Wer die Elpersheimer Halle in der früheren Optik – innen wie außen – kennt, der kann sie auch jetzt noch durchaus wiedererkennen. Was tatsächlich neu ist, wurde im Wesentlichen im Bestand entwickelt. Das wird es leicht machen, das Neue im Alten auch anzunehmen.
Früher beim Kleinkinderturnen: Einerseits war man froh, dass man den bewegungsfreudigen Nachwuchs dort springen und toben lassen konnte. Doch es fühlte sich eng und gedrückt an. Jetzt ist im gleichen Raum Weite und Freundlichkeit eingekehrt. Und ein gewisser Chic, der aber nicht durch hippe Einbauten entsteht, sondern gerade durch Zurückhaltung.
Man erinnert sich an das Architekturkonzept von Ludwig Mies van der Rohe, dem berühmten Vertreter des Minimalismus. Auf ihn geht die Formel „Weniger ist mehr“ zurück. Und, ganz wichtig, die äußere Form und der bauliche Inhalt müssen sich am Menschen orientieren.
Mies van der Rohe hatte vor allem in Kuben, in einer erweiterten Würfeloptik geplant – das war im vorigen Jahrhundert etwas ganz Neues. Heute schlägt sich das Konzept oft gedanklich verzerrt auch im allgemeinen Privathausbau nieder. Nicht immer wirkt das „schön“, sondern auf eine distanzierte, mitunter schon aggressive Art abgeklärt und in der reduzierten Formsprache am Ego, am Besitz, am Festhalten orientiert. Gut zu verteidigen mit Sichtschlitzen, Schießscharten im über die Jahre doch immer härter werdenden Beton.
Dieser unangenehmen postmodernen Linie, die vor allem auf Kosteneinsparungen fußt, folgt der Elpersheimer Alt-Neubau glücklicherweise nicht. Man saniert in einer organischen Weise, wie sie mit erweitertem Blickwinkel vor hundert Jahren bei Rudolf Steiners „Goetheanum“ im schweizerischen Dornach grundgelegt wurde. Das ist (nach einem abgebrannten hölzernen Vorgängerbau) auch aus Beton, hat aber etwas von Entwicklung, Zukunft.
Es sind Menschen, die Räume nutzen, deshalb müssen Gebäude auch menschlich aussehen. Sie sollen die Umgebung, die landschaftliche Lage aufnehmen und etwas vom Drinnen erzählen. Sie sollen einladen und es nicht den Nutzern schon vor dem Eintritt schwer machen. Denn das Sich-Versammeln, das muss unterm Strich leicht sein.
Die Weikersheimer Tauberphilharmonie macht es leitmotivisch vor. Wer es sehen will: Vielleicht ein aus der Erde sprießender Kristall. In Elpersheim: Ein Hang-Bau, der seinen Standort nicht verleugnet und deshalb Treppen hat. Doch man kann auch von der Seite her „traversieren“, wie der Bergsportler sagen würde. Und innen, mitten drin, ist eine „gute Küche“. Was will man mehr?
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Architektur und Formsprache im Blick Taubertalhalle: Räume sind für Menschen da
Michael Weber-Schwarz zur Taubertalhalle