Leserbrief zur FN-Berichterstattung über die Frankenbahn.
Mit Interesse habe ich, Schaffner bei der Frankenbahn, in den letzen Wochen die FN-Berichte über die Bahnübergänge in Grünsfeld und Zimmern verfolgt. Wir Eisenbahner können sehr gut verstehen, dass unsere Vorschriften, die wir beim Passieren eines offenen oder gestörten Bahnübergangs befolgen müssen, die Anwohner in Grünsfeld und Zimmern stört. Insbesondere das Hupen ist für die Anwohner sehr nervig.
Was ich persönlich und viele meiner Kollegen nicht nachvollziehen können, ist das Meckern über uns Zugpersonal.
Ich persönlich habe es nicht nur einmal erlebt, dass der Zug an dem offenen Bahnübergang in Zimmern steht, der Lokführer hupt und trotzdem vor uns mehrere Autos über die Gleise fahren. Wenn es ernst wird, ist der Zug mit über 160 Tonnen immer stärker. Die Regeln der Straßenverkehrsordnung haben anschneidend viele vergessen. Der Zug hat immer Vorfahrt. Was ich auch nicht nachvollziehen kann, ist die Empörung darüber, dass sich die Instandsetzung der Bahnübergänge jetzt ein Jahr oder länger hinzieht.
Alle 16 Landesverkehrsminister, alle Bürgermeister mit Bahn-Anschluss und alle Bundesverkehrsminister haben die letzten 20 Jahre nur zugeschaut wie Deutschland seine Bahn kaputt gespart hat. Die BRD gibt heute noch weniger (pro Einwohner) für die Erhaltung des Schienennetzes aus als Österreich.
Als 2019 der Tunnel in Wittighausen komplett saniert wurde, haben alle Eisenbahner sich dafür ausgesprochen, gleichzeitig auch noch dringende Arbeiten entlang der Strecke durchzuführen. Zum Beispiel die Sanierung der Bahnsteige in Zimmern, Wittighausen, Grünsfeld und Gerlachsheim. Dies wurde damals von den Gemeinden abgelehnt, da diese etwas dazu zahlen hätten müssen.
Heute wird in Ihrer Zeitung wieder eine Komplettsperrung der Strecke gefordert, um diese grundlegend in Stand setzen zu können. Dies wird nicht passieren. Selbst wenn das Geld dafür da ist und auch die Bereitschaft von DB-Netze: Der Fachkräftemangel bei der Bahn ist größer als Sie sich vorstellen können. Die Menschen, die diese Arbeiten ausführen würden, sind einfach nicht da. Auch würde ich gerne mal wissen, was die Anwohner und Pendler sagen würden, wenn die Strecke ein halbes Jahr oder länger gesperrt wäre und rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, gearbeitet würde. Als 2013 das Stellwerk Mainz über Wochen nicht besetzt war, hat sich die ganze Republik aufgeragt. Heute ist Mainz überall.
In Neckargemünd ist das Stellwerk nun schon über Wochen von 22 bis 4.30 nicht besetzt. In dieser Zeit können ab Mosbach-Neckarelz oder Sinsheim nach Heidelberg keine Züge fahren. Auch keine Güterzüge nach Mannheim.
In Nordhausen (Thüringen) fallen die Züge schon seit Monaten aus, weil die Stellwerke nicht besetzt sind. Jeder, der sich über solche Zustände aufregt, sollte sich fragen, ob er diese Arbeit im Schichtdienst rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr machen würde.
Auch die Sicherungsposten in Grünsfeld und Zimmern müssen rund um die Uhr da sein, Tag und Nacht, egal wie das Wetter ist.
Wir haben einen erheblichen Fachkräftemangel bei der Bahn. Erst wenn die Gesellschaft sich eingesteht, dass es so nicht weitergehen kann, wird sich etwas ändern. Das heißt auch, dass die Gesellschaft weg muss von ihren Sonntagsreden und von den schönen Kosten-Nutzen-Rechnungen. Sie muss endlich handeln, und die Bürger müssen es auch wollen. Solange man lieber Straßen statt Schienen baut, wird es nicht besser. Es wird ehr noch schlimmer.
Auch muss die Gesellschaft begreifen, dass gerade bei dem Fachkräftemangel bei der Bahn diese Arbeiten eben dauern werden. Sie sollte ich aber ernsthaft fragen: Wer ist denn für den Investitionsstau verantwortlich?
Steve Schmidt, Külsheim