Eishockey

Marc Michaelis: Der Adler-Kapitän lässt seine Mitspieler glänzen

Ein Mannheimer zurück in Mannheim - nicht nur wegen seiner Verbundenheit zur Kurpfalz gilt Marc Michaelis als Königstransfer. Die Übersicht des neuen Adler-Kapitäns auf dem Eis spricht für sich

Von 
Christian Rotter
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Marc Michaelis vor dem Schwetzinger Schloss. © Daniel Bamberger, Der Bildjaeger

Mannheim. Dallas Eakins nutzte einen Begriff aus dem Baseball, um den Wert von Marc Michaelis für die Adler Mannheim zu verdeutlichen. „Das war ein Homerun“, sagte der Trainer und Sportmanager, als der überraschende Königstransfer des Clubs im Mai unter Dach und Fach war. Michaelis und die Adler - das lag auf der Hand. Der Stürmer wurde in Mannheim geboren, durchlief bei den Blau-Weiß-Roten alle Nachwuchsstationen. Irgendwann würde er bestimmt für seinen Heimatverein spielen. Aus irgendwann wurde jetzt, obwohl Michaelis eigentlich noch für eine weitere Saison beim EV Zug in der Schweiz unter Vertrag stand.

Erfolgreich mit den Jungadlern: Marc Michaelis (l.) feiert mit Patrick Kurz die Meisterschaft 2014. © Sörli Binder

Michaelis ist gut erzogen, er begegnet jedem mit einem Lächeln. Es liegt ihm fern, schmutzige Wäsche zu waschen. Und so will dem neuen Adler-Kapitän auch kein schlechtes Wort über seine Zeit in der Schweiz über die Lippen kommen. Hart seien die Jahre nicht gewesen, zumal er bei den SCL Tigers mit 39 Scorerpunkten aus 45 Partien auch eine glänzende Europa-Rückkehr feierte. In Zug blieben seine statistischen Werte auf einem hohen Niveau, doch Michaelis fühlte sich nicht richtig wertgeschätzt, obwohl er selbst das so nie sagen würde.

Um niemanden zu verletzen, wählt er stattdessen diese Worte: „Bis ins vierte Viertelfinalspiel habe ich in der zweiten Reihe und im zweiten Powerplay gespielt. Erst danach wurde versucht, mich in die erste Formation zu integrieren. Ich durfte im Team über einen langen Zeitraum zu wenig Verantwortung übernehmen.“

Vertragsauflösung in Zug ebnet den Weg zurück in die Heimat zu den Adler Mannheim

Michaelis kam ins Grübeln. Er überdachte seine Situation und lotete Alternativen aus. Die Adler bekamen das mit und nahmen Kontakt zu ihm und seinem Arbeitgeber auf. Im Mai erfolgte dann die Auflösung des Vertrags in Zug, was den Weg zurück in die Heimat freimachte. Michaelis gefiel die Wertschätzung, die ihm die Adler und Eakins entgegenbrachten.

Der Coach flog extra aus Kalifornien nach Deutschland, um sich in Mannheim mit dem begehrten Angreifer und seiner Verlobten zu treffen. Sie sprachen über die Rolle, die Michaelis bei den Adlern übernehmen soll, dass er zu einem Gesicht des Clubs werden kann. Es ging aber nicht nur um Eishockey. „Ich habe es als große Geste empfunden, dass Dallas extra gekommen ist. Er hat Fingerspitzengefühl und Verständnis für meine Situation gezeigt“, betont Michaelis.

Kurzgastspiel bei den Adlern in der Saison-Vorbereitung 2020: Marc Michaelis (l.) mit Matthias Plachta. © Sörli Binder

Viel Zeit, um die Rückkehr zu feiern, hatte Michaelis zunächst nicht. Für ihn stand die Abreise nach Tschechien an. Bei der WM qualifizierte er sich mit der Nationalmannschaft souverän fürs Viertelfinale, in dem das Aus gegen die Schweiz folgte. Vor allem zum Auftakt der Titelkämpfe zeigte der Angreifer, der sich auf der Centerposition am wohlsten fühlt und über einen guten Hockey-IQ verfügt, seine Klasse. Mit Yasin Ehliz und Leo Pföderl an seiner Seite stellte er zunächst die produktivste deutsche Reihe. Hinten raus wurde aber auch für Michaelis die Luft etwas dünn.

Trotz einer langen Saison, die für ihn erst Ende Mai beendet war, gönnte sich der 29-Jährige nur eine kurze Pause, um die Akkus aufzuladen. Nach einem Urlaub stand er schon Anfang Juli wieder auf dem Eis. „Ich habe immer ein bisschen Paranoia, dass ich mich nicht gut genug auf eine Saison vorbereite“, erklärt er. Anders ausgedrückt: Michaelis ist jemand, der mit einer tadellosen Arbeitseinstellung vorangehen will und sich nicht mit der Rolle eines Mitläufers zufriedengibt.

