenberg-Gymnasium (EBG). Das EBG ist ein staatliches Aufbaugymnasium, die Stadt trägt das Progymnasium. 1057 Schüler und 115 Pädagogen bilden „einen ganz eigenen, oft unterschätzten Kosmos“, so Bernhardt.

Die neue Adelsheimer Sport- und Kulturhalle am Eckenberg ist das aktuell größte kommunale Bauprojekt. © Louis von Adelsheim

Dabei ist Adelsheim keineswegs nur ländliche Idylle. Mit ihren grade mal gut 5000 Einwohnern beherbergt die Stadt Einrichtungen mit landes- und sogar bundesweiter Ausstrahlung. Da ist das Landesschulzentrum für Umwelterziehung (LSZU) beim EBG, in dem jährlich rund 2000 Schüler und Pädagogen aus ganz Baden-Württemberg eine informative Woche verbringen.

Auf dem Berg gegenüber steht die größte Jugendvollzugsanstalt im Land, die JVA, zugleich ein wichtiger Arbeit- und Impulsgeber. Wieder auf einem andern Berg, im Stadtteil Sennfeld, thront die Bildungsstätte der Berufsgenossenschaft Holz und Metall, die viele Menschen zur Weiterbildung ins Bauland führt.

Mit dem Zwölf-Millionen-Euro Projekt Neubau der Sport- und Kulturhalle am Eckenberg hat sich die Stadt ein zukunftsweisendes Projekt vorgenommen. Auch die größte Straßenbaustelle im Neckar-Odenwald-Kreis liegt in Adelsheim: Die Umgehungsstraße B 292, ein 58-Millionen-Euro-Projekt des Bundes, läuft seit Jahren und geht der Fertigstellung entgegen.

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Marktstraße wird ruhiger

Und genau dieses Straßenprojekt ist es, das für Adelsheim eine Weichenstellung bedeuten könnte. Selbstverständlich ist jeder im Ort froh, wenn der starke Durchgangsverkehr aus der schmalen Marktstraße rauskommt.

Aber wie wird es sich auf die Läden auswirken, wenn künftig weniger Leute ein schnelles Vesper beim Metzger, den Blumenstrauß für daheim oder das kleine Geschenk für die Freundin kaufen?

Im Stadtteil Sennfeld: Rund um das Schloss findet man hübsche Gassen. © Sabine Braun

Diese Frage stellt sich auch Bürgermeister Bernhardt und meint: „Da stehen wir an einem Wendepunkt.“ Klar ist, dass man als Stadt etwas dafür tun kann, dass die Zukunft gut wird: „Bis zum nächsten Jahr werden wir über bauliche Maßnahmen nachdenken, um die Ortsdurchfahrt umzugestalten.“ Dabei will man die Bürger mitnehmen – Beteiligungsprozesse sind vorgesehen. Das Ziel: Es soll künftig mehr Spaß machen, in den kleinen Imbissstuben am Straßenrand und im Eiscafé zu sitzen. Schon jetzt beobachtet Bernhardt mit Freude, dass auch Plätze wie der Stadtgarten gut angenommen werden.

Die Bürger können und sollen mitgestalten – auch bei anderen Zukunftsaufgaben: im Rahmen einer neuen Genossenschaft können sie an Energieprojekten teilhaben.

Ein lebendiger Stadtteil mit viel Gemeinschaftssinn ist Leibenstadt. © Sabine Braun

Kindergärten werden erweitert, Baugebiete stehen vor der Erschließung, die Eckenberghalle muss fertig werden. Gemeinsam will man Prioritäten setzen. Generell liegt vieles an den Bürgern – ob sie weiter den Geschäften in der Marktstraße die Treue halten, ob sie sich ehrenamtlich für die Gemeinschaft und in den Vereinen engagieren.

Sportvereine stehen stabil da

Da stehen die Zeichen günstig, denn die 65 Vereine in den drei Stadtteilen haben engagierte Mitglieder, die sich auch in Corona-Zeiten immer wieder etwas einfallen lassen. Obwohl die Situation für alle schwierig ist, stehen vor allem die Sportvereine stabil da, weiß Bernhardt.

„Es wäre schön und wichtig, wenn wir wieder mehr zusammenkommen und feiern könnten“, betont er. Hoffentlich klappt es, den 50. Jahrestag der Eingliederung von Leibenstadt – der ist am 1. November – ein bisschen zu feiern. Das soll aber dann schon eine richtige Feier sein. Sonst verschiebt man lieber.

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Der anerkannte Erholungsort Adelsheim kann auf eine 1200-jährige Geschichte zurückblicken. Erstmals erwähnt wurde es 779. Um 1338 werden die Ortsadligen, die Herren von Adelsheim, genannt. 1374 verlieh Kaiser Karl IV ihnen die Stadtrechte.

Prägende Gebäude sind das noch bewohnte barocke Unterschloss der Freiherren von Adelsheim, erbaut 1733 als Nachfolger einer zerstörten Wasserburg, sowie das Oberschloss von 1504, das Adamsche Schlösschen (heute Kulturzentrum), das historische Rathaus von 1619 und die gotische Jakobskirche von 1489, die am Pilgerweg „Jakobsweg“ liegt.

Ab 1828 beherbergte Adelsheim das Bezirksamt für das südliche Bauland, war also Kreisstadt, bis es 1936 dem Bezirk und späteren Landkreis Buchen zugeschlagen wurde.

In der Kernstadt lohnen ein Stadtrundgang mit Führung und ein Besuch des Bauländer Heimatmuseums. In Sennfeld sind die Gedenkstätte ehemalige Synagoge und das Heimatmuseum Ziele. Beide Ortsteile kann man auch per Velo auf dem Bauländer Skulpturenradweg erkunden und dabei moderne Kunst entdecken.

256 Betriebe sind in Adelsheim, seinen Stadtteilen sowie im städtischen Gewerbegebiet „Business-Park“ ansässig. Die Stadt ist eine der fünf Trägerkommunen des „Regionalen Industrieparks Osterburken“ (RIO). Wichtige Arbeitgeber sind WLC Würth Logistik, aber auch die JVA und die beiden Schulen.

Zwei Bahnlinien (KS 665.1-2 und KS 780) führen durch die Stadt. In Adelsheim liegen zwei Bahnhaltepunkte, in Sennfeld einer. Die Züge fahren stündlich. sab

Überhaupt soll im nächsten Jahr wieder mehr passieren: Über die neu gegründete Ingeborg-Bertin-Stiftung können kulturelle Ereignisse gefördert werden. Chöre, Kapellen und Musikliebhaber hoffen auf ein Ende der Pandemie und schöne Konzerte. Vielleicht gibt es wieder ein „Adelsheim leuchtet“. Die für 2020 geplante Videokunst-Ausstellung musste ebenso abgesagt werden wie das beliebte Sennfelder Dorffest und das traditionsreiche Adelsheimer Volksfest – alles Veranstaltungen mit überregionaler Anziehungskraft, auf die man nur ganz ungern verzichtet hat.

Freie Autorin Freie Autorin für die Lokalausgabe Buchen

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