Tatort Tauber-Odenwald

Die Erinnerung an Gabriele Pfeiffer schmerzt noch immer

Auch 28 Jahre nach dem ungeklärten Mord an Gabriele Pfeiffer leiden ihre Mutter Irene und ihr Bruder Hubert unter den Folgen der Tat. Es gibt keinen Tag, an dem sie nicht an „Gabi“ denken.

Von 
Nicola Beier
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Hubert und Irene Pfeiffer hoffen auch 28 Jahre nach dem Mord an Gabriele Pfeiffer, dass die Tat aufgeklärt und der Täter ermittelt wird. © Nicola Beier

Gommersdorf. "Gabi war ein sehr angenehmer Mensch. Sie war hilfsbereit, ehrlich und aufgeschlossen. Man konnte mit ihr immer über alles reden“, erinnert sich Hubert Pfeiffer an seine kleine Schwester Gabriele. Die junge Erzieherin aus Gommersdorf wurde nur 27 Jahre alt. Wenn man ihre Mutter Irene und ihren Bruder Hubert Pfeiffer über sie sprechen hört, ist der Schmerz über den Verlust deutlich zu spüren. Der ungelöste Mord wirft bei den Angehörigen auch nach 28 Jahren noch quälende Fragen auf: Warum musste die Tochter und Schwester sterben? Und wer hat sie umgebracht?

Das Bild, das ihre Angehörigen von Gabriele zeichnen, zeigt eine aktive Frau, die weiß, was sie will und mitten im Leben steht. Von Familie und Freunden wurde sie sehr geschätzt und auch privat lief es gut: „Gabriele hatte seit acht Jahren einen festen Freund. Die beiden waren glücklich.“

Die junge Gabriele Pfeiffer 1984 – zehn Jahre vor ihrem Tod. © Pfeiffer

Der 17. Juni 1994

Doch dann kam die Nacht von Freitag, 17. Juni, auf Samstag, 18 Juni 1994. Eine Nacht, in der sich das Leben ihrer Angehörigen für immer verändern sollte. Die Stunden vor der schrecklichen Tat und auch die Tage danach sind für Irene und Hubert Pfeiffer noch sehr präsent: An diesem Freitag herrschte gute Laune in Gommersdorf. Irene Pfeiffer bereitete sich mit ihrer Tochter auf die Hochzeit ihres Neffen am folgenden Tag vor: Gemeinsam lackierten sie sich die Fingernägel und machten sich zurecht. Die beiden Frauen verband ein enges Verhältnis. Nicht zuletzt, weil etwa dreieinhalb Jahre zuvor Irenes Mann verstorben war: „Gabriele hat mich ins Leben zurückgebracht“, erklärt die mittlerweile 86-Jährige. Währenddessen schaute sich Gabrieles Freund das Eröffnungsspiel der Fußball-WM zwischen Deutschland und Bolivien an. Die Elf von Rudi Völler gewann mit 1:0. Gegen 23 Uhr holte er seine Freundin zuhause ab, und sie machten sich auf den Weg ins benachbarte Erlenbach. Dort fand zu diesem Zeitpunkt ein Heimatfest statt.

Hubert Pfeiffer erinnert sich noch genau, dass „Gabi“ ihm vor dem Haus entgegenkam und „Tschüss“ sagte – die letzte Verabschiedung der kleinen Schwester. Er selbst wäre wohl auch auf das Fest gegangen. Aufgrund einer Sportverletzung blieb er allerdings zuhause.

Ein Anruf zu später Stunde

Mitten in der Nacht wurde Hubert Pfeiffer dann durch einen Anruf geweckt: Es war Gabrieles Freund, der besorgt fragte, ob die junge Frau daheim wäre. Sie sei von einem Toilettengang nicht wieder gekommen. „Er klang sehr verzweifelt, und meine Mutter und ich haben gleich gespürt, dass etwas komisch ist“, blickt Hubert Pfeiffer zurück. Er machte sich danach auf den Weg nach Erlenbach. Als er dort ankam, fragte er einen Bekannten, wo Gabrieles Freund sei. „Da unten, aber geh nicht hin!“, erhielt er zur Antwort.

Er lief dennoch zum Bach, wo gerade Gabrieles Körper aus dem Wasser gezogen wurde. Man hatte noch versucht, sie wiederzubeleben – auch ihr Bruder Hubert – doch vergeblich: „Ich habe gespürt, dass nicht mehr viel Leben da ist.“

Nachdem der Rettungswagen die Leiche mitgenommen hatte, fuhr ihr Bruder zurück nach Gommersdorf. Doch weil der Sohn die schreckliche Nachricht nicht alleine an seine Mutter überbringen konnte, bat er seine Tante um Hilfe. Gemeinsam kehrten sie nach Hause zurück, wo Irene Pfeiffer die ganze Nacht vor Sorge kein Auge zugetan hatte. Dort erzählte Hubert Pfeiffer, was passiert war.

Für die Polizei stand schnell fest, dass es eine Beziehungstat gewesen sein muss. Dementsprechend waren alle männlichen Festbesucher verdächtig. Doch für die Beamten und die Familie war schnell klar, dass es Gabrieles Freund nicht war: Er litt so stark wie die restliche Familie. Noch heute pflegen die Pfeiffers und er ein gutes Verhältnis. Mutter Irene glaubt, dass ihre Tochter nicht zufällig zum Opfer wurde: „Vielleicht hatte der Täter Gefühle für sie, kam aber nicht zum Zug.“ Auch die Tatsache, dass die 27-Jährige in die tiefste Stelle des Erlenbachs geworfen wurde, deutet auf einen ortskundigen Täter hin. „Das geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Der Gedanke geht abends mit mir ins Bett und steht morgens mit mir auf“, erklärt die 86-Jährige. Ihr Sohn hingegen wollte nicht glauben, dass er den Täter oder die Täterin womöglich sogar kannte. Für ihn war seine Schwester „zur falschen Zeit am falschen Ort“. Erst später wurde auch er stutzig, doch noch heute fällt es ihm schwer, sich vorzustellen, dass der Mörder womöglich die ganze Zeit unter ihnen lebte.

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Irene musste in den Wochen, Monaten und Jahren nach der Tat „funktionieren“. Sie stürzte sich in die Arbeit, um sich abzulenken. Auch für ihren Sohn und Gabrieles Freund wollte sie stark sein: „Ich habe ihnen gesagt: ’Ihr müsst euer Leben in die Hand nehmen und weitermachen’. Woher ich selbst die Stärke nahm, kann ich nicht sagen“, erinnert sie sich. Sie ging unter Leute und machte Ausbildungen zur Gedächtnistrainerin und Gymnastikübungsleiterin. „So hat sie sich selbst wieder aus dem Sumpf gezogen“, sagt Hubert Pfeiffer über seine Mutter. Er selbst ist ganz anders mit dem Tod seiner Schwester umgegangen. Es fiel ihm schwer, unter Leute zu gehen. So zog er sich nach Nürtingen zurück, wo er damals studierte. „Ich habe es verdrängt und versucht, nicht daran erinnert zu werden.“

„Ich habe dem Täter verziehen“

Noch heute vergeht kein Tag, an dem die beiden nicht an Gabriele denken. „Wie wäre meine Tochter jetzt? Wären Enkelkinder da?“ Diese Fragen stellt sich Irene Pfeiffer häufig. „Ich habe dem Mörder verziehen. Ich kann ja nicht mit Hass leben.“ Und dennoch: „Ich möchte dem Täter in die Augen sehen und ihn fragen, wieso und warum?“ Das wünscht sich auch ihr Sohn. Und so bleiben der Schmerz und die Erinnerung an eine schreckliche Nacht, die den Pfeiffers die geliebte Tochter und Schwester nahm.

Hinweise gehen an die Kriminalpolizei Heilbronn, Telefon 07131/104444, oder jedes Polizeirevier.

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