Modell

Weiterbildungsverbund für Mediziner

Main-Tauber- und Neckar-Odenwald-Kreis, Kliniken und niedergelassene Ärzte starten Projekt für psychiatrische und psychotherapeutische Facharztausbildung

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Heike von Brandenstein
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Der Main-Tauber- und der Neckar-Odenwald-Kreis haben sich gemeinsam auf den Weg gemacht, um einen Weiterbildungsverbund für junge Ärzte im psychiatrischen und psychotherapeutischen Fachgebiet mit Partnern auf den Weg zu bringen. © dpa

Wohnortübergreifend aber wohnortnah: So will Landrat Christoph Schauder den Weiterbildungsverbund Psychiatrie und Psychotherapie für den fachärztlichen Nachwuchs im Main-Tauber- und Neckar-Odenwald-Kreis verstanden wissen.

Main-Tauber-Kreis. 40 Prozent der niedergelassenen Ärzte im Main-Tauber-Kreis sind älter als 60 Jahre. Das ist ein Fakt, der nicht schöngeredet werden kann. Seit einiger Zeit schon wird es immer schwieriger, medizinischen Nachwuchs zu rekrutieren und vakante Praxen zu besetzen. Deshalb haben sich der Main-Tauber- und der Neckar-Odenwald-Kreis gemeinsam auf den Weg gemacht, um einen ersten Schritt zu gehen und einen landkreisübergreifenden Weiterbildungsverbund Psychiatrie und Psychotherapie zur Stärkung des fachärztlichen Nachwuchses aus der Taufe zu heben.

Schnelle Umsetzung

Erste Gespräche, so Landrat Christoph Schauder, hätten im Frühjahr mit den Kreisärzteschaften, den Krankenhäusern, Fachärzten und der Ärztekammer stattgefunden. Er freute sich sichtlich über die zügige Umsetzung dieser Gemeinschaftsinitiative: „Der Weiterbildungsverbund steht.“

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Das Prinzip stellte Sozialdezernentin Elisabeth Krug dem Ausschuss für Soziales, Bildung, Kultur und Verkehr am Mittwoch vor. Sie bezeichnete den Weiterbildungsverbund als „ersten wichtigen Meilenstein für die Sicherung des fachärztlichen Nachwuchses“. Zwar liege der Versorgungsgrad im Main-Tauber-Kreis in den Fachgebieten Psychiatrie und Psychotherapie derzeit noch bei 122,6 Prozent, was 6,5 Fachärzte bedeute. Diese Quote könne jedoch sehr schnell rapide sinken, wenn auch nur einer seine Niederlassung aufgebe und keinen Nachfolger finde. Im Neckar-Odenwald-Kreis gestalte sich die Versorgung bereits jetzt kritisch. Dort liege die Quote mit derzeit 93,4 Prozent unter der 100er Marke, so dass Handlungsbedarf gegeben sei. Immerhin dauere eine Facharztausbildung 60 Monate – sprich fünf Jahre.

Beide Landkreise setzen mit ihrer Initiative nun auf eine koordinierte, lückenlose Weiterbildung zum Facharzt an vielen in der großen Region vorhandenen Weiterbildungsstätten. Und natürlich spielt die Hoffnung, junge Ärzte in der Region halten zu wollen, keineswegs eine untergeordnete Rolle bei dieser Offerte.

Junge Ärzte, die sich zum Facharzt weiterbilden wollen, haben im bereich der Psychiatrie und Psychotherapie etliche, gesetzlich vorgeschriebene Stationen zu durchlaufen. Der Weiterbildungsverbund soll hier individuell beraten, die Wünsche der Mediziner aufnehmen, koordinieren und damit Planungssicherheit bieten. Eine Weiterbildung aus einer Hand mit ganz unterschiedlichen Partnern, ohne Umzug und ohne erneute Bewerbungen wird so ermöglicht. Als Koordinatorin fungiert Leonie Teichmann von der Stabsstelle Kreisentwicklung beim Neckar-Odenwald-Kreis. Im Main-Tauber-Kreis ist die Leiterin des Gesundheitsamts, Yasemin Eryanar, Ansprechpartnerin.

Als Partner im Weiterbildungsverbund wurden die Diakonieklinik Mosbach, das Krankenhaus Tauberbischofsheim, das Zentrum für psychische Gesundheit Neckar-Odenwald in Mosbach, das Caritas Krankenhaus Bad Mergentheim, die Rotkreuzklinik Wertheim und die Kitzberg Kliniken Bad Mergentheim gewonnen. Dazu gehören auch ambulante psychiatrische und neurologische Praxen, die Bezirksärztekammer Nordbaden in der Landesärztekammer Baden-Württemberg und Ärzte anderer Fachgebiete als Rotationspartner. Die Landkreise fungieren laut Krug als Klammer im Zusammenspiel.

Um für das neue Angebot zu werben, sollen Flyer und eine Internetseite erstellt werden. Für Montag, 24. Juli, ist die Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung zwischen den beiden Landkreisen, den sechs Kliniken, vier niedergelassenen Praxen und der Bezirksärztekammer Nordbaden angesetzt.

Positives Echo

Ein positives Echo gab es aus den Reihen des Ausschusses. Joachim Markert befürwortete für die CDU diese Initiative, weil psychische Krankheiten der häufigste Grund für eine Frühverrentung seien. Hier gelte es, eine gute medizinische Versorgung zu gewährleisten. Elmar Haas (Freie Wähler) regte eine Ausweitung des Modells auch auf andere Fachärzte, etwa Allgemeinmediziner, an. Das sei mit Sicherheit ein Thema, erwiderte Landrat Christoph Schauder. Starten wolle man zunächst mit dem vorgestellten Projekt. Als Argument führte er an, dass die Fallzahlen im psychiatrischen und psychotherapeutischen Bereich mit Blick auf Corona-Nachwirkungen nicht sinken werden.

Auf den Einwand von Hans Hartung (Bündnis 90/Die Grünen), dass im Main-Tauber-Kreis aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung momentan eine Überversorgung bestehe, meinte Schauder, er habe da aus Erfahrung eine andere Sicht der Dinge: „Ich würde mir mehr Flexibilität und Pragmatismus als ausschließlich den Blick auf die Quote der Landkarte wünschen.“

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

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