Aprilwetter

Main-Tauber-Kreis: Frost hat in Weinbergen viel zerstört

Das sonnige Wetter der vergangenen Wochen ließ die Weinbauern in der Region auf ein überaus gutes Erntejahr hoffen. Doch der Frost in der Nacht von Sonntag auf Montag und am Dienstag hat die Euphorie mit einem Schlag zunichte gemacht.

Von 
Sascha Bickel
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Das Wetter macht den Winzern enorm zu schaffen. Viele Triebe sind erfroren. © WG Beckstein

Main-Tauber-Kreis. Die Temperaturstürze zu Wochenbeginn haben die Winzer stark getroffen und viel Arbeit in den Weinbergen der Region zerstört. Die FN-Redaktion hörte sich in Beckstein, Markelsheim, bei der Winzergemeinschaft Franken und einzelnen Weingütern um. Der Schock sitzt überall tief.

Ein erfrorener junger Trieb an einem Weinstock. © Daniel Karmann/dpa

Als Winzer Konrad Schlör in Reicholzheim am Montag aufwachte, war das kein guter Morgen für ihn. Auf Minus 1,5 Grad war das Thermometer in der Nacht gefallen, am Nachmittag sollte das Wetter noch eine Schippe drauflegen: Regen bei hoher Luftfeuchtigkeit und tiefen Temperaturen sollten die Reben seines Weinguts „Fürst“ weiter schädigen.

Am Dienstag dann kam es zu einem regelrechten Wintereinbruch mit bis zu Minus drei Grad. Das Ergebnis: Nahezu 100 Prozent des Ertrags wurden vernichtet, an eine Ernte sei kaum zu denken. „Da werden die Klimaveränderungen spürbar“, so Schlör, der von von einem Totalausfall spricht und hinzufügt: „Es sieht wirklich düster aus.“ Einziger Hoffnungsschimmer, den der Winzer noch sieht, ist, dass die Beiaugen durch den Frost nicht zu Schaden gekommen sind. Somit besteht die Möglichkeit, den Ernteverlust doch noch im Rahmen zu halten. Schlör weist aber darauf hin, dass der Frost für ihn wirtschaftlich derzeit keine Katastrophe darstellt. Denn im Moment könne er noch auf die sehr guten Bestände der vergangenen beiden Jahren zurückgreifen.

„Markantes Ereignis“

Von einem „markanten Frostereignis“ von Sonntag auf Montag und zusätzlich noch von Montag auf Dienstag dieser Woche spricht Michael Braun, der Geschäftsführende Vorstand der Becksteiner Winzer, bedrückt gegenüber den FN: „Wie hoch die Schäden sind, können wir noch nicht abschätzen, dafür brauchen wir noch Zeit.“ Die zwei Nächte hätten sich im negativen Sinne „gut ergänzt“ und der Frost sei gründlich gewesen und habe verschiedene Flächen betroffen.

„Mit dem Frost auf Montag hätte wir leben können, aber der auf Dienstag war heftig“, fährt Braun fort und erinnert daran, dass die Winzergenossenschaft über 270 Hektar und 21 Ortschaften verteilt sei – „das müssen wir erstmal sichten“. Zudem sei der Weg bis Herbst noch lang und so gebe er jetzt die Hoffnungen für die Ernte 2024 noch nicht auf, so Braun und fügt an: „Wenn nun eine warme Periode nachkommt, schiebt der Stock vielleicht nach, dann ist die Entwicklung wieder positiver.“

Gut funktioniert hätten wieder die Beregnungsanlagen in Gerlachsheim und Unterschüpf, die anderen Bestände seien jedoch alle betroffen. „Das ist die Natur. Damit müssen wir umgehen. Wir befinden uns jetzt in einem Tal und irgendwann geht es wieder bergauf“, versucht Braun noch Zuversicht auszustrahlen und erwähnt das letzte große Frostereignis 2020, das man ebenfalls hinter sich lassen konnte.

