Interview mit Stadtbaudirektor Bernd Straub

Bad Mergentheim: Viele Baustellen und der Kampf gegen die Hitze

Eine Vielzahl an Projekten im Rahmen der Landesgartenschau, dazu Verkehrs-, Energie-, Wohnbau und Gewerbethemen halten das Stadtbauamt auf Trab. Der Chef stellt sich dazu den FN-Fragen.

Von 
Sascha Bickel
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In Bad Mergentheim wird viel gebaut (Symbolbild) und zahlreiche Entwicklungen werden gerade auch mit Bebauungsplänen angestoßen. © dpa

Bad Mergentheim. Bis zur Landesgartenschau 2034 und darüber hinaus soll noch einiges in der Kurstadt umgebaut und verändert werden. Der Gänsmarkt ist da nur der Anfang. Zusätzlich beschäftigen Stadtbaudirektor Bernd Straub und seine Mannschaft des Stadtbauamtes noch viele weitere Themen: Straßen, Kindergärten, die neue Grundschule in der Au, Feuerwehrgerätehäuser, Bebauungspläne für neue Wohnquartiere, Gewerbe sowie Freiflächen-Photovoltaikanlagen.

Stadtbaudirektor Bernd Straub stand den FN für ein ausführliches Interview im Rathaus zur Verfügung. © Sascha Bickel

Bitte umreißen Sie kurz Ihren Verantwortungsbereich?

Bernd Straub: Als Stadtbaudirektor bin ich zuständig für das Bauen in der gesamten Stadt Bad Mergentheim. Wir haben hier drei Sachgebiete: Hochbau, Tiefbau und Technische Dienste sowie das Bauordnungsamt, dazu die Geschäftsstelle des Gemeinsamen Gutachterausschusses Main-Tauber-Süd. Zudem habe ich noch die technische Geschäftsführung bei der Erholungs- und Freizeitpark GmbH, der Besitzgesellschaft der „Solymar“-Therme, inne und auch die technische Werksleitung beim Eigenbetrieb „Abwasser“.

Wie stark ist Ihr Team und ist es richtig, dass Sie in den vergangenen Jahren mit einigen unbesetzten Stellen zu kämpfen hatten?

Straub: Ja, das ist richtig. Zusammengerechnet zählen über 150 Personen zu meinen Verantwortungsbereich und das sind mehr als noch vor fünf Jahren. Gerade das Bauamt ist personell gewachsen.

Wir hatten einige offene Stellen, darunter auch mehrere Jahre lang die Sachgebietsleitung Tiefbau. Das spürten alle, denn die viele Arbeit musste entsprechend anders verteilt werden und die Belastung war hoch. Dankenswerterweise haben wir vom Gemeinderat auch für 2024 weitere Stellen in unserem Bereich bewilligt bekommen und wenn wir diese alle besetzt haben, dann können wir damit gut arbeiten. Übrigens wurden auch neue Funktionen geschaffen: zum Beispiel Klimaschutzmanager, Flächenmanager oder Quartiersmanager. Diese ergeben sich unter anderem durch die Stadtsanierung und werden gefördert.

Beim Bauhof haben wir den Zuschlag für vier weitere Stellen bekommen, um den Generationswechsel stemmen und das Wissen erhalten zu können.

Was beschäftigt das Stadtbauamt am Allermeisten? Die Landesgartenschau-Projekte?

Straub: Die Hauptanforderung ist, die Stadt für die nächsten 20 Jahre fit zu machen – in allen Punkten und in alle Richtungen. Die Landesgartenschau 2034 ist eine wichtige Marke, aber die Stadtentwicklung geht darüber hinaus.

2034 sollen wir für das Land Baden-Württemberg gemäß dem ausgewählten Motto „Blühende Quellen in Bad Mergentheim“ präsentieren. Entsprechend ist es ein großes Anliegen, zu diesem Zeitpunkt auch etwas Gutes vorzeigen zu können und daran arbeiten wir intensiv!

Wir haben zudem das Stadtsanierungsgebiet „Altstadt/Stadtgarten“, eines der größten im Land, zugesprochen bekommen und dieses eröffnet uns nun viele Chancen, die Stadt zukunftsfest aufzuwerten. Es hilft uns, mit Zuschüssen in privaten und öffentlichen Bereichen Entwicklungen voranzutreiben. Viele Häuser müssen saniert werden. Bislang haben wir schon 35 Gespräche mit privaten Eigentümern in der Innenstadt geführt. Mit dieser ersten Zwischenbilanz bin ich sehr zufrieden.

Die Stadt peilt perspektivisch zusätzlich ein zweites Sanierungsgebiet „Herrenwiesen“ an, um auch hier großflächige Veränderungen in Gang setzen zu können. Je schneller wir im ersten Sanierungsgebiet sind, umso eher kommt das zweite. Wie gesagt, wir blicken auf einen Zeithorizont von 20 Jahren. Viel Arbeit, aber dafür sind wir und die zusätzlichen Stellen ja auch da.

Welches Vorhaben bereitet Ihnen aktuell am meisten Kopfzerbrechen? Der Gänsmarkt vielleicht?

Straub: Kopfzerbrechen macht mir kein Projekt. Ich habe jedoch Respekt vor der Fülle an Vorhaben, die wir momentan vor uns haben, und der Komplexität der Projekte. Wir können alles lösen, nur brauchen wir das passende Personal und die nötigen Entscheidungen. Wichtig ist auch die richtige Kommunikation nach außen und die ist bei komplexen Vorhaben nicht immer einfach.

