Heute geht es um große Menschen, um Leute wie Elon Musk oder Xi Jinping, die mir – manchmal – eine große Hilfe sind. Zunächst aber zu anderen Dingen des Lebens. Ich weiß ja nicht, ob das allen so geht, aber ich vermute es. Es gibt da so Dinge im Alltag, die von langer Hand geplant scheinen, an denen viele Leute mitdenken – und doch finden sich fatale Fehler, ergo: Die Sache funktioniert nicht. Stuttgart 21. Berliner Großflughafen. Olaf Scholz als Kanzler-Kandidat. Frieden in Nahost. Die Zuversicht von Robert Habeck auf Plakaten (ich bekomme eher Mitleid, wenn ich in sein Gesicht blicke).
Eine Nummer kleiner? In so mancher Metropolitaner-Tram hört man in etwa diesen Spruch: „Wir bitten sinnes- und mobilitätseingeschränkte Fahrgäste, den vorderen Zugteil zu nutzen. Im hinteren Zugteil ist an vielen Haltestellen ein barrierefreies Verlassen der Bahn nicht möglich.“
Ich stelle mir vor: Ich säße – was ich im Gegensatz zu Donald Trump (noch) nicht bin – sinnes- und mobilitätseingeschränkt im hinteren Zugteil, hörte die unsexy Roboterstimme den Spruch aufsagen und dächte: „Mist, hätte die das mal vorher gesagt! Jetzt sitze ich ja schon hinten.“ Ich müsste dann, um den barrierefreien vorderen Zugteil zu nutzen, erst mal die Barrieren des nichtbarrierefreien Ausstiegs überwinden. Das Problem: Während dieser existenziellen Zustandsänderung drückt der Tramfahrer („Monn, isch habb schunn widda Vaschpeedung!“) wohl auf die Tube. Tschüs.
Danach säße ich sinnes- und (rnv-)mobilitätseingeschränkt an der Bahnsteigkante, betete, dass heute überhaupt noch eine Bahn kommt und wäre um eine Erkenntnis reicher: Die Steigerung von mobilitätseingeschränkt lautet: rnv (während rnv für „ruhig noch ’ne Viertelstunde“ steht).
Zum Ende des Geschäftsjahres 2023 beschäftigte die rnv übrigens 2340 Leute (ohne Azubierende, Studierende, Praktikandierende, Mitarbeitende in Altersteilzeit-Freiphase oder ruhenden Arbeitsverhältnissen). Jetzt suchen sie den 2341. Menschen – einen mit Empathie, der mitfühlt, wie mobilitäts- und sinneseingeschränkte Leute sich bei der Sache fühlen?
Im Ernst: Es gibt so viele kleine Nickligkeiten. Autofahrer, die den Geh- oder Radweg zuparken (ich würde gern mal sehen, was die sagen, wenn ich mein Fahrrad mitten auf der Autobahn parke), Leute, die einen eiskalt an der Kasse überholen, wenn eine weitere aufmacht, oder Leute, die ihre gottverdammten Köter überall Exkremente unterschiedlichen Aggregatszustands verteilen lassen. Das alles ist aber, auch wenn es ein System namens Egoismus hat, nicht so schlimm, ist es doch nicht von 2340 Menschen erdacht.
Alya sagt immer, ich solle mich nicht über Pillepalle aufregen, wir litten auf hohem Niveau. Aber die einzige Art, mich nicht über Pillepalle aufzuregen, ist es, mich über Megabombastisches aufzuregen. Dabei helfen mir Sahra Wagenknecht, Mark Zuckerberg, Xi Jinping, Alice Weidel oder, ja, Donald Trump. Das sind einfach richtig coole Typen, die mir helfen, meinen Alltag zu meistern. Ich bin mir auch sicher: Die würden mich nie einfach so an der Kasse überholen.
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