Mobilfunk

Mobilfunk im Main-Tauber-Kreis: Einflussmöglichkeiten des Kreises beschränken sich auf "nerven"

Von 
Heike von Brandenstein
Lesedauer: 
Über den Stand des Mobilfunkausbaus im Main-Tauber-Kreis informierte Ina Nolte, Leiterin des Amts für Wirtschaftsförderung, Energie und Tourismus, die Mitglieder des Verwaltungs- und Finanzausschusses. © Stefan Sauer/dpa

Das Gespräch endet mitten im Satz. Verflixt, mal wieder kein Netz. Wohl jeder, der im Main-Tauber-Kreis unterwegs ist, hat das schon einmal erlebt. Der Verwaltungs- und Finanzausschuss erfuhr, wie der momentane Ausbaustand aussieht.

Main-Tauber-Kreis. Eine gute Mobilfunkversorgung war immer das Anliegen des ehemaligen Kreisrats Urban Lanig. Wann immer möglich, monierte er die Funklöcher und wies gerade für die auf dem Land tätigen Mediziner auf die stetig notwendige Erreichbarkeit via Mobilfunkgerät hin, die im Extremfall lebenswichtig sein kann. Dass sich etwas getan hat in Sachen Mobilfunausbau, ist unbestritten. Nur sind der Landkreisverwaltung weitgehend die Hände gebunden, wenn es darum geht, Tempo zu machen.

„Wir haben einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht, sind aber noch nicht da, wohin wir gerne möchten“, sagte Landrat Christoph Schauder bei der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses am Mittwoch in Tauberbischofsheim. Die flächendeckende Verfügbarkeit von Mobilfunk sei ein absoluter Standortfaktor, doch die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten für den Landkreis seien begrenzt. Sinn aber mache es, die Anbieter immer wieder anzusprechen, ihnen „auf die Nerven zu gehen“, denn die Erfahrung zeige: „Wenn einer loslegt, ziehen die anderen nach“, so Schauder.

Ina Nolte verdeutlichte mit Blick auf die einzelnen Anbieter den Mobilfunkausbau im Main-Tauber-Kreis. Die Telekom sei an 57 Standorten im Main-Tauber-Kreis präsent. Vier Standorte seien laut Abfrage von Mitte Mai neu errichtet, 20 mit 5 G aufgerüstet worden. Geplant seien in diesem und im kommenden Jahr 13 neue Standorte im Main-Tauber-Kreis.

Standorte in Planung

Vodafone verfüge über 65 Mobilfunkstandorte, davon 46 mit LTE und zehn mit der 5G-Netztechnologie ausgerüstete. Bis Mitte 2023 plane Vodafone sechs LTE und zwei 5G Neubaustandorte sowie die 5G-Erweiterung in Bad Mergentheim. Das spanische Unternehmen Telefónica besitzt 53 Mobilfunkstandorte im Main-Tauber-Kreis, von denen 36 mit LTE ausgerüstet sind. 5G ist bei Telefónica bislang nicht in Betrieb. 32 dieser Standorte sollen allerdings noch in diesem Jahr mit 5G oder LTE aufgerüstet werden und 18 weitere bis Ende 2024 neu erschlossen werden.

Als wichtigen Partner bezeichnete die Amtsleiterin die Netze BW. Sie gehe aktiv auf die Anbieter zu und biete die Mitnutzung von Mobilfunkantennen oder Funktürmen sowie sonstiger Anlagen an und plane die Umsetzung eines 450 Megahertz-Projekts zur funkbasierten Übertragung von Daten, das mit einem 4G-Funknetz vergleichbar ist. Bereits in den kommenden Wochen würden die ersten Standorte realisiert.

„Wo immer es möglich ist, nehmen wir beim flächendeckenden Ausbau Einfluss“, so Ina Nolte. Das geschehe durch Kommunikation und Information, durch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und der Ausweisung von „Small Cells“ – Standorten für Funkzellen, die nur einen kleinen Bereich abdecken und die etwa auf Laternenmasten platziert werden können.

Eine weitere Strategie ist der Aufbau von 5G-Campusnetzen. Die Wirtschaftsförderung des Landkreises plant derzeit mit der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken eine Roadshow für Unternehmen. Firmen haben dabei die Möglichkeit, für ihr Unternehmen ein eigenes 5G-Campusnetz aufzubauen, das auf ihr Grundstück begrenzt ist, eine durchgängige Funkabdeckung aufweist, viele Endgeräte zulässt und zudem spezielle Sicherheitsmechanismen beinhaltet. „Das ist eine Art Intranet“, so Nolte.

Christian Kremer (Freie Wähler) monierte, dass die Bundeswehr häufig negative Stellungnahmen abgebe, wenn es um die Errichtung von Mobilfunkmasten oder Windrädern gehe. Landrat Christoph Schauder erläuterte dazu, dass dies keineswegs an den Piloten in Niederstetten liege, die dieses Thema durchaus entspannt sehen. Probleme bereite eher die übergeordnete Bürokratie in Köln, Bonn oder Berlin. „Ein kluger kommunalpolitischer Druck mit Unterstützung aus Stuttgart und Berlin kann Türen öffnen. Wir sind in einem permanenten Dialog“, so der Landrat.

Baubiologen verbreiten Unsinn

Joachim Döffinger (CDU) machte aus eigener Erfahrung ein weiteres Hemmnis beim Mobilfunkausbau in Person von Baubiologen aus, die „Horrorszenarien“ mit Blick auf die Gesundheit aufstellten und „Unsinn in der Bevölkerung“ verbreiteten, um nach einem solchen Vortrag wieder abzutauchen. Markus Herrera Torrez (SPD) forderte eine bessere Netzabdeckung entlang der Landes- und Kreisstraßen, um im Auto mobil erreichbar zu sein. Wolfgang Reinhart (CDU) plädierte für eine bessere wechselseitige Koordinierung der Mobilfunkanbieter auf dem Kreisgebiet und fragte an, welcher der drei Anbieter „Small Cells“ gewähre. Frank Menikheim (Freie Wähler) warf ein, dass auch die Kommunen die Möglichkeit hätten, Flächen für Mobilfunkmasten bereitzustellen.

Letztlich war sich das Gremium einig, dass es richtig wäre, wenn mehrere Anbieter gemeinsam Masten nutzten und sich beim Ausbau absprächen. Allein die Einflussnahme der öffentlichen Hand ist bei im freien Wettbewerb stehenden Unternehmen äußerst eingeschränkt.

Redaktion Zuständig für die Kreisberichterstattung Main-Tauber

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten