Aujeszkysche Krankheit

Morbus Aujeszky: Kein Neuaufflackern im Odenwald- und Tauber-Kreis

Die Aujeszkysche Krankheit sorgte im Main-Tauber-Kreis für Schlagzeilen. Die tödlich verlaufende Infektion wird von Wildtieren übertragen und befiel einen Jagdhund. Doch die Ämter geben Entwarnung.

Von 
Heike Barowski
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Besonders für einen Jagdhund, der auf Nachsuche spezialisiert ist, ist die Gefahr gegeben, sich mit der Aujeszkyschen Krankheit anzustecken, wenn er mit Schleim, Blut oder Innereien eines infizierten Tieres in Berührung kommt. Die Landratsämter mahnen deshalb, den direkten Kontakt zu unterbinden. © DPA/Schlundt

Main-Tauber/Neckar-Odenwald-Kreis. Eine Nachricht im Rundfunk ließ vor einigen Tagen zahlreiche Hundebesitzer im Main-Tauber-Kreis aufhorchen. Der SWR berichtete über das Auftreten und die Ausbreitung der Aujeszkysche Krankheit (AK) und mahnte vor allem Hundebesitzer zur erhöhten Wachsamkeit. Denn für die Vierbeiner verläuft eine Infektion mit dem Virus tödlich.

Doch das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft gab Entwarnung, ordnete die Geschehnisse anders ein. So sei die ansteckende Aujeszkysche Krankheit im vergangenen Jahr deutlich seltener in der Wildschweinpopulation nachgewiesen worden als in den beiden Jahren zuvor.

Fälle gebe es bei Wildschweinen immer wieder

Es seien in Baden-Württemberg 59 Fälle im Jahr 2023 gezählt worden. 2022 waren es 82 Nachweise (siehe Hintergrund). Positive Tests gab es nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums in 20 von 44 Landkreisen, darunter im Hohenlohe-, Neckar-Odenwald- und Main-Tauber-Kreis.

Hintergrund: Aujeszkysche Krankheit – Übertragung, Symptome, Verhalten und Fallzahlen

Die Aujeszkysche Krankheit (AK), auch Morbus Aujeszky oder Aujeszky genannt, erscheint oft auch unter dem Synonym Pseudowut, Juckpest oder Tollkrätze. Die AK ist eine der gefährlichsten Schweineerkrankungen.

Namensgeber für die Krankheit ist der ungarische Tierarzt Aladár Aujeszky, der den Erreger 1902 bei Schweinen entdeckte.

Bei der Aujeszkyschen Krankheit handelt sich um eine weltweit verbreitete und anzeigepflichtige Viruserkrankung der Säugetiere. Hauptwirt und Virusreservoir sind Haus- und Wildschweine, die den Erreger, ein Herpesvirus, lebenslang in sich tragen.

In den achtziger Jahren war die Krankheit in Deutschland bei Hausschweinen sehr weit verbreitet und führte zu großen Verlusten sowohl in Zucht- als auch in Mastbeständen. Eine großangelegte Impfstrategie (DIVA) sorgte dafür, dass ab 2002 die Seuche nicht mehr auftrat. Deutschland gilt daher als Aujeszky-frei.

Mögliche Symptome sind, wie die Namen schon verraten, ein starker Juckreiz am ganzen Körper, der bis zur Selbstverstümmelung führen kann. Auch Ruhelosigkeit und Aggressivität treten neben starkem Speicheln infolge von Schluckbeschwerden auf sowie ein schwankender Gang, Erbrechen und Durchfall. Die Krankheit führt am Ende zu Lähmungen, Krämpfen und Muskelzuckungen.

Die AK verläuft in der Regel tödlich. Infiziert werden können mit dem Virus laut Deutschem Jagdverband (DJV) fast alle Säugetiere. Ausnahmen sind der Mensch, Primaten und Pferde.

Übertragen wird der Virus beim Fressen von virushaltigen, nicht erhitzten, rohen Schlachtabfällen von Schweinen, wie Innereien oder Fleisch. Die Übertragung bei Schweinen erfolgt über den Atmungs- oder Verdauungstrakt (Speichel, Nasensekret), bei Wildschweinen auch über den Deckakt.

Jagdhunde können sich infizieren, wenn sie bei der Nachsuche Kontakt zu infizierten Tieren hatten.

Richtiges Verhalten: In den Wäldern von Baden-Württemberg gibt es zwar keinen Leinenzwang. Dies gilt aber nur, wenn das Tier abrufbar und im Einwirkungsbereich des Halters ist. Hunde sollten dennoch an der Leine geführt werden. Jäger sollten unmittelbare Kontakte von Jagdhunden mit Wildtieren beschränken und die Verfütterung von rohem Fleisch und Innereien vermeiden, raten die zuständigen Behörden in allen drei Landratsämtern.

Verhält sich ein Wildtier auffällig oder wird ein totes Tier gefunden, ist jeglicher Kontakt zu meiden und dies dem Jäger oder dem Veterinäramt zu melden.

Die Entwicklung der Fallzahlen für Baden-Württemberg, bei denen Antikörper gegen das Virus der AK nachgewiesen wurden (durch Monitoring festgestellt, um Afrikanische Schweinepest zu bekämpfen): 2018 75 positive Antikörpernachweise; 2019 48 positive Antikörpernachweise; 2020 44 positive Antikörpernachweise; 2021 75 positive Antikörpernachweise; 2022 82 positive Antikörpernachweise und 2023 59 positive Antikörpernachweise. hei Die Informationen stammen aus folgenden Quellen: DJV/Laves/Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft Baden-Württemberg, Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit.

Ein Sprecher des Ministeriums zeigte sich daher auch nach den jüngeren Berichten über weitere Nachweise im Main-Tauber-Kreis wenig beunruhigt. Fälle bei Wildschweinen gebe es in Deutschland immer wieder, heißt es in einer Pressemitteilung.

Im Main-Tauber-Kreis kein "Neuaufflackern" der AK

Im Main-Tauber-Kreis werden jährlich rund 100 Blutproben von erlegten Wildschweinen im Rahmen des Monitorings auf das Virus der Afrikanischen Schweinepest untersucht, bei denen der Befall von AK ebenfalls überprüft wird. Zwischen drei und fünf Proben wiesen pro Jahr Antikörper des Virus auf. Dies teilte das Landratsamt Main-Tauber auf Nachfrage mit.

In diesem Jahr wurden im Kreis bereits in vier Proben Antikörper festgestellt. 2023 waren es sechs Proben, in denen Antikörper festgestellt wurden.

Mit Nachdruck wies auch die Pressestelle des Landratsamtes darauf hin, dass es kein „Neuaufflackern“ der AK gebe. Vielmehr sei die Seuche bei Wildschweinen ein „ständiger Begleiter“, wobei dies phasenweise mit einem Anstieg an positiven Befunden einhergehen kann. „Diese sind regelmäßig – wie bei anderen Erkrankungen, so auch bei Menschen – in den nasskalten Monaten verstärkt anzutreffen. Dementsprechend dürfte auch für die AK im Sommer damit zu rechnen sein, dass wieder seltener Antikörper festgestellt werden. Es handelt sich also insgesamt um keine neue Form der Bedrohung und auch keine, die unter der Vielzahl an Tierseuchen besonders hervorsticht.“

„Nachdem allerdings nun im November drei und im Januar nochmals vier Wildschweine einen positiven Antikörperspiegel aufwiesen, war es unsere Intention, vor allem die Jägerschaft, die schweinehaltenden Betriebe und die Privathundehalter zu informieren und für die Thematik zu sensibilisieren“, so Pressesprecher Markus Moll.

Jagdhund infiziert

Doch nicht nur Schweine können von der Krankheit betroffen sein. Wie Moll mitteilte, musste kürzlich ein Hund aufgrund einer Infektion eingeschläfert werden. „Bei dem Tier handelte es sich um einen vier Jahre alten Deutschen Langhaar. Bei einer Drückjagd kam der Hund in Sauenkontakt. Bei der Vorstellung des Tiers in einer Tierarztpraxis zeigte er eindeutige Symptome der AK, die sich im Laufe des Tages immer mehr verstärkten. Das Tier wurde eingeschläfert.“

Hartnagel gibt Entwarnung

Hubert Hartnagel war viele Jahre Kreisjägermeister und kennt sich sehr genau aus. Auch der tragische Fall ist ihm bekannt. „Es war ein ganz toller Hund, der sich die Seuche eingefangen hat. Aber das ist das Schicksal aller Jagdhunde, die mit Sekreten von an Aujeszky erkrankten Wildschweinen in Kontakt kommen.“ Dies sei vor allem für die Jäger, die sich mit ihrem Hund auf die Nachsuche spezialisiert haben, ein großes Problem. „Die Erkrankung eines Hundes kommt selten vor. Aber wir wissen auch nicht, wie viele Tiere tatsächlich befallen sind“, relativiert Hartnagel.

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„Ich habe selbst einen Schweißhund. Ich lasse meine Anna nicht mehr an das erlegte Stück ran. Denn für unsere Vierbeiner, die Familienmitglieder sind, wäre eine Infektion tragisch“, sagt er. Aufgeschreckt seien die Jäger im Kreis nicht, die Gefahr der Ansteckung sei ihnen dadurch deutlich vor Augen geführt worden.

Hartnagels eindringlicher Rat: „Von toten oder verhaltensauffälligen Wildschweinen Abstand halten und den eigenen Hund an der Leine lassen.“ Letztes gab er auch mit Hinweis darauf, dass in Kürze wieder Nachwuchs bei Wildtieren ansteht.

Auch das Landratsamt sieht die Gefahr einer Ansteckung von Hunden und Katzen als relativ gering ein. „Bei Jagdhunden sind Ansteckungen selten, aber nicht völlig auszuschließen. Schon ein Zerren am Wildschwein kann reichen, um das Virus auf den Hund zu übertragen.“

Im Neckar-Odenwald-Kreis

Seit über zehn Jahren werden im Neckar-Odenwald-Kreis bei Blutuntersuchungen von gesund erlegten Wildschweinen regelmäßig Antikörper gegen dieses Herpesvirus gefunden. „Wir gehen im ganzen Großraum, das heißt über den Odenwald hinaus, davon aus, dass rund 10 bis 15 Prozent der Wildschweine Kontakt mit dem Virus hatten und daher Antikörper gebildet haben. Das ist in vielen andern Bundesländern ähnlich. Das heißt aber nicht, dass diese Individuen auch krank oder ansteckend sind. Wildschweine scheinen kaum Krankheitssymptome zu entwickeln“, so Jan Egenberger, Pressesprecher des Landratsamtes des Neckar-Odenwald-Kreises. Seit der Seuchenfreiheit der Hausschweine im Jahr 2002 sei kein einziger Erkrankungsfall amtlich registriert geworden.

Wie das Landratsamt dennoch mitteilte, soll vor ein paar Jahren ein Jagdhund in Buchen an AK erkrankt und eingeschläfert worden sein. Ein Befund darüber liege dem Amt jedoch nicht vor. „Wenn man berücksichtigt, wie viel bei uns im Odenwald auf Wildschweine mit Hunden gejagt wird, wird deutlich, wie selten Infektionen von Hunden tatsächlich sind“, teilte Egenberger mit.

Rückläufigkeit nicht gesichert

Doch gibt es eine Rückläufigkeit der Fälle? Dafür gebe es nicht genug Blutuntersuchungen, um gesicherte Aussagen über Verteilung oder Trends der Virus- oder vielmehr der Antikörperverbreitung zu treffen. „2020 haben wir elf, 2021 sechs und 2022 vier positive AK-Antikörpernachweise gezählt, bei jährlich 60 bis 80 Blutproben, die eigentlich für das Schweinepestmonitoring genommen werden.“ Aus Sicht des Fachdienstes Veterinärwesen könne man im Neckar-Odenwald-Kreis daraus jedoch nicht gesichert auf eine Rückläufigkeit geschlossen werden.

Im Main-Spessart-Kreis

Im Nachbarlandkreis wurde die AK zum letzten Mal im Jahr 1999 bei einem Wildschwein festgestellt, durch eine serologische Monitoringuntersuchung. Dies teilte das Landratsamt auf Anfrage mit. „Die von Jägern bei erlegten Wildschweinen gezogenen Blutproben werden automatisch auf drei Viruserkrankungen untersucht, darunter auch die Aujeszkysche Krankheit. Da hierfür nunmehr andere Probenröhrchen als früher benötigt werden, ist die Zahl der Einsendungen in unserem Landkreis sehr stark zurückgegangen. Im Jahr 2023 wurden für den Main-Spessart-Kreis nur noch 22 Proben eingesandt“, gab Markus Rill, Leiter für Medienkommunikation, zu verstehen.

Trotz des nicht nachgewiesenen Auftretens der Krankheit informiert das Landratsamt Hunde- und Katzenhalter darüber, dass sie kein rohes (Wild-) Schweinefleisch an ihre Tiere verfüttern sollen. Besondere Sorgfalt ist zudem beim Einsatz der Jagdhunde geboten. Jäger sollen sie von verletzten oder erlegten Wildschweinen fernhalten.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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