Jugend

Ein neuer Modus und viele, viele Gedanken

Der Badische Fußball-Verband reformiert den Junioren-Spielmodus, um den Amateurfußball im Odenwald zu stärken.

Von 
Michael Fürst
Lesedauer: 
Auch die C-Junioren der JSG Erftal bereiten sich auf die neue Runde und damit den neuen Spielmodus vor. © Michael Fürst

Wer sich um die Zukunft des Amateurfußballs bei den Frauen und Herren sorgt, muss bei den Junioren etwas verändern. Diese Erkenntnis reifte während der vergangenen Monate beim Badischen Fußball-Verband vor allem für den Bereich Odenwald (Kreise Tauberbischofsheim, Buchen und Mosbach). Die seit Jahren zurückgehenden Mannschaftsmeldungen bei A-, B- und C-Juniorenmannschaften haben zur Folge, dass immer weniger Seniorenspieler „oben“ ankommen. Ein Beispiel: In der C-Junioren-Landesliga Odenwald waren in der Saison 2024/25 nur noch fünf (!) Mannschaften gemeldet. Die Rechnung bis zum „Exodus“ ist somit eine einfache.

Zur neuen Saison wird nun in diesen drei Altersklassen der Spielmodus angepasst. Rouven Ettner, Verbandsjugendleiter beim Badischen Fußball-Verband, formuliert das Ansinnen des zunächst einmal auf drei Saisons angesetzte Pilotprojekt so: „Der Fußball muss Spaß machen, und Spaß macht er, wenn gleichstarke Mannschaften gegeneinander spielen.“ Ziel sei es, die starken Spieler zu fordern und die schwächeren in „leistungshomogenen“ Klasse gegeneinander spielen zu lassen. „Wenn das funktioniert, gibt es den Gedanken, dieses Modell auf das gesamte Verbandsgebiet auszuweiten“, so Ettner.

Doch der Reihe nach. Das neue Modell, zu dem neben den Odenwald-Kreisen auch der Kreis Sinsheim gehört, funktioniert so: Während der Herbstmonate wird in jeweils vier regionalen Qualifikationsstaffeln (je vier in den Altersklassen A- und B-Junioren, fünf bei den C-Junioren) gespielt. Bei den A-Junioren qualifiziert sich jeweils der Meister für die Landesliga, die dann im Frühjahr 2026 ausgespielt wird. Dem Zweiten kann dies über die Relegation gelingen. Bei den B-Junioren qualifizieren sich die jeweils besten Drei für die Landesliga Odenwald/Sinsheim, ebenso bei den C-Junioren. Alle übrigen Mannschaften bleiben in dann regional neu einzuteilenden Spielklassen. Damit, und das ist das Hauptziel, würde man vor allem in der Rückrunde gegen recht gleichstarke Gegner antreten.

Als einzigen ins Feld zu führenden Nachteil sieht Rouven Ettner, dass Landesligisten im Frühjahr unter Umständen weitere Fahrtstrecken in Kauf nehmen müssen. „Aber die Grundstimmung ist positiv. 89 Prozent aller Vereine in diesem Gebiet sind der Meinung, dass das neue Modell helfen kann, den in den vergangenen Jahren ins Wanken geratenen Spielbetrieb nicht nur zu stabilisieren, sondern gleichzeitig noch attraktiver zu machen“, sagt Ettner.

In anderen Verbänden läuft es schon so oder ähnlich

Das Rad neu erfunden haben die Badener mit dieser Herangehensweise freilich nicht. In anderen Verbänden gibt es gleiche oder ähnliche Modelle, so auch in Württemberg, konkret im Bezirk Franken. Auch hier wird im Herbst in Qualifikationsstaffeln gespielt; die besseren machen dann in Leistungsstaffeln weiter, die eher Breitensport-orientierten Mannschaften „unten“ nach regionalen Aspekten. „Wir haben damit seit einigen Jahren gute Erfahrungen gemacht“, sagt Jochen Thalacker, Jugendspielleiter im Bezirk Franken. Einige Male sei zu beobachten gewesen, dass Teams in ihrer Region richtig gut sind, überregional dann aber an ihre Grenzen stoßen. Um die Fahrtstrecken möglichst zu minimieren, würden die Staffeln noch „weitgehend in den alten Bezirksgrenzen“ eingeteilt, erklärt Thalacker. „Insgesamt ist der Rückgang der Mannschaften bei uns nicht so ausgeprägt“, sagt er und fügt mit einem süffisant-sarkastischen Unterton an: „Bei den A-Junioren sind aber fast nicht mehr weniger Mannschaften möglich.“

Zurück nach Baden. Lars Schottenberger ist Trainer der C-Junioren des TSV Höpfingen. Er findet: „Das neue System löst sicher ein paar Problemchen.“ Er begrüßt es, dass so die guten Mannschaften den Aufstieg in die Landesliga nicht mehr verweigern können - so wie es in den vergangenen Jahren viel zu oft passiert sei. Schottenberger hat sich in einer sechsseitigen Ausarbeitung eingehend mit der Problematik im Junioren-Fußball befasst und je ein Exemplar seiner Arbeit an den Badischen Fußball-Verband und an den DFB geschickt. „Leider habe ich von keiner Seite eine Antwort erhalten“, sagt er.