Dass er immer bereit ist, mehr zu tun, hat Michaelis in seiner bisherigen Karriere nachdrücklich gezeigt. Er gab sich nicht damit zufrieden, nur auf die Karte Eishockey zu setzen, sondern baute sich ein zweites Standbein auf. An der Minnesota State University in Mankato studierte er Finanzwesen, als Kapitän seiner College-Mannschaft gelang ihm der Sprung in die NHL. Mit seinen 15 Einsätzen für die Vancouver Canucks hatte er 2021 ein Ziel erreicht, am Ende seiner Träume sah sich Michaelis aber noch nicht.

Wichtiger Bestandteil der Nationalmannschaft: Marc Michaelis (l.) bei der WM 2024 gegen den Letten Ralfs Freibergs. © Pryèek Vladimír/dpa

Auch, weil sein NHL-Debüt in die Corona-Zeit fiel und die großen Stadien leer blieben. „Ich kann jetzt sagen, dass ich ein NHL-Spieler bin, war aber nie jemand, der sich mit dem zufrieden gibt, was er erreicht hat“, sagte der Linksschütze im Juli 2021 im Interview mit dieser Redaktion und ergänzte: „Mein ganzes Augenmerk liegt nun auf dem nächsten Schritt, den ich gehen will - und das ist ein Stammplatz in einem NHL-Club.“

Anfang 2023 entdecken Ärzte bei Michaelis ein Blutgerinnsel in der Vene unter dem rechten Schlüsselbein

Es kam anders. Nach einem Jahr beim AHL-Club Toronto Marlies brach Michaelis seine Zelte in Nordamerika ab und wechselte in die Schweiz. Nach einer starken Saison in Langnau, als er mit den beiden Finnen Aleksi Saarela und Harri Pesonen punktbester Spieler der SCL Tigers war, folgte der nächste Rückschlag, der ihn sogar an den Rand des Karriereendes brachte.

Im Frühjahr 2023 entdeckten die Ärzte eine Thrombose bei Michaelis, ein Blutgerinnsel in der Vene unter dem rechten Schlüsselbein, das operativ entfernt werden musste. Die Sache ging nicht ohne Komplikationen über die Bühne, weitere Operationen folgten. Am Ende war der Blutpfropfen entfernt. Aber auch ein Stück Rippe. Michaelis will eigentlich nicht zurückblicken, wird damit aber oft konfrontiert und nennt es „eine harte Zeit“.

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Michaelis konzentriert sich nicht darauf, was in der Vergangenheit war, sondern was die Zukunft bringt. „Marc wird ein großer Teil unseres Teams sein und bringt Führungsqualitäten mit. Er ist ein junger Mann, der seine Mitspieler inspiriert. Es gibt keinen, der besser in unsere Gemeinschaft passt“, sagt Eakins über den Center, der seinen Vater als seinen größten Fan bezeichnet.

Um zu begreifen, was es der Familie Michaelis bedeutet, dass der Sohn künftig für Mannheim stürmt, erzählt Marc eine Anekdote aus der Schweizer Zeit: „Am zweiten Weihnachtsfeiertag hatte ich kein Spiel mit Zug, ich habe mich mit meinen Eltern zum Essen getroffen. Auf einmal habe ich den markanten Adler-Schrei gehört, weil mein Vater die App des Clubs auf seinem Handy hat.“

In der Schüler-Bundesliga für den Mannheimer ERC mit Leon Draisaitl und Dominik Kahun

Alle, die es mit den Adlern halten, hoffen, dass künftig Michaelis den Torjubel oft auslösen wird. Wobei: Das mit dem Toreschießen ist so eine Sache. „Ich würde mich als selbstlosen Spieler beschreiben. Ich bevorzuge den Pass vor dem Schuss“, hat Michaelis kein Problem damit, seine Nebenleute mit punktgenauen Zuspielen glänzen zu lassen. Eakins drückt es so aus: „Mit Marc haben wir einen Angreifer dazugeholt, der seine Mitspieler in eine Position bringen kann, damit diese besser finishen können.“

Es müssen ja nicht direkt die Werte aus der Saison 2010/11 sein. Damals kam Michaelis für den Mannheimer ERC in der Schüler-Bundesliga zusammen mit Leon Draisaitl und Dominik Kahun in nur 35 Spielen auf 537 Scorerpunkte. Ein Jahr später holte das Trio mit den Jungadlern den Titel in der Deutschen Nachwuchs Liga. Das Finale wurde damals in der großen Halle der SAP Arena ausgetragen. Michaelis hätte nichts dagegen, wenn sich diese Geschichte wiederholt.

Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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