Fechten

Leute im Fechten am Werk, „die keine Ahnung haben“

Ehemalige deutsche Topathleten sehen den DFeB in einer Talsohle, aus der es nur schwer einen Ausweg geben dürfte. „Viele Länder haben uns überholt“

Von 
Klaus T. Mende
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Die erfolgreichen Degenherren von LA mit (von links) Pusch, Borrmann, Fischer, Nickel und Heer. © Archiv Pusch

Lange waren die deutschen Fechter bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften wahre Medaillengaranten. Für die Puschs, Behrs, Borrmanns und Co. ging’s im Vorfeld in aller Regel lediglich darum, welche Farbe das Edelmetall denn haben würde. Doch diese glorreichen Zeiten scheinen erst mal vorbei. Der DFeB befindet sich im internationalen Vergleich nämlich im steilen Sinkflug. Und bei ihrem Jubiläum 40 Jahre Olympia in LA ließen die ehemaligen Aushängeschilder des FC Tauberbischofsheim kaum einen Zweifel daran, dass sich daran auf absehbare Zeit auch nichts ändern dürfte.

Früher eine Kunst

„Früher war Fechten eine Kunst, inzwischen wird es hingegen immer banaler. Im Vergleich zu heute haben wir einst in vollen Hallen trainiert – an Wochenenden, an Weihnachten, zu vielen Zeiten“, meint Jahrhundertfechter Alexander Pusch. „Ich sehe allgemein den deutschen Sport in einer Notlage. Denn es kommt zu wenig Unterstützung vom Bund. Es müsste viel mehr Geld in die Sportförderung reingeschossen werden“, um eine Trendwende zu vollziehen.

Schnell Punkte machen

Volker Fischer war zweimal bei Olympia. „Was ich sah, hat mit dem Fechten, das wir lernten, nicht mehr viel zu tun. Wir haben stets versucht, über die Technik den Gegner zu beherrschen. Heute geht es nur noch um Athletik und darum, so schnell wie möglich den Punkt zu machen.“ Diesen Trend bedauere er sehr. Und um Selbigen umzukehren, müssten wieder gute Fechtmeister in den Hallen stehen, die in der Lage seien, diese Technik zu vermitteln. „Wenn ich aber ehrlich bin, glaube ich nicht, dass man in Deutschland wieder die Kurve kriegt.“ Denn es gebe keine qualifizierte Ausbildung mehr an der Trainerakademie in Köln. „Und wenn sie nicht wieder eingeführt und den Absolventen später eine Perspektive geboten wird, dann wird man es nicht mehr schaffen.“

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Klaus T. Mende
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„Einige wenige Menschen können viel bewegen“, so die Auffassung von Rafael Nickel. „Es braucht wieder solch eine zentrale Person wie Emil Beck damals in Tauberbischofsheim.“ Er hoffe, dass sich jemand finde, der den deutschen Fechtsport wieder aus dem Dornröschenschlaf holt.

Über Situation betrübt

Elmar Borrmann ist „betrübt“, dass all das, was unter Emil Beck am OSP in der Kreisstadt aufgebaut wurde, „von Leuten kaputtgemacht wurde, die keine Ahnung haben.“ Bis solch eine Sportart wieder nach oben kommt, dauere es zehn Jahre und mehr. Und dann sei es aber unabdingbar, dass die einzelnen Waffengattungen in Stützpunkten schwerpunktmäßig unterrichtet werden.

Ein würdiger Nachfolger von Beck, so Borrmann weiter, hätte seinerzeit noch einiges bewegen können – wenn denn rechtzeitig die Weichen gestellt worden wären.

„Doch schnell kamen sie alle aus ihren Löchern gekrochen, jeder hat sein eigenes Dinge gemacht und dann ist alles zersplittert.“ Darüber hinaus habe plötzlich jeder Coach selbst bestimmen wollen, wen er, was er und wie viel er trainiere. „Ich bin einerseits traurig über diese Entwicklung. Aber andererseits ist es so, wenn heute im Fechten die Erfolge fehlen, denkt man umso mehr an unsere Erfolge von damals gern zurück.“

Oft gerieben

„Die damalige DFeB-Präsidentin Erika Dienstl und Emil Beck haben sich damals oft gerieben. Aber beide arbeiteten erfolgsorientiert, waren bereit, vieles zu tun und Gelder zu akquirieren. Solche Aktivitäten fehlen im Moment“, sinniert Matthias Behr. Er sehe nicht sehr hoffnungsvoll nach vorn, denn auch für den „Langen“ brauche es jemand, der die Ärmel hochkrempele, dazu mehr finanzielle Unterstützung sowie ein schlüssiges und durchdachtes Konzept, das professionell umgesetzt werde. „Viele Länder haben uns mittlerweile überholt.“

„Ich amüsiere mich immer etwas, wenn Fechterinnen heute gefragt werden, warum sie denn erfolgreich seien, und sie antworteten, weil sie mit den Jungs trainierten. Das haben wir schon 1984 gemacht. Dieses Rad muss also nicht neu erfunden werden“, meint Florettistin Zita Funkenhauser.

System durchbrochen

Das Problem sei, dass der DFeB vor geraumer Zeit dieses erfolgreiche System durchbrochen habe, anstatt sich zurückzuerinnern, worauf die damaligen Erfolge basierten. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht die Hoffnung, dass wir aus dieser Talsohle herausfinden. Viele Entscheidungen, die auf Bundes- und Landesebene getroffen werden, sind nicht mehr nachvollziehbar.“

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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