Gastronomie

Dehoga kämpft um Beibehaltung der sieben Prozent Mehrwertsteuer

Die Gastronomie schlägt Alarm. Ab 2024 soll die Mehrwertsteuer wieder von sieben auf 19 Prozent für Speisen steigen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) befürchtet eine erneute Pleitewelle.

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Heike von Brandenstein
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Kreisvorsitzender Frank Bundschu sieht sich in der Zwickmühle der Politik und hofft auf Einsicht der Politik. © dpa

Main-Tauber-Kreis. Gut Essen zu gehen ist ein echter Genuss. Was während der Corona-Pandemie gar nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich war, genießen viele jetzt in vollen Zügen: Nicht am eigenen Herd stehen zu müssen, sondern sich einfach mal wieder bedienen zu lassen. Die Restaurants, die Corona überstanden haben, freuen sich über ihre Gäste, kämpfen allerdings noch immer unter den Nachwirkungen der Pandemie. Und jetzt soll zum Jahresende auch noch die Absenkung auf sieben Prozent Mehrwertsteuer fallen.

Schließungen befürchtet

Die Erhöhung auf 19 Prozent bei Speisen müsste komplett auf die Preise aufgeschlagen werden, so die Befürchtung. 36 000 Gastronomiebetriebe mussten aufgrund der Corona-Pandemie deutschlandweit schließen, jetzt befürchtet Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Dehoga Bundesverbands, wiederum das Aus für tausende Betriebe. „Die öffentlichen Wohnzimmer dürfen nicht schließen“, postulierte sie gegenüber der Tagesschau.

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Der Dehoga im Südwesten steht voll hinter der Kampagne des Bundesverbands. Frank Bundschu, Vorsitzender des Verbands im Main-Tauber-Kreis, berichtet von einer Videokonferenz der Dehoga-Beiräte, in der man sich kürzlich mit dem Thema befasst hat.

Letztlich müsse es eine Gesetzesinitiative geben, so die einhellige Meinung dort. Mecklenburg-Vorpommern habe bereits eine Bundesratsinitiative zum Fortbestand des ermäßigten Steuersatzes auf den Weg gebracht.

„Wir sind in der Zwickmühle der Politik und Verhandlungsmasse des Ampelstreits“, beschreibt Bundschu das Dilemma der Gastronomen. Schließlich geht es um 3,4 Milliarden Euro, die der Staat mit dem Auslaufen der verringerten Mehrwertsteuer einnehmen könnte.

Bundschu ist sich bewusst, dass Themen wie Energiewende oder Kindergrundsicherung wichtig und teuer sind. Dennoch kämpfen er und seine Mitstreiter für die Gastronomie. Sie stehe für die für regionale Identität und Heimat und biete Genuss und Lebensqualität.

Kritisches Konsumklima

„Das Konsumklima ist kritisch zu bewerten“, so der Dehoga-Vorsitzende des Main-Tauber-Kreises. Die Menschen überlegten genau, wofür sie ihr Geld ausgeben. Steigende Lebensmittel- und Energiepreise und die Inflation schlügen zu Buche. „Der Preisschock sitzt den Leuten tief in den Knochen. Da können wir unsere Preise eigentlich nicht erhöhen“, so der Bad Mergentheimer Gastronom. Die Gastronomie befinde sich aber noch immer nicht auf dem Vor-Corona-Niveau, die Personalkosten seien gestiegen und gerade Restaurants spürten kletternde Energiepreise mehr als deutlich. „Für eine Kilowattstunde zahle ich heute 20 Cent mehr als vor dem Krieg in der Ukraine. Unsere energieintensive Küche verbraucht 55 Kilowatt pro Stunde“, erläutert er.

Der Dehoga-Bundesverband hat sich angeschaut, wie die Besteuerung europaweit aussieht. In 23 von 27 EU-Staaten gilt der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf Speisen in der Gastronomie.

In Luxemburg sind es bei einem Normalsatz von 19 Prozent lediglich drei Prozent, in Tschechien zehn Prozent (normal 21), in Österreich zehn Prozent (normal 20), in Frankreich zehn Prozent (normal 20), in den Niederlanden neun Prozent (normal 21), in Belgien zwölf Prozent (normal 21) und in Polen acht Prozent (normal 23). Allein Dänemark hat als Nachbarland mit 25 Prozent zwei einheitliche Mehrwertsteuersätze.

Steigende Preise

Auch Stefan Kempf, der Restaurants in Wertheim, Tauberbischofsheim und Eichenbühl betreibt, setzt sich klar für eine Beibehaltung des Sieben-Prozent-Satzes ein. „Wir kaufen Lebensmittel mit sieben Prozent ein, verarbeiten sie und sollen sie für 19 Prozent abgeben“, kritisiert er. Er befürchtet bei einer Anhebung, dass sich die Preise, wenn auch mit Fingerspitzengefühl, langsam nach oben drehen werden.

Für Frank Bundschu stellt sich der Unterschied zwischen sieben und den wieder anvisierten 19 Prozent so dar: „Wir veredeln Lebensmittel durch unsere Arbeit, so dass der Staat mit seinen Steuern letztlich auf den Fleiß der Gastronomen abzielt.“

Rechenbeispiel

Bei einem Schnitzel, das für zehn Euro serviert wird, entfallen beim jetzigen Mehrwertsteuersatz 65 Cent auf die Steuer, der Gewinn beträgt 47 Cent, der Rest sind Kosten für Ware, Personal und Energie.

Würde der Steuersatz auf 19 Prozent erhöht, würde die Steuer 1,78 Euro betragen und der Gewinn nach wie vor bei 47 Cent liegen. Bei Weitergabe der Steuern würde sich der Schnitzelpreis um 11,3 Prozent auf 11,13 Euro für den Gast erhöhen.

Bliebe der Preis trotz Steueranstieg bei zehn Euro, käme der Wirt auf einen Verlust von 44 Cent bei gleichen Kosten. Bei einer Kostensteigerung bei gleichem Gewinn stiegen Preis und Steueranteil.

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

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