Mannheim. Das Mannheimer Energieunternehmen MVV findet einfach keinen Nachfolger für Georg Müller. Am Donnerstag informierte der Konzern die Öffentlichkeit in einer dünnen Pressemitteilung, dass der Vorstandsvorsitzende bis zum 31. März 2025 im Amt bleiben wird.
"Herr Dr. Müller wird dem Unternehmen damit auch bei der am 14. März 2025 in Mannheim stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung zur Verfügung stehen", heißt es in der Pressemitteilung. Müller hatte am 13. Mai für einen Paukenschlag gesorgt, als er dem Aufsichtsrat mitteilte, dass er Ende des Jahres vorzeitig aus seinem Vertrag ausscheiden will. Die Suche nach einem Nachfolger verläuft aber dem Vernehmen nach ziemlich zäh.
Davon ist in der Pressemitteilung natürlich keine Rede. Dort heißt es nur lapidar: "Vor dem Hintergrund des laufenden Auswahlverfahrens für eine Nachfolgeregelung haben der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Oberbürgermeister Christian Specht, und der Vorsitzende des Vorstands, Dr. Georg Müller, vereinbart, dass dieser sein Mandat im Vorstand der MVV Energie AG nicht wie ursprünglich vorgesehen zum Jahresende 2024, sondern mit Wirkung zum Ablauf des 31.03.2025 beendet und drei Monate länger für das Unternehmen tätig sein wird." Dass das Mannheimer Unternehmen einen Nachfolger für Müller gefunden hat, dieser aber zum Beispiel nicht aus seinem Vertrag rechtzeitig herauskommt, ist eher unwahrscheinlich. Das hätte man dann bestimmt in der Pressemitteilung auch so kommuniziert.
Schwierige Suche nach einem Nachfolger
Das Unternehmen will Müllers Posten offensichtlich nicht intern besetzen, wie das zum Beispiel das Karlsruher Energieunternehmen EnBW nach dem abrupten Chefwechsel im März noch am selben Tag gemacht hatte. Bei einer internen Lösung hätte sich Technik-Vorstand Hansjörg Roll aus mehreren Gründen aufgedrängt. Er verantwortet den Bereich, mit dem der Konzern das meiste Geld verdient.
Roll war außerdem lange Jahre Aufsichtsratsvorsitzender beim Grosskraftwerk Mannheim (GKM) und sitzt noch immer in dem Gremium als einfaches Mitglied. Damit ist Roll auch ein Spezialist beim Thema Wärmewende. Ab 2030 will die MVV ja keine Steinkohle mehr aus dem GKM für die Fernwärme beziehen. Das größte Argument für Roll: Er hatte Müller 2022 wegen dessen krankheitsbedingter Auszeit immerhin ein halbes Jahr vertreten. Allerdings gibt es auch eines gegen ihn: Roll ist Jahrgang 1965 und damit auch nur wenig jünger als Müller.
Angesprochen auf die Personalie geben sich die Protagonisten seit Monaten eher wortkarg. Anfang August sagte ein Sprecher der Stadt Mannheim auf Anfrage nur: „In dem laufenden Prozess können interne als auch externe Kandidaten jeglichen Geschlechts infrage kommen.“ Wie lange dieser Prozess dauern würde, wollte oder konnte der Sprecher nicht verraten und verkündete nur eine Selbstverständlichkeit: „Über das Ergebnis wird die Öffentlichkeit informiert, sobald der beziehungsweise die neue Vorstandsvorsitzende feststeht.“
Wilde Spekulationen: Eine Spur führte nach Offenbach
Auch andere Quellen wissen nichts Genaues zu berichten. Und wenn es nichts zu berichten gibt, schießen die Spekulationen ins Kraut. Zum Beispiel führte eine Spur angeblich an den Main. Christoph Meier ist seit 2017 CEO bei der Energieversorgung Offenbach AG – die MVV ist dort Mehrheitsaktionär.
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Den Aufsichtsrat leitet Georg Müller, der nach seinem angekündigten Abtritt mitgeteilt hatte, dass er „aktiv dazu beitragen wolle“, den Staffelstab weiterzugeben. Und weil Meier eine berufliche Vergangenheit bei der MVV hat und in Offenbach wie Müller für die Finanzen zuständig ist, hätte sein Profil wie die Faust aufs Auge gepasst. Zumal er auch deutlich jünger als Roll ist. Doch Gerüchte sind eben nur Gerüchte. Christoph Meier bleibt in Offenbach.
Seit Monaten herrschte jedenfalls Funkstille. Dabei hatte Mannheims OB Specht – die Stadt hält die Mehrheit der MVV-Aktien – nach dem Paukenschlag mitgeteilt, dass die notwendigen Schritte für die Suche nach Müllers Nachfolger bereits eingeleitet seien. Aber es hat sich bis jetzt nichts getan, wie die Verlängerung des Müller-Mandats belegt. Dies nährt den Verdacht, dass die MVV keinen Plan B in der Tasche hatte. Das ist verwunderlich, weil Müller ja schon seit 2009 im Amt ist.
Die Spekulationen über seinen Gesundheitszustand waren immer wieder Gesprächsstoff in der Stadt – spätestens seitdem er wegen einer „klinischen Behandlung“ aussetzen musste. Müller verlängerte zwar 2023 seinen Vertrag bis 2028, aber er konnte die vereinbarte Ausstiegsklausel jedes Jahr ziehen. Das macht kein CEO, wenn er unter allen Umständen bis zum letzten Tag im Amt bleiben will. Der Übergang wäre womöglich reibungsloser abgelaufen, wenn das Unternehmen einen Nachfolger im eigenen Haus aufgebaut hätte, der Müllers Erbe bis ins nächste Jahrzehnt mit großer Energie fortsetzen könnte.
Müllers Nachfolger übernimmt keinen einfachen Job
Der neue Mann - wenn er irigendwann gefunden ist - übernimmt jedenfalls keinen einfachen Job. Er sollte sich natürlich auch ein wenig mit Finanzen auskennen. Das ist aber das kleinere Problem. Als Georg Müller nach Mannheim kam, verdiente die MVV noch mit dem traditionellen Geschäft ihr Geld. Also als Energielieferant an die Privatkundschaft und die Unternehmen. Inzwischen dreht die MVV ein viel größeres Rad. Der Konzern baut Wind- und Solaranlagen im kleinen und großen Maßstab. Die Angebotspalette ist umfangreich.
Außerdem engagiert sich die MVV auch im Ausland. Und dann sind da noch die Aktionäre. Die Mehrheit im Unternehmen, das 1993 als erster kommunaler Energieversorger in Deutschland an die Börse ging, hält die Stadt.
Die freut sich über die Ausschüttungen, mit denen sie Löcher im Haushalt stopfen kann. Andererseits würde sie vielleicht auch gerne Haushalte an die Fernwärme anschließen, bei denen die MVV aber sagt: Das ist nicht wirtschaftlich. Und die privaten Aktionäre wollen natürlich eine fette Dividende haben. Das alles muss ein Vorstandschef gut ausbalancieren. Georg Müller ist das bisher hervorragend gelungen. Es wäre deshalb fatal für die MVV, falls niemand diese Lücke richtig schließen könnte. Doch erst einmal muss der Posten ja überhaupt besetzt werden.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Kommentar Blamage: Die Mannheimer MVV findet keinen Nachfolger für Georg Müller