Verbraucher können helfen

An die Verbraucher richtet WG-Geschäftsführer Braun den Appell jetzt erst recht, die regionalen Winzer zu unterstützen und sich mit hiesigem Wein bei Bedarf zu versorgen. Die Regale seien im Handel gut gefüllt.

Dass sich die Konsumenten auch weiterhin mit gutem, regionalen Wein versorgen können, betont ebenfalls Michael Schmitt, der Vorstandsvorsitzende der Weingärtnergenossenschaft Markelsheim. Er bestätigt viele Aussagen von Michael Braun und ruft ebenso dazu auf, die heimischen Weingärtner durch den Kauf ihres Weines zu unterstützen.

Zu den beiden Frostnächten zu Wochenbeginn sagt Schmitt, dass sie „ein Schock“ seien und dies besonders nach den hohen Temperaturen noch vor kurzem. Die Frage bleibe vorerst offen, wie groß die Ernte dieses Jahr noch ausfallen könne. „Es sieht böse draußen aus, doch es ist auch schwierig, jetzt schon konkrete Zahlen zu nennen. Wir müssen die nächsten Wochen schauen, ob noch Nachzügler-Knospen kommen.“

Die WG Markelsheim zählt etwa 190 Hektar Anbaufläche und erstreckt sich über Markelsheim, die Stadtgebiete Weikersheim und Niederstetten. „Wir werden uns die nächsten Tage mit den Winzern zusammensetzen und das weitere Vorgehen besprechen“, so Schmitt, der abschließend noch auf die Feuer (in Form von Frostfackeln) in manchen auswärtigen Weinbergen und Obstplantagen eingeht, die in den Fernsehnachrichten unter anderem gezeigt wurden.

In Markelsheim praktiziere man dies nicht, um die Bodentemperaturen in der Nacht zu erhöhen und die Gewächse zu schützen. Es sei grundsätzlich eine Frage, ob dies in die Zeit passe.

Auch bei der Winzergemeinschaft Franken (GWF) spürt man die Folgen der kalten Nächte: „Der Frost von Sonntag auf Montag, aber besonders von Montag auf Dienstag mit bis zu Minus vier Grad in der Spitze, über einen Zeitraum von fast zehn Stunden, haben den Weinbergen extreme Schäden zugefügt“, meint Andreas Oehm, Vorstandsvorsitzender der GWF. Dabei sei im Bereich Dertingen, Kembach, Lindelbach, Reicholzheim und Bronnbach – also im Schwerpunktder GWF Weinberge – ein nahezu 100-prozentiger Schaden durch die beiden Frostnächte festzustellen. Etwas besser sehe es lediglich im mittleren Taubertal mit Külsheim, Uissigheim, Königheim, Werbach, Impfingen und Großrinderfeld aus. Denn hier sei in Uissigheim und Königheim noch ein kleiner Lichtblick mit „nur“ 75 Prozent an Schäden zu erkennen, berichtet Oehm.

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Der Külsheimer Winzer Thomas Spengler meint zu den Verheerungen in seinen Weinbergen: „Es ist zum Heulen. Mich macht es einfach traurig, dass nahezu alles kaputtgegangen ist und die ganze Mühe im Vorfeld zunichte gemacht wurde.“ Sogar die Frostrute, die eigentlich als Reserve für solche Extremwetterereignisse, wie sie zu Beginn der Woche eingetreten sind, gedacht ist, sei erfroren, so Spengler. Dabei seien die vergangenen Wochen mit ihren warmen Temperaturen vielversprechend gewesen.

Große Bedenken

„Vom Wachstum her sind die Reben in letzter Zeit regelrecht explodiert und hätten bereits eine für diese Zeit beträchtliche Länge von etwa vier bis sechs Zentimetern erreicht“, erläutert Spengler. Der Winzer macht sich aber nicht nur um seine im Herbst anstehende Ernte Sorgen, sondern hat auch große Bedenken, dass der Frost vielen anderen Winzern den letzten Rest gegeben haben könnte und diese in der Folge den Weinbau an den Nagel hängen könnten.

Erst kam der Regen, dann auch noch der starke Frost. © WG Beckstein

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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