Schauen wir auf den Gänsmarkt, dieser bietet alles, was ein Tiefbauer oder Bauingenieur so in seiner Ausbildung maximal bekommen kann: Da geht es um Archäologie, Bodenarchäologie, historische Gebäude, alte Bausubstanzen, Trinkwasser, Grundwasser, Heilquellenschutz, Denkmalschutz, Kampfmittel, Wärme, Strom und Internet, dazu Kanäle aus der Vergangenheit, die nicht so ganz optimal angelegt wurden und mehr.

Zu 90 Prozent geht es in den Untergrund und das, was später oben noch sichtbar ist, ist der kleinste Teil. Die Unwägbarkeiten sind hier am größten trotz bestmöglicher Vorbereitung.

Sind Sie mit dem Verlauf der Bauarbeiten am Gänsmarkt bislang zufrieden? Hält der Zeitplan?

Straub: Wir wollen Anfang 2025 fertig sein. Wir gehen davon aus, dass wir den Zeitplan gut halten können. Von der fachlichen Ausführung her bin ich zufrieden. Der Aufwand ist extrem, aber wir haben kompetente Firmen am Start.

Es macht aber keinen Spaß, wenn persönliche Betroffenheiten dazu führen, dass Neues erstmal schlechtgeredet wird, ohne über Detailwissen zu verfügen. Verbale Angriffe auf unsere Bauamtsmitarbeiter, dazu mutwillige Zerstörungen und Schmierereien sind zudem nicht tolerierbar.

Welche und wie erleben Ihre Mitarbeiter und Sie die Kritik von einzelnen Bürgern?

Straub: Kritik gehört immer dazu, wir haben keine Angst davor, wir wollen nur, dass sie konstruktiv bleibt und sich an der Sache orientiert und eben nicht auf einzelne Personen abzielt. Dann setzen wir uns auch damit auseinander. Werden Mitarbeiter persönlich angegangen, führt das zu Verdrossenheit und eventuell leidet die Motivation. Das darf nicht sein und das kann ich als Vorgesetzter auch nicht dulden.

Was wünschen Sie sich im Hinblick auf die Entscheidungsprozesse und die Neuheiten?

Straub: Grundsätzlich wünschen wir uns, dass demokratisch gefällte Entscheidungen akzeptiert werden. Und auch wir im Bauamt wünschen uns, das richtungsweisende Entscheidungen Bestand haben!

Zu den Neuheiten in unserer Stadt zähle ich die wassergebundene Fläche, die Versickerungsfläche zwischen Münster und Spital, die in der Lage ist, das Regenwasser aufzunehmen und zu speichern und es an heißen Tagen durch Verdunstung wieder in Teilen abgeben kann. Man sollte auch einmal ein bisschen Vertrauen haben, auch wenn man es bislang nicht kennt, dass es trotzdem gut sein kann und funktioniert. Etwas Zuversicht wäre schön. Wir müssen unser Stadtklima positiv beeinflussen, ansonsten wird die Kurstadt langfristig überhitzen und die Innenstadt eben im Hochsommer nicht mehr lebenswert sein.

Was ist der nächste große Schritt in der Stadt?

Straub: Die Umgestaltung der anderen Plätze der Innenstadt ist ein Schwerpunkt: Bahnhofsplatz, Deutschordenplatz, Marktplatz und Hans-Heinrich-Ehrler-Platz. Dazu rückt auch die Igersheimer Straße, der neue „grüne Boulevard“, in den Fokus. Da warten wir noch auf eine Förderzusage. Spätestens im Herbst werden wir dem Gemeinderat eine neue zeitliche Reihenfolge der Projekte in Abhängigkeit der nötigen Förderprogramme vorschlagen. Die Zuschüsse sind extrem wichtig für die Gesamtfinanzierung und danach müssen wir unsere Pläne und die Umsetzung ausrichten.

Parallel gibt es eine Vielzahl an Bebauungsplänen zu erstellen. Wie sehr ist das Bauamt dadurch belastet?

Straub: Im Moment laufen 22 Bebauungspläne parallel, dazu kommt der Flächennutzungsplan. Das ist ein Spitzenwert, aber er erschreckt uns nicht. Wir arbeiten das ab. Geht es um hoheitliche Aufgaben der Stadt bleiben die Kosten bei uns, bei privaten Verfahren wie der Umgestaltung des Ex-Limot-Areals am Eisenberg oder dem Medi-Spa-Projekt am Kurpark sind die Investoren gefordert. Wir als Stadtbauamt holen uns zudem Unterstützung bei externen Ingenieur- und Fachbüros.

Es geht auch um Bau- und Gewerbegebiete, zum Beispiel das urbane Gebiet Herrenwiesen Süd an den Bahngleisen. Dies ist der Einstieg in die Konversion der Herrenwiesen. Dazu kommen Freiflächen-Photovoltaikanlagen.

22 Bebauungspläne sind auch 22 Entwicklungspunkte in der Stadt. In der Regel dauert die Aufstellung 18 bis 24 Monate. Die Baumaschinen rücken normalerweise an, wenn der komplette B-Plan vollständige Rechtskraft erhalten hat.

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Welche Aufgabe macht gerade am meisten Spaß?

Straub: Ich habe kein Lieblingsprojekt. Mir macht es Freude, wenn ich die vorhandenen Projekte in ihrer Gesamtheit gut koordinieren kann. Durch die Personalverstärkung werde ich dazu hoffentlich wieder mehr kommen. Die vergangenen zwei Jahre war ich durch den Personalmangel zu viel ins Tagesgeschäft eingebunden.

Wir müssen als Stadtbauamt die Vielzahl an Projekten beispielsweise in der Innenstadt so miteinander verknüpfen, dass die Stadtentwicklung funktioniert. Ich möchte alles gut aufeinander abstimmen, so dass es eine gezielte und schlüssige Entwicklung gibt.

Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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