Er moniert vor allem zwei Dinge, die er in seinem Schreiben als „schleichendes Ende des Fußballs als Breitensport“ bezeichnet: Erstens die Unlust einiger Vereine, aufsteigen zu wollen. „Die bleiben lieber in der Kreisliga und wollen dort den maximalen Erfolg als aufzusteigen und dort vielleicht das eine oder andere Mal Lehrgeld zu bezahlen“, sagt er und ergänzt: „Und das sorgt für maximalen Frust bei schwächeren Mannschaften, weil die dann regelmäßig hohe Niederlagen kassieren.“ Er fordert deshalb eine Aufstiegspflicht für die Meister - die ja nun mit dem neuen Modus gegeben sein sollte. Die Frage ist nun nur noch die, wie sich der Meister der Landesliga verhält. Den Schritt in die Verbandsliga wagten zuletzt wenige Odenwälder Mannschaften.

JSG nur in einem kommunalen Rahmen?

Das war das Eine. Lars Schottenberger moniert zudem die ausufernde Zusammenstellung von Spielgemeinschaften. „Für mich ist es fraglich, dass sich Vereine zusammentun, die hinsichtlich der Gemeindezugehörigkeit nichts miteinander zu tun haben. Als Beispiel nennt er Buchener Ortsteile mit Walldürn oder die JSG Erftal und die JSG Brehmbachtal. „Wenn solche Spielgemeinschaften dann noch den Aufstieg verweigern, macht mich das sprachlos.“ Und hier läge die Schuld ganz klar beim Verband. Er dürfe solch wahllose und nicht nachhaltige Spielgemeinschaften nicht dulden. Und wenn es solch große Zusammenschlüsse gäbe, dann müsste es erlaubt sein, eine dritte Mannschaft zu melden - was bisher verboten sei. „Dann wäre garantiert, dass auch die schwächeren Spieler zum Zug kommen“, sagt Schottenberger. Bei ihm im Verein kämpfe man um jeden Spieler. „Bei uns sind Jungs und Mädels aktiv, die woanders gar nicht auf dem Zettel stehen würden“, sagt er.

Lars Schottenberger hat aber kein sechsseitiges Pamphlet verfasst sondern auch Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt:

1. Grundsätzlich dürften keine Spielgemeinschaften genehmigt werden, wenn einer der beteiligten Vereine eine eigenständige Mannschaft stellen könnte. Die Vereine müssten verpflichtet werden, Listen mit allen spielberechtigten Kids pro Jahrgang vorzulegen – nicht gefilterte Mannschaftslisten. Somit könnte überprüft werden bzw. es müsste vom Verein über die Listen nachgewiesen werden, dass es für eine eigenständige Mannschaft nicht reicht. Große Vereine könnten in jeder Jugend problemlos mindestens eine eigenständige Mannschaft stellen. Somit wäre zunächst ausgeschlossen, dass mit weiteren kleineren Vereinen eine künstlich aufgeblasene SG gebildet wird. Kleinere Vereine dürften sich nach dieser Regelung also nach wie vor zusammenschließen, aber nur zu dem Zweck, überhaupt in die Lage zu kommen, eine ausreichend große Mannschaft stellen zu können.

2. Ausnahmen könnten genehmigt werden, wenn das Ziel ist: Aufstieg in die nächst höhere Spielklasse. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass eine große JSG in diesem Szenario zunächst die Kreisliga dominieren wird, dann aber auch in die nächst höhere Klasse aufsteigen muss. Wird allerdings der Aufstieg als Meister verweigert, so müsste dies zur Zwangsauflösung dieser JSG führen. Oder es müsste zumindest deutlich spürbare Konsequenzen haben, zum Beispiel Punktabzug in der neuen Runde oder Geldstrafe, aber nicht so weichgespült, dass man sie gerne in Kauf nimmt.

„Ob sich durch den neuen Spielmodus hinsichtlich meiner Forderung unter Punkt 2 etwas zum Besseren ändert, bleibt von meiner Seite abzuwarten“, sagt Schottenberger. Trotzdem nochmal deutlich: „Für unsere Kids und uns Trainer gab es bisher kaum etwas Frustrierenderes als gegen die großen JSGen weitgehend chancenlos zu sein, nur um mitzuerleben, dass diese den Aufstieg verweigern.“

Ein neuer Spielmodus und viele Gedanken. Klar dürfte allen Protagonisten sein, dass sich etwas ändern muss. Ein Anfang ist gemacht; weitere Schritte, um den Fußball für Kinder und Jugendliche wieder attraktiver zu machen, werden gewiss folgen. Nur so hilft man dem Amateurfußball im Seniorenbereich, weiterzuexistieren...

Ressortleitung Reporterchef und Leiter der Sportredaktion

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke