Transporthubschrauberregiment 30

Niederstetten: Bundeswehr bietet spannende Berufsfelder

Auch die Bundeswehr braucht dringend Nachwuchs und steht dabei in harter Konkurrenz zur freien Wirtschaft. Um flexibler einstellen zu können, bietet man die Militärische Vorausbildung an – seit kurzem auch in Niederstetten.

Von 
Sascha Bickel
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Die Soldaten müssen fit sein. Sport spielt eine wichtige Rolle. © Bundeswehr

Niederstetten. Das Programm der Militärischen Vorausbildung ist für Leute gedacht, die unbedingt und dringend zur Bundeswehr wollen, aber nicht bis zu einem regulären Dienstantritt warten wollen oder können. In Niederstetten starteten im Sommer neun Männer zwischen 17 und 40 Jahren das erste Mal auf dieser Basis ihre Karriere in der Bundeswehr. Mit zweien sprach die FN-Redaktion über ihre Erfahrungen und die Gründe, sich für die Truppe zu entscheiden.

Bislang gab es jedes Quartal, also viermal im Jahr, die Möglichkeit bei der Bundeswehr einzusteigen und mit der Allgemeinen Grundausbildung an speziellen Standorten bundesweit zu beginnen. Oberleutnant Frederik Ströhlein, der Presseoffizier des Transporthubschrauberregimentes 30 in Niederstetten, erläutert kurz, was sich nun geändert hat: „Da die Bundeswehr festgestellt hat, dass zwischen Bewerbung, Einstellungsbestätigung und Antritt der Grundausbildung zu viel Zeit vergeht und Kandidaten dadurch immer wieder abspringen, weil es den Leuten zu lange dauert, hat man eine Zwischenlösung geschaffen, um neue Soldaten auch zwischen den Quartalen aufnehmen zu können. Diese Leute erhalten dann eine Militärische Vorausbildung, die sie noch besser auf die nötige Grundausbildung vorbereitet. Dabei lernen sie militärische Grundfertigkeiten, wie den Formaldienst, das Leben im Felde, sie machen vor allen Dingen Sport – sie haben aber noch keinen Kontakt mit der Waffe.“

Zur militärischen Vorausbildung gehören auch Orientierungsmärsche. © Bundeswehr

Das Pilotprojekt ist in diesem Jahr an einigen Standorten in der Republik gestartet, unter anderem auch in Niederstetten. Vor Ort muss deshalb Personal aus dem Stab und aus der 1. Staffel abgestellt werden, dass die Ausbildung plant und durchführt.

Mit Zustimmung der Eltern

Nico Z. aus Weikersheim ist 17 Jahre alt, hat den Realschulabschluss in der Tasche und ist mit Einwilligung seiner Eltern jetzt Heeresflieger und Unteroffiziersanwärter. Er berichtet: „Bereits mit 15 habe ich ein Praktikum in den Sommerferien in der Kaserne in Niederstetten gemacht, das mich beeindruckte. Meine Eltern mussten auch damals zustimmen. Ich habe ebenso in andere Berufe mit Praktika hineingeschaut, mich aber dann doch für den Weg in der Bundeswehr entschieden, denn hier gibt es Berufe, die gibt es im zivilen Bereich nun einmal nicht. Mein großes Ziel ist es Bordmechaniker im Hubschrauber zu werden.“ Er macht jetzt eine Ausbildung zum Fluggerätemechaniker.

Ebenso in die Militärische Vorausbildung eingestiegen ist Manuel K. (40) aus Kassel. Er kannte das Tauber- und Vorbachtal bislang nicht und betont, dass sein hohes Alter eher ungewöhnlich, ja sogar die Grenze für den Einstieg bei den Mannschaftsdienstgraden sei. „Ich wollte noch einmal in eine Ausbildung gehen und zwar zum Luftfahrzeugelektroniker und schaffte den Einstieg gerade noch so, mit Hilfe der Militärischen Vorausbildung“, sagt Manuel K.

Er hat vorher in der Industrie gearbeitet und wollte noch einmal neu beginnen, „etwas mit Substanz machen“. Lange sei es bei ihm nur ums reine Geld verdienen gegangen, „aber jetzt möchte ich einen Beruf ergreifen, der mich erfüllt. Ich überlegte auch zur Polizei zu gehen, aber da bin ich zu alt“, so Manuel K., dem Sport sehr wichtig ist. Er lobt die Kameradschaft bei der Bundeswehr, die er schon erfahren hat. Zu den Reaktionen im privaten Umfeld sagt er: „Da war nichts Negatives, aber viel Erstaunen über meinen mutigen Wechsel mit damals fast 40.“

Auch Nico Z. ist begeistert von der „großen Kameradschaft“. Seine Familie und seine Freunde reagierten unterschiedlich auf seinen Berufswunsch „Soldat“: Viele würden sich über seine klare Entscheidung freuen, doch für seine Eltern war es wohl erstmal ein Schock, räumt er ein.

„Ich habe schon viel gelernt und weiß, was die Uniform bedeutet“, sagt Nico Z., „zum Beispiel, dass wir Soldaten auch Mitmenschen immer helfen sollen, wenn wir privat unterwegs sind – und das tue ich gerne und finde das gut“. Der 17-Jährige betont aber auch, dass es Menschen braucht, „die bereit sind, unser Land im Ernstfall zu verteidigen“ und hier wolle er seinen Beitrag leisten. Er schaue Nachrichten und wisse um die schwierige weltpolitische Lage.

