Biber werden zu einer immer größeren Plage - Vertreter von Kommunen und Bauernverband üben scharfe Kritik am Management des Landes

„Das Land gleicht Schäden nicht aus“

Von 
Klaus T. Mende
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Biber sind putzige Gesellen – wenn sie sich nur nicht so vermehren würden. Inzwischen sind sie auch in der Region zu einer Plage geworden – und richten beträchtliche Schäden an. Wie soll es weitergehen? Die FN haben nachgefragt.

Odenwald Tauber. Külsheims Bürgermeister Thomas Schreglmann hat von den „Machenschaften“ des Nagers die Nase voll. „So wie es jetzt ist, kann die Situation definitiv nicht bleiben“, findet er gegenüber den Fränkischen Nachrichten klare Worte. Die bisherigen Schäden seien für ihn und betroffene Landwirte einigermaßen akzeptabel gewesen. „Ich hatte zwar erhebliche Aufwendungen mit dem Bauhof – wir haben in Gewässern Umgehungsgerinnen gebaut oder in Absprache mit dem Biberbeauftragten des Regierungspräsidiums und des Landratsamts die Dämme immer wieder zurückgenommen oder Abwasserrohre in sie eingelegt, damit das Wasser weiterhin abfließen konnte.“

Zig Kilometer marode Wege

Wenn der „ach so putzige ,Castor fiber’“ jedoch gut ausgebaute, frisch geteerte landwirtschaftliche Wege unterhöhle, die jetzt einbrechen, sei Schluss. „Ich habe auf meinen Gemarkungen zig Kilometer marode Wege, da werde ich nicht tatenlos zuschauen, wie neuwertige, vom Steuerzahler bezahlte Wege, unnötig kaputt gemacht werden. Das bekommt auch kein Bürgermeister mit seinem Diensteid und dem Wohl der Gemeinde unter einen Hut“, so der Külsheimer Schultes weiter. Da sei es wirtschaftlicher, einen Biber zu „entsorgen“ und vielleicht eine Geldstrafe aus dem Stadtsäckel zu riskieren, „weil die Instandsetzung der Wege ein Vielfaches kostet“.

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Im Land gebe es zwar einen Entschädigungsfond für den Wolf, für den Biber aber lediglich kostenlosen Maschendrahtzaun aus dem Landratsamt. Die Bayern seien da weiter: „Hier gibt es Entschädigungsfonds für beides. Das ist das Mindeste, was wir in Baden-Württemberg brauchen.“ Am sinnvollsten wäre es aber, den bayerischen Weg auch in Baden-Württemberg komplett umzusetzen: Entschädigungsfonds plus „Entnahme“ von über 1000 Tieren/ Jahr. „Wir müssen die Überpopulation reduzieren – nur Schäden bezahlen, reicht schon lange nicht mehr.“

Auch der Bauernverband Main-Tauber übt heftige Kritik am Biber-Management der Politik. „Auf landwirtschaftlichen Flächen treten Schäden durch umgestürzte Bäume oder wegen der Nahrungssuche auf. Dämme muss der Biber in der Tauber nicht bauen, da sie tief genug ist. Allerdings wird das Flussufer durch die Grabarbeiten instabil. Folgen werden hier erst durch ein Hochwasser sichtbar werden“, beschreibt Stefan Fröber, Bauernverband Main-Tauber, die Lage. An kleineren Gewässern, aber auch an Vorflutern, habe das Auftreten des Bibers massive Auswirkungen. Hier würden teils komplette Schläge für die landwirtschaftliche Nutzung unbrauchbar, da der Biber Wasser aufstaue, Flächen vernässten und nicht mehr befahrbar seien oder die Kulturpflanzen im Wasser ersticke. Auch auf angrenzenden Wegen wirke sich der Nager negativ aus.

„Problematisch aus landwirtschaftlicher Sicht ist die Blockadehaltung der Landesregierung, die Biberschäden zu regulieren“, kritisiert Fröber. Bisher blieben Eigentümer/Bewirtschafter auf den Kosten sitzen. Der Ausfall der Bewirtschaftung sei zwar noch zu beziffern, aber wenn etwa ganze Drainagen verstopfen, weil kein Abfluss mehr vorhanden sei und sich Sediment in den Rohren absetze, gehe die Reparatur in die Zehntausende. Auch das Verkehrsrisiko sei immens, wenn Wege untergraben werden und bei einer Überfahrt einbrechen.

Wünschenswert wäre, wenn kurzfristig das Land die Kosten übernimmt und außerdem der Rückbau von Nebendämmen sowie die Regulierung der Dammhöhe und das Umsiedeln der Biber einfacher und vor allem sehr viel schneller umgesetzt werden würden.

