Hardheim/Höpfingen. "Es ist unsinnig, genau das zu zerstören, was man erhalten will": Dieses Zitat des weltbekannten Bergsteigers Reinhold Messner durchzog die Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative "WindWahnSinn" am Montag in Hardheim wie ein roter Faden.
"Wir plädieren grundsätzlich für alternative Energiegewinnung, jedoch unter größtmöglichem Erhalt von Lebensräumen von Mensch und Tier". Und gerade den letzten Punkt sieht die Bürgerinitiative bei der geplanten Ausweisung des Windkraftstandorts "Kornberg/Dreimärker" zwischen Waldstetten und Bretzingen nicht berücksichtigt. Deshalb will sie ein Bürgerbegehren herbeiführen und einen Bürgerentscheid: "Die Bürger wurden bei dieser so einschneidenden Maßnahme leider nicht zur rechten Zeit einbezogen. Sie fühlen sich überfahren. Wo bleibt die Demokratie?", bemängelt die Initiative, betonte jedoch gleichzeitig, dass sie das nicht dem jetzigen Bürgermeister und dem neuen Gemeinderat in die Schuhe schiebe.
Und da die Gemeinden Hardheim und Höpfingen ihren Referenten nicht, wie zunächst zugesagt, an der Informationsveranstaltung der Kommunen am 2. Dezember auftreten ließen, organisierte die Bürgerinitiative eine eigene Informationsveranstaltung am Montag in der Erftalhalle. Diese fand mit über 600 und damit mehr als doppelt so vielen Besuchern deutlich größeres Interesse bei den Bürgern als die Gemeindeveranstaltung.
Unter den Anwesenden waren neben den Bürgermeistern von Hardheim und Höpfingen, Volker Rohm und Adalbert Hauck auch Hansjörg Jung, wissenschaftlicher Mitarbeiter der CDU-Landtagsfraktion für Luftraumangelegenheiten.
"Windkraft mit Vernunft" war die über dreistündige Veranstaltung überschrieben, in der vor allem die Auswirkungen auf Mensch und Tier beleuchtet wurden. Die Initiative hatte weder Kosten (bisher 2000 Euro) noch Mühen gescheut, um die Bevölkerung zu sensibilisieren und ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen. "Wir tun es nicht für uns, sondern für unsere Gemeinden", stellte deren Sprecher Albrecht Reichert eingangs nochmals deutlich heraus. Schließlich seien nicht nur die Bretzinger, sondern auch die Hardheimer, Höpfinger und Waldstettener gleichermaßen stark betroffen. Das sei wohl vielen Einwohnern bisher noch nicht klargeworden.
Windkraft bewegt. Und zwar nicht nur die Windräder, sondern auch die Menschen, wie die interessante, über dreistündige, sehr sachlich und informativ ablaufende Veranstaltung zeigte. "Nun liegt es an den Politikern, dass sie das Gehörte in ihre Entscheidungen einmünden lassen", so Albrecht Reichert.
Über die Argumente gegen den geplanten interkommunalen Standort (unter anderem Zerstörung der Natur und des Landschaftsbildes, Gesundheitsgefährdung, Entwertung der Immobilien, Verlust von Ruhe und Erholungswert und weitere Schwächung des ländlichen Raumes) berichteten die FN bereits ausführlich. Die wichtigsten Punkte (Wer sind wir? Was ist geplant? Was wollen wir?) und auch die Vorgeschichte rief Reichert zunächst nochmals kurz vor Augen. Anhand von Fotomontagen verdeutlichte er: "Diese Giganten (Nabenhöhe 159 Meter, während die Windräder bei Erfeld nur eine Flügelspitzenhöhe von 145 Meter haben) kann man nicht verstecken. Drei von vier Bürgern sehen die Windräder mehr oder weniger."
"Risiko wird auf Bürger verlagert"
Dem designierten Investor und Betreiber der Anlage, der Firma ZEAG aus Heilbronn, warfen die Standortgegner vor, dass keine realen Windmessungen geplant sind und sich das Unternehmen ausschließlich auf den Windatlas verlasse. "Das lässt den Schluss zu", so Albrecht Reichert, "dass es nur Einnahmen generieren möchte. Das Risiko wird auf die beteiligten Bürger und Gemeinden verlagert. Denn wenn die Rückbaubürgschaften nicht ausreichen oder der Betreiber insolvent ist, haften die Gemeinden."
