Main-Tauber-Kreis. Wer eine fremde Wohnung betritt, schaut sich unvermeidlich um, nimmt Farben, Formen und Gerüche wahr. Das Zuhause ist ein Spiegel der Persönlichkeit des Bewohners, der sie eingerichtet hat. Innenarchitekt Roland Düll aus Tauberbischofsheim, der mittlerweile im Ruhestand ist, hat Menschen viele Jahre lang beraten und ein äußerst differenziertes Bild beim Thema Gestaltung und Einrichten. Er kennt Trends, misst ihnen aber nicht allzu viel Bedeutung zu. Düll: „Mit Modeentscheidungen habe ich mich noch nie beschäftigt.“
Was tut also jemand, der anderen Tipps geben soll, wie sie am besten wohnen? „Am Anfang steht immer die funktionelle Analyse“, so Roland Düll. „Der Architekt sollte niemandem seinen Stempel aufdrücken, sondern schauen, wie er denkt und was er braucht.“ Für ihn ist es völlig unbedeutend, welche Tapete gefällt. „Das ist dem persönlichen Geschmack überlassen“, meint er.
Als Innenarchitekt beobachtet Düll dennoch, was gerade „in“ ist. Das gehört einfach dazu. Auf der anderen Seite aber nimmt er auch die gesellschaftliche Entwicklung wahr. Architektur trifft Soziologie könnte man diese Sichtweise nennen. „Der Wohnraum als Ort des geselligen Beisammenseins hat ausgedient“, ist er überzeugt. „Der Wohnraum ist zum Fernsehraum geworden“, beschreibt er die gelebte Realität. War das Wohnzimmer im wahrsten Sinne des Wortes früher einmal die „gute Stube“ und der „Showroom“, das den Sonn- und Feiertagen vorbehalten war, ist es heute vielfach der Multimediaraum mit Rundumsound und Lümmelsofa. „Ich persönlich bin der Meinung, dass man fast nichts außer bequeme Sitzmöbel im Wohnraum braucht“, sagt Roland Düll pragmatisch. Geachtet werden sollte darauf, dass diese nicht zu niedrig sind. Und weil man sich auf einem Sofa nicht gegenüber sitzen kann, hält er einen vernünftigen Tisch für unerlässlich – vor allem wenn Besuch kommt.
Eine große Bedeutung als zentralem Raum misst er hingegen der Küche zu, in der oft gemeinsam gekocht, gegessen und kommuniziert wird. „Der Trend zur Wohnküche hält an“, meint Düll. Sie ist Begegnungs- und Arbeitsort für die Familie und Freunde.
Immer informiert sein
Den Trend zur Single-Wohnung macht Roland Düll als weitere gesellschaftliche Tendenz aus. Gerade bei jungen Männern nimmt er wahr, dass sie entweder im Hotel Mama bleiben oder sich eine Bleibe für sich allein oder mit einer Partnerin suchen. Viele würden sich gar nicht mehr binden. „Single-Wohnungen sind kleine Wohneinheiten mit Küche und Essplatz als Kommunikationsort. Das Bett tritt hinter einer kleinen Abtrennung in den Hintergrund“, so der Innenarchitekt.
Natürliche Materialien
Bei der Einrichtung setzt er auf natürliche Materialien, wie Stein, Glas und Holz, bei den Farben auf Grau- aber auch auf Beige- und Brauntöne. Generell sei aber das erlaubt, was gefalle. Deshalb würde er sich nie bei der Tapetenauswahl einmischen. „Es kommt darauf an, was dem Kunden gefällt. Die Farbnuance ist völlig unbedeutend“, meint Roland Düll. Auch die Frage nach modischen Accessoires sei reine Geschmackssache.
Vor ein paar Jahren kamen Geweihe in Mode und galten als hip. „Wenn ich mit den Trends gehen will, muss ich auch bereit sein, ständig einen Wechsel vorzunehmen. Dann muss ich auch den Mut haben, Dinge wieder wegzuwerfen“, sagt der Innenarchitekt. Er weiß, dass die meisten Menschen eine Befriedung beim Kauf neuer Dinge empfinden.
Die Lichtgestaltung bezeichnet der Innenarchitekt als weiteres wichtiges Thema. „Durch die LED-Effekte ist das ist ein ganz großer Renner mit vielen Möglichkeiten.“
Insgesamt sieht er beim Wohnen, dass zumindest in größeren Städten die Tendenz weg vom Einfamilienhaus geht. „Dort wird mittlerweile fast nur noch Geschosswohnungsbau gemacht.“ So feiere sich die Bahnstadt in Heidelberg selbst als Inbegriff des innovativen Wohnens. „Dieser Trend“, sieht Roland Düll in die Zukunft, „schwappe über kurz oder lang auch in kleinere Städte über“.
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