In einem emotionalen Bericht erinnerte das SWR-Fernsehen an den ungeklärten Mord an Gabriele Pfeiffer. Danach gab es bei der Polizei einige Anrufe zu dem Fall.
Erlenbach. In einer kleinen Serie hat das SWR-Fernsehen in dieser Woche in der Sendung „Landesschau“ ungelöste Mordfälle vorgestellt.
Einer dieser sogenannten „Cold cases“ war der Fall Gabriele Pfeiffer. Die 27-Jährige aus Gommersdorf war am 18. Juni 1994 am Rande eines Festbesuchs in Erlenbach erwürgt worden. Trotz intensiver Ermittlungen wurde der Täter nie gefasst. Die FN fragten bei Carsten Diemer, Pressesprecher im Polizeipräsidium Heilbronn, nach der Resonanz der Sendung.
Herr Diemer, haben sich in Folge des Berichts Personen bei der Polizei gemeldet? Gibt es neue Hinweise?
Carsten Diemer: Es gab tatsächlich mehrere Anrufe im Nachgang zu der Ausstrahlung der Dokumentation. Die werden nun überprüft. Wir werden sehen, ob sich daraus dann tatsächlich Hinweise ergeben.
Aber waren es vielversprechende Anrufe?
Diemer: Wie gesagt, wir werten die Anrufe jetzt aus, gehen den Informationen nach und schauen, ob etwas Relevantes dabei herauskommt. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen – aus ermittlungstaktischen Gründen.
Welche Art von Hinweisen könnte der Polizei bei ihren Ermittlungen in diesem Fall helfen?
Diemer: Wir nehmen alles ernst, alles kann wichtig sein. Es kann sehr gut sein, dass die Menschen eine Sache als belanglos ansehen, die sie in der Mordnacht erlebt oder in dem Zusammenhang erfahren haben. Das können nur die Ermittler einschätzen. Wir setzten auch auf kleine Anhaltspunkte, um das Bild der Mordnacht zu vervollständigen. So wurde ja im Bericht gesagt, dass es unwahrscheinlich ist, dass nur eine Person bemerkt hat, dass Gabriele Pfeiffer das Zelt verlassen hat. Vielleicht hat sie noch jemand gesehen und erinnert sich, welches Stück die Band in dem Moment gerade spielte. Dann hätte man neue Erkenntnisse gewonnen, wann Gabriele Pfeiffer das Zelt verlassen hat.
Wurden damals bei den Ermittlungen eventuell Spuren übersehen?
Diemer: Ich kenne den Fall mittlerweile selbst ziemlich genau. Fehler wurden sicher keine gemacht, das wäre auch ans Licht gekommen. Aber es ist eine Tatsache, dass wir heute ganz andere Standards und Methoden haben. Doch es wurden mehrere hundert Leute vernommen, alle uns bekannten Festbesucher wurden befragt und es gab Blutuntersuchungen, da ja auch eine DNA-Spur gesichert wurde.
Der Beitrag weckte viele Emotionen. Glauben Sie, dass man den Täter dadurch möglicherweise zu einem Geständnis bewegen kann?
Diemer: Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Es ist durchaus möglich, dass jemand sein Gewissen erleichtern möchte. Man sah ja auch in dem Beitrag, wie der Tod der Tochter und Schwester die Familie noch heute belastet. Es wäre sicher eine große Erleichterung für die Angehörigen, wenn der Fall geklärt werden könnte. Sie hoffen einfach, dass sich jemand meldet.
Könnte der Bericht mögliche Zeugen bewegen, sich nach so vielen Jahren doch noch zu äußern?
Diemer: Ja, auch das ist vorstellbar, auch aus den genannten Gründen. Möglicherweise ist demjenigen ja bisher gar nicht bewusst geworden, dass er wichtige Wahrnehmungen gemacht hat. Die Dokumentation ist vielleicht ein Anlass, noch einmal über die Vorfälle nachzudenken.
Würde möglichen Hinweisgebern oder Zeugen eine Strafe drohen, wenn sie sich erst jetzt „erinnern“?
Diemer: Nein, denen droht gar nichts, das ist lange verjährt. Nach so langer Zeit könnte das strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden.
Können Hinweise auch vertraulich behandelt werden?
Diemer: Das ist möglich, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Wie gehen die Polizei nun weiter vor – sofern Sie das sagen dürfen?
Diemer: Nun geht es erst einmal um die Auswertung der Anrufe. Grundsätzlich gilt: Mord verjährt nicht. Das heißt, die Kollegen nehmen sich den Fall immer wieder vor, wenn es neue Hinweise gibt oder wenn neue Methoden auftauchen. Oder auch, wenn ein Kollege einen neuen Ansatz vorschlägt. Die Akten sind jederzeit greifbarer und verstauben keineswegs im Keller.
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