Kalt duschen

Nico Z. ist der Jüngste in der Militärischen Vorausbildung und freut sich, dass die neun Männer, die aus verschiedenen Himmelsrichtungen nach Niederstetten kamen schon nach kurzer Zeit eine „gute Gemeinschaft bilden“, zusammen Essen gehen, sich sportlich fordern und gegenseitig motivieren. Schwer fällt ihm nur das Aufstehen morgens um 5 Uhr – „dann muss ich halt kalt duschen“, schmunzelt Nico Z.

Und sein Kamerad Manuel K. fährt fort: „Ich bin der Überzeugung, dass man gerade in diesen schwierigen Zeiten eine eher größere Armee braucht, um Stärke nach außen zu zeigen. Das dient zur Abschreckung. Da will ich als Staatsbürger in Uniform meinen Teil beisteuern.“ Er ist Familienvater und hat eine dreijährige Tochter. „Ich möchte, dass sie sicher hier leben kann. Es ist eine staatsbürgerliche Pflicht unser Land und Freiheit zu verteidigen.“

Der 40-Jährige ging zum Karrierecenter der Bundeswehr. Ursprünglich hatte er sich als Fluglotse beworben, aber diese Ausbildung dauert sehr lange und es gibt eine hohe Durchfallquote. „Wenn ich jünger wäre, hätte ich es gewagt, aber so habe ich mich für die Feldwebel-Laufbahn entschieden.“

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Die ersten Wochen in der Armee brachten den beiden viel Unterricht über die Rechte und Pflichten der Soldaten, zudem viel Sport, aber auch erste Einblicke in die militärische Taktik und dazu ein Kurz-Biwak, also das Schlafen im Gelände. Der Formaldienst und das gemeinsame Marschieren sind wichtige Punkte. Ein erster Flug im Transporthubschrauber gehörte auch schon zum Programm. In der Freizeit telefoniert Manuel K. mit seiner Familie in Kassel und hört Musik. Nico Z. schaut Fernsehen mit Kameraden oder streamt Serien.

Beide haben das Ziel in fünf Jahren Feldwebel zu sein und fiebern der Grundausbildung entgegen, sie gehen zur dreimonatigen Grundausbildung an das Internationale Hubschrauberausbildungszentrum nach Bückeburg.

Nico Z. kehrt danach wieder nach Niederstetten zurück, Manuel K. geht dann weiter nach Fritzlar und kommt damit an einen Standort näher zur Familie. Beide erklären auch im FN-Gespräch ihre Bereitschaft, in Auslandseinsätze zu gehen, wenn das nötig sei und sie werben dafür, die Bundeswehr als attraktiven Arbeitgeber auch mal von innen kennenzulernen. Nico Z. empfiehlt die Karrierecenter oder gleich wie er selbst es tat ein Praktikum bei der Truppe zu machen, „es gibt so viele spannende Berufe hier – vom Koch über den Mechaniker bis zum Piloten“.

Der Einstieg bei der Bundeswehr und der Weg zu den Heeresfliegern

Oberleutnant Frederik Ströhlein, der Presseoffizier des Transporthubschrauberregimentes 30 in Niederstetten, berichtete den FN über den Einstieg bei der Bundeswehr, die Ansprechpartner, die Herausforderungen und den Weg zu den Heeresfliegern: „Die erste Kontaktaufnahme sollte über ein Karriereberatungsbüro der Bundeswehr, zum Beispiel in Heilbronn oder Schwäbisch Gmünd erfolgen. Informationen gibt es auf www.KarriereKaserne.de oder unter der kostenfreien Hotline 0800 / 9800880.“

Auf die Bewerbung folgt die Musterung mit Gesundheitschecks, weiteren Tests und einem psychologischen Gespräch. Für eine mögliche Verwendung im Flugbetrieb gibt es noch einmal umfangreichere medizinische Untersuchungen und Fähigkeitstests.

Nach einer Einstellung folgt die Einplanung an einem Standort für die Grundausbildung. Für die Heeresflieger gibt es nur vier Standorte in Deutschland: Faßberg, Bückeburg, Fritzlar oder Niederstetten – „da ist die Auswahl kleiner als wenn man Panzergrenadier wird“, so Oberleutnant Ströhlein, der schmunzelnd nachschiebt: „Und die Marine gibt es natürlich nur in Norddeutschland.“

Wie groß ist der Fachkräftemangel bei der Bundeswehr? Dazu sagt Oberleutnant Ströhlein: „Es gibt einige offene Posten allein schon in Niederstetten, wir sind aber vergleichsweise noch gut aufgestellt. Es gibt Bedarf an Fluglotsen und Piloten, aber da braucht es eine lange Ausbildung. Bedarf ist ebenso an Mechatronikern oder Bus- und Lkw-Fahrern. Alle Interessenten sind willkommen – auch die mit höherem Alter.“

„Jeder muss sich aber bewusst sein, wir sind Militär – hier gibt es bei bestimmten Einsätzen auch ein Risiko für Leib und Leben. Zudem gehört der militärische Drill dazu. Wir sind gefordert bei der Bündnis- und Landesverteidigung und eben auch bei Auslandseinsätzen.“ sabix

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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