Und obendrein, so bewiesen es zahlreiche Beispiele, würden in den meisten Fällen die finanziellen Versprechungen nicht eingehalten. Auch sei zu befürchten, dass neben den sechs geplanten Windrädern weitere Anlagen "nachgeschoben" werden könnten.
Reichert sprach von einer "optisch bedrückenden Wirkung. Das entspannende, erholsame, schöne Landschaftsbild wird zerstört und damit der wichtigste Pluspunkt der Region." Kein Verständnis zeigte er dafür, dass der Bau einer Holzhalle in einem Wasserschutzgebiet der Zone 3 nicht, der Bau von Windkraftanklagen aber erlaubt sei.
In der Fragerunde nach den Vorträgen meldeten sich zu vorgerückter Stunde nur noch wenige Anwesende zu Wort. Ein Bürger aus Bretzingen wollte wissen, wie viel Energie für ein Windrad von der Planung bis zum ersten Lauf benötigt wird. Rechne man mit einer Lebensdauer von rund 20 Jahren, so sei ein Windrad im Laufe seines "Lebens" in der Lage, diese Energie zu generieren, erklärte Referent Dr. Detlef Ahlborn.
Die Frage eines Höpfingers, welche Alternative es gebe, wurde letztlich nicht beantwortet. "Unsere Wirtschaft steht mit dem gesamten Planet im Wettbewerb", meinte Ahlborn. "Wir entziehen uns in Deutschland als große Weltverbesserer unserer wirtschaftlichen Grundlagen."
"Nicht jedes Denkmal müsste angeleuchtet werden", so der Vorschlag eines Hardheimers zur Energieeinsparung. Auf die Frage nach der Effizienz der Technologie der Stromspeicherung antwortete Ahlborn: "Es ist eine Gigantomanie, wir haben weder die Rohstoffe noch die Fläche, um riesige, effiziente Batterien zu bauen." Abschließend hinterfragte eine Ärztin die gesundheitlichen Auswirkungen und Studien.
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Bürgerbegehren wurde eingeleitet
Was die Bürgerinitiative "Wind-WahnSinn" möchte, fasste Albrecht Reichert wie folgt zusammen: "Hier geht es um gravierende Einschnitte für die Bürger und unsere Heimat und folglich haben wir auch ein Mitspracherecht." Die Anwesenden applaudierten. "Wir fordern die Einstellung der Planung und haben dazu ein Bürgerbegehren eingeleitet." Bereits beim Bockbierfest wurde eine erste Unterschriftenaktion gestartet, bei der 784 Unterschriften - nicht alle von Bürgern aus dem Gemeindegebiet - zusammenkamen. Alle Unterzeichner müssen allerdings jetzt, beim Bürgerbegehren, nochmals neu auf einer der offiziellen Listen unterschreiben, damit ihre Stimme zählt. Abgegeben werden können diese bis Donnerstag bei folgenden "Vertrauenspersonen" für Hardheim:
- Bernhard Berberich, Adalbert-Stifter-Weg 55, Telefon 06283/5460, und Albrecht Reichert in Bretzingen, Kapellenweg 9, Telefon 1888. Für Höpfingen: Dieter Popp, Eckwald 2, Telefon 06283/8421, und Annette Hartmann in Waldstetten, Schönstattstraße 18, Telefon 340.
- Weitere Ansprechpartner sind Dieter Berberich (Telefon 6055) und Karin Thoma (Telefon 72034) in Bretzingen. Unterschreiben dürfen Bürger ab 16 Jahren aus Hardheim, Höpfingen und ihren Ortsteilen.
Am Freitag, 9. Januar, um 11 Uhr sollen die Listen den Bürgermeistern von Hardheim und Höpfingen übergeben werden. Mit Hilfe eines Bürgerbegehrens können die Bürger direkt Einfluss nehmen auf die Politik. Die Gemeinderäte von Hardheim und Höpfingen müssen gegebenenfalls ihre Beschlüsse überdenken und neu abstimmen. Fällen sie keine Entscheidung, können die Bürger zur Abstimmung gerufen werden. Für das Bürgerbegehren sind Unterschriften von zehn Prozent der Einwohner erforderlich: 256 in Höpfingens und 547 in Hardheim. i.E.
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