Widerstand wächst - Bürgerbegehren gegen den Bau von Windkraftanlagen am Standort Kornberg/Dreimärker / Unterschriften werden am 9. Januar übergeben

Bürgerinitiative will Beschlüsse kippen

Von 
Ralf Scherer
Lesedauer: 

Hardheim/Höpfingen. Eine wachsende Zahl an Bürgern in Hardheim und Höpfingen begehrt gegen den Bau von sechs Windkraftanlagen am Standort Kornberg/Dreimärker (Gemarkungen Bretzingen und Höpfingen) auf. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Nachdem eine Unterschriftenaktion mit 748 Unterzeichnern keinen nachhaltigen Eindruck auf die Ratsmitglieder der beiden Gemeinden hinterlassen hatte, wollen die Gegner des Projekts die Planungen nun mit einem Bürgerbegehren stoppen.

"Wenn Ihnen Demokratie wichtig ist, lassen Sie die Bürger über dieses wichtige Thema entscheiden", appellieren die Vertreter der "Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen im Gebiet Kornberg/Dreimärker" in einem Offenen Brief an die Gemeinderäte. In dem Schreiben, das den Bürgermeistern und Ratsmitgliedern der beiden Gemeinden seit Dienstag vorliegt, begründen stellvertretend Bernhard Berberich (Hardheim), Albrecht Reichert (Bretzingen), Dieter Popp (Höpfingen) und Annette Hartmann (Waldstetten) als Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens ausführlich ihre Vorbehalte hinsichtlich des geplanten Baus von Windrädern in dem genannten Areal.

Unabhängig von zahlreichen, detailliert beschriebenen Risiken für Mensch und Natur monieren sie eine mangelnde Transparenz der Verwaltungen und Kommunalparlamente. Relevante Entscheidungen seien hinter verschlossenen Türen gefallen, die Bevölkerung nur sporadisch und unzureichend mit Informationen versorgt und zu keinem Zeitpunkt eingebunden worden. "Hierdurch wurde die Öffentlichkeit außen vor gehalten", heißt es in dem Offenen Brief.

In der Sache selbst stören sich die Gegner des geplanten Windparks an der generellen Vorgehensweise der Beteiligten. Diese hätten unnötig schnell mit der Zeag Energie AG aus Heilbronn einen Vertrag abgeschlossen, noch bevor die naturschutzrechtliche Prüfung begonnen habe, geschweige denn abgeschlossen sei. Obwohl selbst strikte Windkraftbefürworter von allzu großer Eile abraten und stattdessen mehr Besonnenheit anmahnen würden. Schlimmer noch, sei das Energieunternehmen als Projektierer selbst mit der Verträglichkeitsprüfung beauftragt worden. "Was mag in einem solchen Fall wohl in einem Gutachten stehen?", fragen die Initiatoren der Bürgerinitiative in ihrem Schreiben und befürchten offenbar eine Art Gefälligkeitsgutachten.

Bereits im jetzigen Stadium würden Risiken tendenziell ausgeblendet. So verlasse sich die Zeag AG in Sachen Windhöffigkeit alleine auf die Daten aus dem Windatlas. Eine reale Windmessung sei nicht vorgesehen. "Das spricht nicht unbedingt für Seriosität", so die Kritiker. "Eine Entscheidung auf der Basis einer Ertragsprognose nach dem Prinzip Hoffnung ohne reale Grundlage halten wir für grob fahrlässig." Die Risiken hinsichtlich Kapitalsicherheit, Gewinnerzielung, Gewerbesteuer- und Pachteinnahmen sowie Rückbaukosten würden so in großen Teilen auf die am Windpark beteiligten Bürger und die Gemeinden verlagert.

Zu geringe Abstände

Abgesehen davon befürchten die Projektgegner eine Schmälerung der Lebensqualität der Anwohner etwa durch Infraschall oder die nächtliche Dauerbeleuchtung der 207 Meter hohen Anlagen. "Es liegen ausreichende Gründe vor, dass die Gesundheit der Bürger gegenüber den Schalleinwirkungen nicht ausreichend geschützt wird", betont die Bürgerinitiative und bezieht sich dabei auf den Facharzt für Arbeitsmedizin, Dr. Bernhard Voigt aus Gaggenau, der das Genehmigungsverfahren immissionsrechtlich als veraltet ansieht und größere Abstände zur Wohnbebauung fordert. Die geltenden Mindestabstände würden auf den früheren, viel niedrigeren Anlagen beruhen und seien deshalb auf heutige Windräder nicht übertragbar.

Als weiteren Kritikpunkt führt die Bürgerinitiative eine drohende Entwertung nahe gelegener Immobilien bis hin zur Unverkäuflichkeit an. Beispielsweise in Dänemark und England hätten die Regierungen diese Tatsache inzwischen anerkannt und betroffene Immobilienbesitzer entschädigt. Noch viel schwerer wiegt für die Projektgegner aber der aus ihrer Sicht massive Eingriff in die Natur. "Die Eigenart, Schönheit und der Charakter der Landschaft werden zerstört." Durch die Lage auf dem Rücken des Kornbergs und des Dreimärkers werde sich eine optisch erdrückende Wirkung ergeben. Die beruhigende und erholsame Wirkung des Anblicks einer sanften, bewaldeten Hügellandschaft werde zunichtegemacht und gleichzeitig der Lebensraum bedrohter Tierarten zerstört.

Unter dem Strich stehen für die Initiatoren des Bürgerbegehrens all diese Risiken in keinem Verhältnis zum prognostizierten Nutzen. "Lassen Sie sich nicht länger vor den Karren der angeblichen Umweltschützer und Klimaretter spannen, deren einziges Ziel es ist, schnell noch vor der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes satte Subventionen einzustreichen", appellieren sie deshalb in Richtung der Entscheidungsträger, den eingeschlagenen Weg zu verlassen oder mindestens zu korrigieren.

Mit ihrer Unterschrift auf den Listen der Bürgerbegehren haben nun alle wahlberechtigten Bürger bis 8. Januar, 18 Uhr, die Möglichkeit, dieser Forderung Nachdruck zu verleihen - oder aber durch ihre Nichtteilnahme den Kurs der Gemeindevertreter zu bestätigen.

Bürgerbegehren und Bürgerentscheid

  • Bürgerbegehren sind eine Form der direkten Einflussnahme der Bürger auf die Politik in ihrer Gemeinde. Sie können sich gegen Gemeinderatsbeschlüsse richten oder ein bestimmtes Vorhaben zur Abstimmung bringen.
  • Mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten ab 16 Jahren müssen das Bürgerbegehren mit ihrer Unterschrift unterstützen, damit es bei der Gemeinde eingereicht werden kann. Gemessen an den Wahlberechtigten bei den Kommunalwahlen im Mai 2014 wären also in Höpfingen 256 und in Hardheim 547 Unterschriften erforderlich. Die aktuellen Zahlen können geringfügig davon abweichen.
  • Da sich die Begehren gegen Gemeinderatsbeschlüsse richten, müssen sie spätestens sechs Wochen nach der Entscheidung des jeweiligen Kommunalparlaments eingereicht werden. Diese Fristen laufen in Höpfingen und Hardheim jeweils am 11. Januar ab.
  • Liegen genügend Unterschriften vor, müssen sich die Gemeinderäte in Hardheim und Höpfingen erneut mit dem Thema befassen. Halten die Gremien dann an ihren Entscheidungen fest, finden Bürgerentscheide statt.
  • Die Bürgerentscheide bieten den Wahlberechtigten die Möglichkeit, die Beschlüsse der Gemeinderäte endgültig zu kippen. Dazu müssen mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben und sich mehrheitlich für die Bürgerinitiativen aussprechen.
  • Kommt keine qualifizierte Mehrheit dafür oder dagegen zustande, müssen abermals die Gemeinderäte in der Sache entscheiden. rs

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten