Im Beisein von Verkehrsminister Winfried Hermann wurde der 25. Geburtstag der Verkehrsgesellschaft Main-Tauber (VGMT) gefeiert.
Lauda-Königshofen. Aus dem heutigen Straßenbild sind die blauen Busse der VGMT nicht mehr wegzudenken. Die 47 Buslinien durchqueren den Kreis und halten so die Mobilität am Laufen. Mit den Eisenbahnstrecken seien sie das Kernstück des ÖPNV, heißt es vollmundig in der Jubiläumsbroschüre der Gesellschaft, die es seit 25 Jahren gibt.
4,3 Millionen Fahrgäste
Entstanden ist die VGMT aus dem Zusammenschluss der Verkehrsgesellschaften Main-Tauber, Nord und Süd. Zehn Busunternehmen arbeiten hier eng zusammen, unter Federführung des Kreises, wie Landrat Christoph Schauder beim Festakt im i-Park Tauberfranken sagte. Im Jahr legen die Busse eine Strecke von rund 4,2 Millionen Kilometer zurück und beförderten vor Corona etwa 4,3 Millionen Fahrgäste. Zusätzlich seien 2018 ein landkreisweites und bedarfsorientiertes Verkehrsangebot von sieben Ruftaxiunternehmen mit 21 Bedienkorridoren geschaffen worden. Hier würden nochmals 75 000 Fahrgäste befördert. Das Ruftaxi sei ein Erfolgsmodell, so Schauder. Nicht umsonst habe man 2019 beim ÖPNV-Kongress den Preis in der Kategorie „Betrieb/Verkehrsplanung – Angebot im ländlichen Raum“ erhalten. Man dürfe sich aber auf den Lorbeeren nicht ausruhen und müsse weiter am Verkehr der Zukunft arbeiten. Ein Beispiel seien die Mobilitätszentralen. Hier sei man „Vorreiter“. Während so eine in Bad Mergentheim seit 2019 in Betrieb ist, werde eine weitere in diesem Jahr in Wertheim eröffnet, ebenso eine 2023 in Lauda-Königshofen.
Der Landkreis arbeite auch intensiv an der Umsetzung der „Clean-Vehicle-Directive“ (Einsatz sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge). Dies gestalte sich hier etwas schwieriger als in Ballungsräumen, weshalb er weitere Unterstützung von der Landesregierung einforderte. „Ich betone immer wieder, ein attraktiver ÖPNV darf kein Privileg von Ballungsräumen sein, sondern ist gerade für den ländlichen Raum von enormer Bedeutung“, sagte der Landrat in Richtung Verkehrsminister Winfried Hermann. Doch Schauder sparte auch nicht mit Kritik, vor allem an der derzeitigen Situation beim Schienenverkehr. „Wir empfinden es als ernüchternd, wenn Bahnunternehmen uns vor vollendete Tatsachen stellen, indem aufgrund von Personalproblemen über Wochen und ohne Aufzeigen einer Perspektive Schienenersatzverkehre eingerichtet werden, die zum Teil so schlecht sind, dass es Schülern schlichtweg unmöglich ist, rechtzeitig zum Unterricht zu kommen“, mahnte er die Landesregierung an, ihr Mobilitätsversprechen einzulösen.
„Eine Verkehrspolitik, die sich nur auf die Städte konzentriert, vergisst die Hälfte des Landes“, so Winfried Hermann. Man könne nicht dieselben Maßstäbe an den ländlichen Raum anlegen wie an die Ballungsräume. Hermann lobte die Weitsicht des Main-Tauber-Kreises beim ÖPNV und der Gründung des VGMT vor 25 Jahren. Der Rufbus sei eine echte Alternative in den Randzeiten. Für den Verkehrsminister ist allerdings auch klar, dass das Auto im ländlichen Raum in den nächsten zehn bis 15 Jahren weiter eine wichtige Rolle spielen werde. Das große Ziel laute aber: „So viele Autos wie heute fahren, sollten in Zukunft nicht mehr fahren“. Deshalb müsse der ÖPNV ausgebaut werden mit intelligenten Systemen.
