Heilbronn. Was ist eigentlich ein Cold Case? Laut Michael Kraft, Leiter der Kriminalinspektion 1 des Polizeipräsidiums in Heilbronn, das sich schwerpunktmäßig um Kapital- und Sexualdelikte kümmert, sei das nicht so einfach zu sagen. Spricht man im Polizeijargon von Cold Cases, sind in der Regel ungeklärte Kriminalfälle gemeint.
Im März 2021 wurde die Abteilung „Cold-Case-Management“ in Heilbronn gegründet, für die Kraft verantwortlich ist. Dort werden ungeklärte Tötungsdelikte, aber auch andere besondere Fälle bearbeitet. Aktuell handelt es sich beim Polizeipräsidium Heilbronn um 19 identifizierte Cold-Case-Fälle, die momentan von einer Person bearbeitet werden. Im Main-Tauber-Kreis sind es zwei Fälle, im Neckar-Odenwald-Kreis fünf. Dazu zählt auch der Mord an Gabriele Pfeiffer.
„Eine Person schafft aktuell Strukturen, um gegebenenfalls weiterermitteln zu können“, erklärt Kraft zu diesen 19 Fällen im Gespräch mit den FN. Darunter fiel in letzter Zeit vor allem das Digitalisieren und Aufarbeiten der Akten, das viel Zeit in Anspruch nahm. Es vereinfache die Ermittlungen im Anschluss allerdings sehr und sei eine „wichtige Grundlage“, so Kraft.
Drei Fallgruppen festgelegt
Innerhalb der Cold-Case-Abteilung wurden die Fälle in drei Gruppen strukturiert: „Zum einen handelt es sich um vollendete und nicht verjährte Tötungsdelikte.“ Ein Tötungsdelikt lässt sich dabei in drei Gruppen einteilen: Mord, Totschlag und Raub mit Todesfolge. Während eine Verjährungsfrist bei Mord nicht eintritt, sieht das bei den anderen beiden Fällen anders aus: Totschlag verjährt nach 20 Jahren, Raub mit Todesfolge nach 30 Jahren. „Nachdem ein Fall verjährt ist, gibt es keine strafrechtliche Verfolgungsmöglichkeit nach dem Legalitätsprinzip mehr“, erklärt der Polizeioberrat.
Unter Fallgruppe 2 fielen Vermisstenfälle, bei denen es Anhaltspunkte gibt, dass es sich bei dem Vermissten um das Opfer eines Tötungsdelikts handeln könnte. Fallgruppe 3 seien „herausragende Kriminalfälle, die besonders in die Öffentlichkeit gestrahlt haben“.
Nun müsse entschieden werden: „Mit was fangen wir an?“, beschreibt Kraft den nächsten Schritt. Man sei dazu angehalten, Fälle, bei denen eine Verjährung droht, ein Jahr zuvor noch einmal anzusehen. „So einen Fall haben wir aktuell. Den schauen wir uns gerade an“, fügt der 54-Jährige hinzu. „Bei den übrigen 18 Fällen werden wir prüfen, bei welchem Fall die Wahrscheinlichkeit am höchsten ist, dass wir ihn aufgrund der aktuellen molekulargenetischen Möglichkeiten werden aufklären können.“ Mit diesem würde man dann anfangen.
Dazu bildet sich eine Ermittlungsgruppe. „Diese würde aus Mitarbeitern der Kriminaltechnik und aus dem Bereich Kapitaldelikte bestehen“, schildert Kraft. Je nach Notwendigkeit könne die Gruppengröße variieren. Die Beamten sollen die Fälle alle fünf Jahre wieder ansehen. „Unter dem Aspekt, ob es neue Entwicklungen gibt – insbesondere bei den kriminaltechnischen Möglichkeiten“, erklärt Kraft.
Auch die Zusammenarbeit mit den Medien sei möglich – der Mord an Gabriele war 2020 einmal Thema in der Landesschau (wir berichteten). Nach so vielen Jahren jedoch neue Erkenntnisse anhand von subjektiven Eindrücken zu bekommen, „ist sehr schwer“. Eine weitere Möglichkeit sei, dass Studierende der Polizeihochschule sich einen Fall noch einmal ansehen. So könnten möglicherweise neue Ermittlungsansätze oder Hypothesen entstehen.
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