Gastronomie und Hotellerie im Main-Tauber-Kreis - Umfrage unter Wirten, Restaurant-Besitzern und Hoteliers / Corona-Pandemie „schlägt aufs Gemüt“

Viele Gastronomen im Main-Tauber-Kreis sind deprimiert und die Gäste verunsichert

Die Corona-Pandemie belastet die Gastronomie und Hotellerie sehr und der Frust wächst, aber Hoffnung ist auch noch vorhanden. Die Redaktion lässt Branchenvertreter aus dem Main-Tauber-Kreis zu Wort kommen.

Von 
Sascha Bickel
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„Zur Zeit gibt`s nix“ steht im Fenster dieses Restaurants. Der Januar ist grundsätzlich ein ruhiger Monat in der Gastronomie, aber Corona belastet die Branche. © dpa

Main-Tauber-Kreis. In Bayern gilt nur 2G in der Gastronomie und kein 2G-plus wie in Baden-Württemberg. Was sagen die Wirte, Restaurant-Besitzer und Hoteliers im Main-Tauber-Kreis dazu und zum Geschäftsverlauf der vergangenen Monate sowie zu ihrer Planung für 2022 – das wollte unsere Zeitung wissen.

Andrea Derr vom Hotel-Restaurant „Panorama“ in Boxberg erklärt: „Leider ist die Situation in der Gastronomie und Hotellerie deprimierend. Die Gäste sind verunsichert, da sie nicht genau wissen, welche Regeln wo gelten. Bedingt auch dadurch, dass zum Beispiel in Würzburg/Bayern andere Regeln herrschen. Dadurch und auch durch die Angst, sich vielleicht doch anzustecken, wird sehr oft komplett auf den Restaurantbesuch verzichtet. Die Umsätze sind sehr gering. Begonnen hat es bereits im November und zog sich durch den Dezember, als sämtliche Weihnachtsfeiern, egal ob betrieblich oder privat, abgesagt wurden.“

Derr betont, dass die staatlichen Hilfen unbedingt notwendig seien und geht zudem auf die Personalsorgen ein: Zum wiederholten Mal gebe es Kurzarbeit – „und das in einer Branche, in der grundsätzlich Überstunden angefallen sind und vor Ausbruch der Pandemie nie an Kurzarbeit gedacht wurde.“ Die Flucht aus dem Beruf sei manches Mal nicht zu verdenken, gefährde aber auf Dauer die Existenz der Betriebe. „Meiner Meinung nach, sind die Folgeschäden für die Betriebe, die durch die Corona-Krise entstehen, noch nicht abzuschätzen.“ Derr hofft auf Besserung der Lage ab April.

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Gudrun Moll vom Gasthof „Die Rose“ in Königshofen teilt mit: „Aktuell schwimmen wir in ruhigem Fahrwasser. Die Gäste haben sich an die Regeln gewöhnt und haben ihre Nachweise dabei. Da unser Haus hauptsächlich von Gästen aus dem Umland frequentiert wird, ist die momentane Ertragslage noch akzeptabel. Die Übernachtungen im Hotelbereich liegen allerdings bei null. Eigentlich sah der Dezember im Vorfeld gut aus. Es gab genügend Reservierungen für betriebliche und familiäre Feierlichkeiten. Als dann zum ersten Dezember-Wochenende die neue Verordnung mit 2G-plus beschlossen wurde, hagelte es nur noch Absagen. So wurde dieser Monat zu einem Flop was die erwarteten Umsätze angeht.“ Der Januar laufe aktuell ruhig.

Zu den Corona-Regeln in Bayern merkt Moll an: „Von Neid kann ich nicht sprechen. Aber es ist sehr ärgerlich, dass die bundesweite Regelung nicht für alle greift“, zumal es hier ja um die direkte Nachbarschaft gehe.

Vom Restaurant-Café Badesee in Freudenberg meldet sich Marcel Rohleder zu Wort: Für ihn ist unverständlich, dass die Politik aus fast zwei Jahren Pandemie noch nicht gelernt hat. „Die Bürger möchten eine einheitliche Richtung, nicht 16 ,alleinige Könige’, die aus einer Sitzung mit einem Beschluss gehen und danach alles auf ihre eigene Weise regeln.“ Zu seiner geschäftlichen Situation sagt er: „Es ist schwierig, da keine Planungssicherheit besteht und die Rücklagen fast aufgebraucht sind.“ Im Dezember habe es viele Absagen von Weihnachtsfeiern gegeben und zudem fehlten nun die Familienfeiern im Januar.

Rohleders Ausblick lautet kurz und knapp: „Wenig Geschäft, Kurzarbeit – aber wir hoffen, dass unser Team uns trotzdem treu bleibt und der Sommer gut wird.“

Florian Haag vom Gasthaus „Zur Rose“ in Stuppach erklärt: „Man bekommt den Eindruck, dass die Gastronomie in Bayern einen höheren Stellenwert als in Baden-Württemberg hat. Jetzt haben wir fast zwei Jahre Corona-Wirrwarr durchlebt, dann werden wir auch diesen Winter noch überstehen. Wir freuen uns schon auf Ostern.“

Christiane Seidl ist die Leiterin „Brauhaus/Alte Füllerei“ der Distelhäuser Brauerei. Sie sagt: „Wir merken bereits seit Dezember, dass unsere Würzburger Stammgäste nicht mehr so häufig kommen. Der ,bayrische Sonderweg’ baut leider mitten in Deutschland Grenzen auf. – Im Veranstaltungsbereich trifft uns Corona seit zwei Jahren hart: keine Brauereiführungen, keine Kulturveranstaltungen.

Aber auch das Restaurantgeschäft war 2021 nicht zufriedenstellend. Hinzu kam der schlechte Sommer, der uns auch noch die Biergartensaison zunichte gemacht hat. Wir versuchen das Beste daraus zu machen und haben die Zeit genutzt, um ein paar Dinge zu verändern. Der Dezember lief schleppend und das ständige Hin und Her mit den Regeln hat die Gäste verunsichert. Viele haben nicht gewusst ob oder mit welchen Voraussetzungen sie Essen gehen durften. Dabei gilt im Dezember wie auch noch jetzt im Januar: Wer geboostert ist oder frisch geimpft, der darf ohne zusätzlichen Test zu uns kommen.“

Auch in Distelhausen hofft man auf den Frühling und die Freiluftsaison.

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Sven Krätzschmar vom Gasthof „Grüner Hof“ in Weikersheim schreibt: „Die Winterzeit ist in Weikersheim schon immer sehr ruhig und still, aber die Corona-Situation hat jegliches Weihnachtsgeschäft massiv ausgebremst. Die Kollegen in Bayern haben mehr Handlungsspielraum in dieser Situation.

Im Januar und Februar herrscht bei uns immer Betriebsruhe, da in dieser Zeit der Tourismus – unsere Haupteinnahmequelle – zum Erliegen kommt und dann nicht einmal die Betriebskosten gedeckt werden können. Insgesamt wirkt 2G-plus auf viele Menschen abschreckend.“

Dr. Jens Jurgan vom „Vitalhotel König“ in Bad Mergentheim sagt zu den abweichenden Regeln in Bayern: „Ministerpräsident Söder hat sich schon häufig als Opportunist gezeigt. Das wundert uns insofern nicht.“

Mit Blick auf das eigene Haus fügt Jurgan an: „Die Hygienekonzepte in Hotels und Gaststätten funktionieren gut. Umso schlimmer, dass unter anderem unsere Branche immer wieder den Kopf für aktionistische Beschlüsse der Politik hinhalten muss. Das Verbot touristischen Reisens war nie zielführend und stets verfassungswidrig.“

Jurgan beschreibt auch die (eigenen) Probleme mit den staatlichen Hilfen: „Der Antrag auf den KfW- Schnellkredit vom April 2020 ist nach 22 Monaten immer noch nicht abgewickelt und irgendwo zwischen der Hausbank und der KfW versandet. Die Überbrückungshilfe III, die für Januar bis Mai 2021 die Fixkosten übernehmen sollte, hat noch keinen einzigen Euro gezahlt! Die Soforthilfe aus dem Lockdown März bis Mai 2020 soll wohl zurückbezahlt werden, weil man die Antragsmonate einfach um um Monate nach hinten verschoben hat und die ersten beiden Lockdown-Monate ,unter den Tisch gefallen’ sind.“

Der Dezember 2021 sei geschäftlich auf dem Niveau der Jahre vor Corona gewesen, so Jurgan: „Also gut.“ Im Januar und Februar habe man geschlossen, um die restlichen 15 Prozent der Gästezimmer, die bislang noch nicht renoviert seien, abarbeiten zu können.

Jurgan: „Ab Mitte März haben wir wieder geöffnet und sehen einer guten Saison entgegen, sofern unsere Branche nicht wieder als erstes den Kopf für geistige Kurzschlüsse hinhalten muss.“

Frank Bundschu ist nicht nur Dehoga-Kreisvorsitzender, sondern auch Besitzer des Hotel-Restaurants „Bundschu“ in Bad Mergentheim.

Auf den eigenen Betrieb bezogen, sagt er der Redaktion, dass „die Dauer der Pandemie auf das Gemüt schlägt, Zukunftsplanungen sind praktisch nicht möglich“. Monatelange Zwangsschließungen würden zermürben.

Er fügt zudem an: „Als Unternehmer kann man mit der Situation nicht im Ansatz zufrieden sein, die Pandemie bedeutet praktisch Stillstand. Die Nachfrage schwankt extrem. Im Sommer wussten wir nicht, wo wir die Gäste platzieren sollten, jetzt wissen wir nicht, was wir mit den vielen leeren Stühlen anfangen sollen. Besonders für die Mitarbeiter ist diese Situation sehr belastend, im einen Monat Kurzarbeit und im nächsten Überstunden, es fehlt der normale Alltag.“

Ins neue Jahr starte man „mit einer Mischung aus Frustration über die Situation und Hoffnung auf einen guten Sommer“.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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