Neckar-Odenwald-Kreis/Hardheim. Nochmals kräftigen Rückenwind in der Impfkampagne versprach sich der Bund, als er „das Piksen“ gegen Covid-19 in Apotheken freigab. Allerdings scheint diese Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemie völlig zu verpuffen. Mit „einige Hundert“ bezifferte Gabriele Overwiening in der „Bild am Sonntag“ die Teilnahme – bundesweit. Sie ist Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) und repräsentiert damit 18 500 Apotheken.
Impfen in Apotheken: Das steckt dahinter
- Seit Dienstag, 8. Februar, dürfen Apotheken in Deutschland Impfungen gegen das Corona-Virus verabreichen.
- Das Impfangebot in der Apotheke soll den Zugang zu Impfstoffen noch niedrigschwelliger machen.
- Geimpft wird mit Biontech, Moderna und Johnson&Johnson.
- Abrechnen dürfen Apotheker wie Ärzte pro Impfung das Gleiche: 28 Euro pro Piks unter der Woche, 36 Euro an Wochenenden und Feiertagen.
- „Impfen ist unser Weg aus der Pandemie – und für diese Impfungen brauchen wir langfristig eine tragfähige Versorgung. Das Land freut sich daher sehr, dass der Bund es jetzt weiteren Berufsgruppen ermöglicht, Corona-Schutzimpfungen durchzuführen“, sagte Sozial- und Gesundheitsminister Manne Lucha zum Apotheken-Impfstart in Stuttgart.
Im gesamten Neckar-Odenwald-Kreis hat sich bisher lediglich eine Apotheke zum Impfen gemeldet, und zwar die in Billigheim. Bei allen anderen lässt sich feststellen, dass den Betreibern „das Drumherum“ viel zu aufwendig ist, um das Impfangebot „regelkonform“ umsetzen zu können.
In den Buchener Apotheken von Rudolf Friesenhahn werden keine Corona-Impfungen angeboten. „Der Aufwand ist viel zu groß“, erklärt der Apotheker im FN-Gespräch. Der Impfstoff müsste bestellt und – anders als bei den niedergelassenen Ärzten – auch gleich bezahlt werden. Wenn die Impfwilligen zu ihren reservierten Terminen dann nicht erscheinen würden, bleibe man auf dem Impfstoff sitzen. Zudem koste die Nachdokumentation viel Zeit. Der mit der Corona-Impfung verbundene Aufwand würde sich aktuell nicht lohnen.
Hemmschuh Bürokratie
Ins gleiche Horn stößt Nicolai Waschitschek von der „Rathaus-Apotheke“ in Mosbach: „Ich habe gar nicht die dazu benötigten Räumlichkeiten. Zudem ist die Verwaltung und die Dokumentation ein Wahnsinn.“ Waschitschek, Sprecher der Apotheken im Odenwald und im Taubertal, kritisiert die mit dem Impfangebot einhergehende Bürokratie. „Wenn alles etwas unbürokratischer wird, dann bin auch ich bereit, dieser Aktion beizuspringen sagt er. Nicolai Waschitschek weist auch darauf hin, dass das Impfangebot durch die Ärzte in der Gegend ausreichend sei.
Das sieht auch Dr. Petra Sitterberg von der „Apotheke an der Post“ in Hardheim so: „Die niedergelassenen Ärzte haben jetzt genügend Kapazitäten, aber die Nachfrage geht zurück.“ Deshalb biete sie und und ihr Team derzeit keine Impfungen an. Sie betont aber auch, dass das kein endgültiges „Nein“ ist: „Wenn im Frühjahr der Bedarf da ist, machen wir mit. Es wird in der Pandemie sicher einen Zeitpunkt geben, an dem es wichtig ist, dass wir auch impfen.“ Eine Mitarbeiterin hat die dafür notwendige Schulung bereits absolviert, weitere sollen in den nächsten Wochen folgen. „Wir tun aktuell mehr Gutes, wenn wir mehr testen“, sagt Sitterberg.
Auch in der „Kastell-Apotheke“ in Osterburken werden die Fortbildungen fürs Impfen absolviert. Aber im Moment sei die Impfung ja durch die Hausärzte gegeben, so die Aussage in Osterburken. Deshalb warte man erst einmal ab. Auf lange Sicht sei es aber sicher durchaus sinnvoll, sich damit zu beschäftigen.
Eintritt jederzeit möglich
Besagte Schulung ist Grundvoraussetzung für ein Impfangebot in Apothken; dies erläutert Frank Eickmann, Pressesprecher und stellvertretender Geschäftsführer des Landesapothekerverbands. Dazu gehört auch ein Erste-Hilfe-Kurs, um auf eventuell auftretende Impfreaktionen vorbereitet zu sein. „Entsprechend qualifizierte Apotheken können zu jeder Zeit in das Impfgeschehen eintreten und selbst Impfungen anbieten“, sagt Eickmann. Eine Meldung, dass eine Apotheke das möchte, richte diese an die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg in Form einer sogenannten „Selbsterklärung“.
Auch Franck Eickmann weiß, dass sich noch viele Apotheken derzeit zurückhalten, insbesondere aus Gründen der lokal oder regional schwachen Nachfrage und einem dieser Nachfrage gegenüberstehenden guten Angebot von impfenden Stellen (Hausarztpraxen, Impfzentren etc). „Das ist zumindest der Eindruck, der hier in unserer Geschäftsstelle entstanden ist.“
Aber es gibt eben auch diese eine Ausnahme: die Apotheke in Billigheim. Trotz der derzeit allgemein geringen Nachfrage nach Impfterminen hat sich Wolfgang Pretzsch-Eckhard dazu entschieden, Corona-Schutzimpfungen in seiner Apotheke anzubieten. „Ich finde es wichtig, dass man mitmacht und Präsenz zeigt“, sagt er. Derzeit werden die Impftermine nach Vereinbarung angeboten und in dem Raum durchgeführt, in dem der Apotheker seit vergangenem Jahr schon Schnelltests anbietet.
Übrigens: Im Main-Tauber-Kreis war es – Stand Mittwoch – auch nur eine Apotheke, die ein Impfangebot unterbreitete: die „Burg-Apotheke“ in Bad Mergentheim.
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