Neckar-Odenwald-Kreis. „Irgendwann ist es auch mal gut.“ Ravensteins Bürgermeister Ralf Kilian wählt im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten deutliche Worte, als er über die Fortschreibung des Teilregionalplans Windenergie spricht. Dieser beschäftigt in diesen Tagen nahezu jede Kommune im Neckar-Odenwald-Kreis. Auch der Kreistag hat darüber schon emotional diskutiert (wir berichteten). Der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) soll nämlich Vorrangflächen für die Windkraft ausweisen, um die Klimaziele zu erreichen. Der Entwurf der Planung wurde jetzt öffentlich ausgelegt. Bis zum 13. Mai haben die Kommunen noch Zeit, Stellungnahmen bei der Verwaltung des Verbands Region Rhein-Neckar einzureichen.
Schaut man sich die Karte genauer an, erkannt man: Im Neckar-Odenwald-Kreis, dem äußersten Zipfel des Verbands Region Rhein-Neckar, sind überdurchschnittlich viele Flächen für Windenergie ausgewiesen. Insbesondere Ravenstein ist betroffen. Rund 25 Prozent der Gesamtfläche der Stadt sollen als Vorrangfläche für Windenergie und PV-Anlagen bereitgestellt werden. Das bedeutet, dass in diesen Gebieten eine andere Entwicklung, beispielsweise für Wohnen oder Gewerbe, kaum möglich sein wird. Für Ralf Kilian ist dadurch eine Grenze erreicht, die er so nicht hinnehmen möchte. Diese Forderung unterstrich auch Landrat Dr. Achim Brötel, einer der Vertreter des Neckar-Odenwald-Kreises in der Verbandsversammlung des VRRN, in der Kreistagssitzung vor rund zwei Wochen. Es müsse vermieden werden, dass einzelne Gemeinden durch Vorranggebiete und den in der Folge zu erwartenden Windkraftausbau in besonders extremer Weise betroffen seien, sagte er Ende April.
Neckar-Odenwald-Kreis fordert Ausgleich für überproportionale Flächenbereitstellung
Beim Blick auf die Karte fällt außerdem auf, dass in den Ballungszentren rund um Mannheim kaum bis keine Flächen für Windenergie ausgewiesen werden. Es konzentriert sich hauptsächlich auf die ländlichen Gebiete wie den Neckar-Odenwald-Kreis. „Wir sind bereit, einen flächenmäßig überproportionalen hohen Anteil für den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu tragen, sofern wir dafür an anderer Stelle einen Ausgleich erhalten“, sagte Dr. Brötel.
Der Landkreis hat sich in seiner Stellungnahme, die im Kreistag vorgestellt wurde, im Wesentlichen auf drei Punkte konzentriert: den Abstand zu Wohnflächen, die Kompensation der überproportionalen Flächeninanspruchnahme und Vermeidung von Extremfällen sowie die Berücksichtigung von Bestandsanlagen.
Warum bestehende Windräder nicht in das Flächenziel eingerechnet werden
Dass bestehende und geplante beziehungsweise schon genehmigte Windräder nicht in das Flächenziel eingerechnet werden, hat auch beim Walldürner Gemeinderat und in der dortigen Bevölkerung für Unmut gesorgt. Denn insbesondere die Windparks in Altheim wären davon betroffen. „Einzelne bestehende Anlagen wären eventuell aktuell nicht mehr genehmigungsfähig und sind daher aktuell nicht im Plan“, erklärt ein Sprecher des Verbands Region Rhein-Neckar dazu auf Nachfrage der Fränkischen Nachrichten. Der Landkreis halte es für wichtig, dass bestehende Anlagen umfassend berücksichtigt werden, da sie das Ergebnis einer tragfähigen Verständigung vor Ort seien, heißt es in der Stellungnahme, die der Kreistag verabschiedet hat. Die Vorleistung wäre nicht nur komplett entwertet, sondern auch der tatsächliche Flächenbeitrag einer Kommune wäre dann nicht mehr angemessen abgebildet.
Neben den Kritikern gibt es auch Befürworter der Fortschreibung des Teilregionalplans. Dazu zählt die Fraktion der Grünen. „Wir sind überzeugt, dass wir die Energiewende jetzt brauchen“, erklärt Kreisrätin Amelie Pfeiffer im Gespräch mit den FN. Ihre Fraktion hat der Stellungnahme im Kreistag nicht zugestimmt. „Es hat uns geärgert, dass der Entwurf der Stellungnahme schon öffentlich im Bürgerinformationssystem eingestellt war, bevor der zuständige Ausschuss darüber nicht-öffentlich beraten hat“, erläutert sie. Das hätte man ihrer Meinung nach anders lösen können.
Viele Punkte der Stellungnahme könnten die Grünen jedoch mittragen. „Wir finden es auch wichtig, dass wir einen Ausgleich dafür bekommen, dass wir überproportional viel Fläche zur Verfügung stellen“, sagt Pfeiffer. Sie halte es nicht für richtig, dass man die Akzeptanz in der Bevölkerung an einem Mindestabstand von 1000 Metern festmache. „Es ist viel wichtiger, die Bürger mitzunehmen“, betont Pfeiffer. In Buchen sei das gut gelungen.
Landkreis und Ravensteins Bürgermeister Kilian hoffen auf Kompromiss
Außerhalb des Wahlkampfs wäre eine solche Stellungnahme vorab in der Runde der Fraktionsvorsitzenden besprochen worden, ist die Kreisrätin überzeugt. Das sei nicht geschehen. „Wir hätten sicherlich einen Kompromiss gefunden, der wurde aber nicht gesucht“, bemängelt Pfeiffer.
Auf einen Kompromiss hoffen auch der Landkreis und Ravensteins Bürgermeister Ralf Kilian. „Ich würde mir wünschen, dass wir eine vernünftige Lösung finden werden, die von allen mitgetragen wird“, macht Kilian deutlich. Ein Vorschlag von ihm wäre, zuerst bestehende Windparks zu erweitern, statt neue zu errichten.
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