„Wir wissen, dass der Biber und seine Verbreitung im Land zu emotionalen Diskussionen führt. Lassen sich Biber nieder, verändern sie mit ihren Bauten Seen und Flüsse und gestalten sie naturnah um. Das ist aus Sicht des Naturschutzes erfreulich, aber birgt Konflikte mit den Betroffenen vor Ort“, beantwortet Mareike Schiffko von Stuttgarter Umweltministerium eine FN-Anfrage. Der Biber gehöre jedoch zu den besonders und streng geschützten Arten. Daher müsse die Population in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet erhalten bleiben. Einen Biber zu entnehmen, sei die letzte der Handlungsoptionen und bedürfe einer Ausnahmegenehmigung.

Zur nachhaltigen Lösung von Konflikten habe das Land ein Bibermanagement, „an dessen Fortentwicklung wir aktuell arbeiten“, so Schiffko. Zudem stehe man vor dem Beginn eines Modellprojekts zum Bibermanagement. In diesem sollten nach bayerischem Vorbild Möglichkeiten und Grenzen der Beteiligung und Integration der Jäger im Bibermanagement ausgelotet werden. „Auch soll die Umsetzung letaler Entnahmen vorbereitet und bei Vorliegen einer geeigneten Sach- und Rechtslage praktisch erprobt werden.“ Solch eine Entnahme könne dort erfolgen, wo zumutbare anderweitige Alternativen in der Prävention nicht gegeben seien. Mögliche Entnahmen erfolgten dann auf Basis der Ausnahmetatbestände des Naturschutzrechts. Das heißt, innerhalb des Projektgebiets könnten Biber letal entnommen werden, „wenn es für den Konfliktfall keine alternativen Lösungen gibt“. Die im Modellprojekt gewonnenen Erfahrungen sollen in das landesweite Bibermanagement aufgenommen werden.

Jürgen Wippel aus der Pressestelle des baden-württembergischen Agrarministeriums sieht dem Modellvorhaben mit Interesse entgegen: „Mit dem Projekt soll in den Kreisen Biberach, Ravensburg, Sigmaringen und Alb-Donau-Kreis begonnen werden.“ Von den gewonnenen Erfahrungen solle das gesamte Ländle profitieren. „Oberstes Ziel ist es, schneller auf Konfliktfälle reagieren zu können und diese möglichst zeitnah, langfristig und nachhaltig zu lösen.“

„In Baden-Württemberg gibt es keine Pläne, Schäden von Bibern zu erstatten. Anders als in Bayern oder der Schweiz, hat sich der Biber hier auf natürlichem Weg verbreitet. Das Land gleicht deshalb auch die entstandenen Schäden nicht aus“, lehnt Mareike Schiffko eine finanzielle Lösung strikt ab.

Bibermanagement in Bayern

„Für den Ausgleich von durch Bibern verursachten Schäden im Bereich der Land-, Teich- und Forstwirtschaft stehen jährlich bisher 450 000 Euro zur Verfügung“, zeigt Dr. Thomas Marzahn vom bayerischen Umweltministerium, dass es bei der Schadensregulierung anders geht. Er bestätigt, dass es auch im Freistaat ein Bibermanagement gebe. Die Zuständigkeit dafür liege bei den Kreisverwaltungsbehörden. „Lassen sich Konfliktfälle nicht anders lösen als durch Entnahme, sieht das Artenschutzrecht hierfür Ausnahmen vor.“ Dann könnten Biber auf Grundlage einer Einzelfallgenehmigung oder Allgemeinverfügung entnommen werden. „Bayern hat eine allgemeine Ausnahmeverordnung für bestimmte Bereiche mit hoher Gefährdungs- oder Schadenslage wie an Triebwerkskanälen von Wasserkraftanlagen erlassen.“

Im Ländle werde im Rahmen eines Bibermanagements versucht, durch fachliche Beratung und vorbeugende Maßnahmen Schäden zu vermeiden, führt Markus Moll, Pressesprecher des Landratsamtes Main-Tauber, an . Bei problematischen Situationen müsse in jedem Einzelfall versucht werden, im Zusammenwirken von Naturschutzbehörde, Kommune und dem betroffenen Grundstückseigentümer oder Pächter geeignete Möglichkeiten zur Lösung oder Minderung des Problems aufzuzeigen. „Im Main-Tauber-Kreis ist dies bisher in fast allen Fällen – auch durch die gute Zusammenarbeit mit den kommunalen Bauhöfen – gelungen. Die Untere Naturschutzbehörde wird dabei durch den Bibermanager des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie zahlreiche ehrenamtliche Biberberater fachlich unterstützt.“

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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