Nicht leicht umzusetzen
Die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Mobilitätsgarantie sei nicht leicht umzusetzen. Ziel müsse es aber sein, einen Halbstunden-Takt im ländlichen Raum einzurichten und einen Viertelstunden-Takt in Ballungsräumen. Ohne zusätzliche Einnahmen sei das aber nicht zu schaffen, gab Hermann zu bedenken. Die Landesregierung stelle derzeit ein Förderprogramm mit 25 Millionen Euro für die Einführung von „On Demand-Lösungen“ bereit, die eine wichtige Ergänzung von Linienbussen sein könnten. Er gab Landrat Schauder recht, dass die Schiene wieder zu alter Stärke ausgebaut werden müsse. Dafür seien aber schlankere Verwaltungen notwendig, wie sie derzeit bei der Deutschen Bahn nicht anzutreffen seien. „Bahnhöfe müssen die schönen, einladenden Tore zum Schienenverkehr werden“, forderte der Minister.
Wie der Verkehr der Zukunft aussehen könnte, darüber referierte Professor Dr. Heiner Monheim. Der Verkehrsexperte berät heute Kommunen und Kreise bei der Umsetzung innovativer Konzepte. Es sei erschreckend, dass das noch 1920 sehr dichte Streckennetz der Eisenbahn in Deutschland in den letzten Jahren regelrecht ausgedünnt worden sei. Jährlich würden in Deutschland 500 Kilometer Schiene stillgelegt. Diesen Trend müsse man umkehren. Die Bahn sei „marginalisiert“ worden und man habe dem Autoverkehr den Vorrang gegeben, mit katastrophalen Folgen, denn Mittel- und teilweise auch Oberzentren hätten keinen Zugang zum Schienenverkehr mehr.
Das habe nicht nur Folgen für den Personenverkehr, sondern besonders für den Güterverkehr. Wer die ehrgeizigen Klimaziele wirklich erreichen wolle, müsse auf die Schiene setzen. Hier gebe es schon flexible Systeme im Angebot, die individuell auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten seien. Verbesserungspotential sieht Monheim in der Nahmobilität. Um den ÖPNV attraktiver zu machen, empfiehlt der Fachmann mehr Haltestellen einzurichten.
„Kombibusse“ denkbar?
Für den ländlichen Raum sollen in Zukunft „Kombibusse“ sowohl den Personenverkehr, als auch den Güterverkehr in der näheren Umgebung übernehmen. „Den Flexiblen und Kombinierern gehört die Zukunft“, schrieb er den Verantwortlichen der VGMT ins Stammbuch. Der „Mikro ÖPNV“ habe eine große Zukunft, auch auf dem Land. Dafür könne man auch die digitalen Endgeräte nutzen, man muss nur wollen.
Einen Rückblick auf die Entwicklung des VGMT hielt Sebastian Seitz. Unter dem Motto „25 Jahre miteinander abgestimmte, konstruktive Arbeit“ berichtete er von vielen Verbesserungen seit der Einführung des gemeinsamen Buslinienverkehrs. Dieser sei immer vom Weitblick und dem Schauen über den eigenen Tellerrand geprägt gewesen. Seitz hatte einen guten Einblick, denn zehn Jahre war er selbst einer von drei Geschäftsführern des VGMT. Heute seien es Thorsten Haas und Dezernentin Ursula Mühleck. Immer wieder wechselten die Besitzverhältnisse bei der Gesellschaft, bis der Landkreis 2018 komplett die Geschäftsführung übernommen habe. Ein weiterer Meilenstein sei 2003 die Anbindung in den VRN (Verkehrsverbund Rhein-Neckar) gewesen. Seitdem könne man mit einer Fahrkarte in einem Verbund bis an die französische Grenze fahren. Aktuell sei man stolz auf moderne Busse und viele motivierte Fahrer. Die gelte es aber besonders zu schützen, bat Seitz. Die Verrohung der Gesellschaft mache auch vor den Busfahrern nicht halt. Sie seien immer öfter Übergriffen der Fahrgäste ausgesetzt, ein absolutes No-Go.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/lauda-koenigshofen_artikel,-lauda-koenigshofen-lobende-worte-fuer-weitsicht-des-kreises-_arid,1969176.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/lauda-koenigshofen.html
[2] https://www.fnweb.de/orte/bad-mergentheim.html
[3] https://www.fnweb.de/orte/wertheim.html