Medizinische Versorgung in der Region Tauber-Odenwald

Corona-Lockdown vor 5 Jahren: Viel Nervosität in den Kliniken

Vor genau fünf Jahren gab es den ersten Corona-Lockdown in Deutschland. Die Kliniken waren im Stress und die FN wollten wissen, welche Lehren gezogen wurden.

Von 
Sascha Bickel
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Pflegekräfte versorgen 2020 einen schwer an Corona erkrankten Patienten auf der Intensivstation. © picture alliance/dpa

Tauber-Odenwald. Der erste offizielle Corona-Fall in Deutschland wurde im Januar 2020 gemeldet, der erste Lockdown am 16. März beschlossen und er trat am 22. März 2020 in Kraft – heute vor genau fünf Jahren. Er war mit zahlreichen Einschränkungen im öffentlichen Leben verbunden und dauerte sieben Wochen. Die Fränkischen Nachrichten blicken auf die medizinische Versorgung in der Region Tauber-Odenwald zurück und fragten die Krankenhäuser, was heute anders ist, wo nachgesteuert wurde und was noch zu tun ist.

Große Ängste in Deutschland und der Welt

Zur Erinnerung: Die Bilder der Militärlaster voller Särge gingen im Frühjahr 2020 um die Welt. Zu Beginn der Corona-Pandemie war die italienische Region rund um Bergamo besonders betroffen. Das dortige Gesundheitssystem war völlig überlastet. Das schürte auch große Ängste in Deutschland.

Für das Caritas-Krankenhaus in Bad Mergentheim und das Krankenhaus in Tauberbischofsheim schaut Jeremia Berschauer, der Kaufmännische Direktor, zurück und berichtet: „Die Corona-Pandemie begann im Caritas-Krankenhaus bereits am 8. Februar 2020 mit dem ersten Kontakt zu einem positiven Patienten, der gerade aus China zurückgekehrt war. An Ostern 2020 standen das Caritas-Krankenhaus und das Krankenhaus Tauberbischofsheim dann vor dem ersten Höhepunkt der Corona-Pandemie. Weitere Krankheitswellen folgten mit Höhepunkten im März-April 2022 sowie im Oktober-November 2022. Erst am 7. April 2023 wurden die letzten Corona-Schutzmaßnahmen in den Krankenhäusern wie die FFP2-Maskenpflicht für Besucher und ambulante Patienten aufgehoben.“

Umgang mit Covid von vielen Unsicherheiten geprägt

„Die Corona-Pandemie hat die Arbeit in dieser Zeit in unseren Krankenhäusern enorm beeinträchtigt“, betont Berschauer: „Geplante Eingriffe und Operationen wurden verschoben, das führte zu Verunsicherungen bei den Patienten, die wir zum Teil bis heute spüren. Auch für unsere Ärzte und Pflegekräfte war der direkte Umgang mit Covid-Patienten von vielen Unsicherheiten geprägt. Während andere sich in Isolation begeben mussten, kümmerten sich Ärzte, Pflegende und Therapeuten in direktem Kontakt um die Covid-Kranken. Mit der Einführung des Impfstoffs kurz nach Weihnachten 2020 erhöhte sich dann der Schutz für die Mitarbeitenden.“

In den beiden Krankenhäusern, in Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim, gab es über Wochen Besuchsverbote, Sicherheitsdienste kontrollierten die Zugänge. „Davon war manches mit dem Wissen von heute sicher überzogen, etwa, dass die Männer ihre Frauen zeitweise nicht zur Geburt in den Kreißsaal begleiten durften“, so Berschauer: „Aber viele Bestimmungen wurden uns von der Landesregierung vorgegeben und wir hatten praktisch keinen Spielraum.“

Medizinisches Personal brachte großen Einsatz

Mit Blick auf die Patientenversorgung zieht der Kaufmännische Direktor ein positives Fazit: „Es gab enge Absprachen zwischen unseren beiden Krankenhäusern im Taubertal. So waren wir trotz hoher Covid-Patientenzahlen immer aufnahmefähig für Covid-19-Patienten. Das war nur dank des hohen Einsatzes unserer Mitarbeitenden möglich.“ Diese enge Zusammenarbeit sei geblieben und bewähre sich auch heute noch.

„Unser absolutes Plus während der Pandemie: Dank des enormen Geschicks unserer Materialwirtschaft hatten wir immer genug Schutzmaterialien wie Mund-Nasen-Schutz, FFP-2-Masken, Schutzkittel, Schutzbrillen, Handschuhe und Desinfektionsmittel für unsere Mitarbeitenden“, berichtet Berschauer. Jochen Schwab, Teamleiter Einkauf und Logistik, habe daher die Bestände der persönlichen Schutzausrüstung auch heute immer im Blick. „Natürlich prägt dieses Zeit ungemein. Wir halten daher immer eine größere Bevorratung auf Lager, um bei Bedarf einen zeitlichen Vorsprung zu haben“, so Berschauer.

„Heute besser für eine Pandemie gewappnet“

Die Behandlung von Covid-Patienten ist heute Routine und gehört zum Alltag. Auch das ist eine Lehre aus der Pandemie: Der Umgang mit infektiösen Patienten, das Anlegen der persönlichen Schutzausrüstung ist für das medizinische Personal inzwischen Routine. „Sollte eine neue Pandemie auftreten, sind das Caritas-Krankenhaus und das Krankenhaus Tauberbischofsheim in dieser Hinsicht gewappnet“, erklärt Berschauer voller Überzeugung.

Und auch die Neckar-Odenwald-Kliniken (Mosbach/Buchen) „sind heute besser vorbereitet und können souveräner mit einer Pandemie umgehen als im Jahr 2020“, heißt es auf die FN-Anfrage von der zuständigen Pressestelle. Weiter wird mitgeteilt: „Die Pandemiepläne wurden überarbeitet, Abläufe optimiert und eine interne Taskforce eingerichtet. Die Zusammenarbeit mit behördlichen Stellen wurde ausgebaut und Maßnahmen zur Pandemiebewältigung sind fester Bestandteil der Krankenhausprozesse unserer Kliniken.“

Wie von den Ministerien vorgegeben wurde, sei die Bevorratung von Schutzausrüstung erhöht worden, der Materialbezug auf mehrere Lieferanten verteilt und habe man sich langfristige Lieferzusagen gesichert. „Bereits während der Pandemie war dank vorausschauender Planung stets ausreichend Schutzkleidung vorhanden“, heben auch die Neckar-Odenwald-Kliniken hervor.

„Vieles war damals fremdbestimmt“

Harald Löffler, der Geschäftsführer, sagt weiter: „Vieles war damals fremdbestimmt – etwa Quarantänevorgaben und kurzfristige politische Entscheidungen. Staatliche Finanzhilfen kamen verzögert, selbst die Bundeswehr sowie Security-Mitarbeitende unterstützten den Klinikbetrieb. Besonders belastend waren für Betroffene, Angehörige und Klinikpersonal die Besuchsverbote bei sterbenden Patienten.“

Die Pandemie sei intern aufgearbeitet worden, Pläne wurden angepasst und Lehren gezogen. Zudem habe sich gezeigt, „wie essenziell eine wohnortnahe Versorgung und ein gut aufgestelltes Gesundheitssystem mit ausreichend Betten für die Bevölkerung ist“.

„Wir haben gelernt, dass nicht alles planbar ist und man in Krisen spontan, klar und fokussiert handeln muss. Wir sind gut vorbereitet – hoffen aber, dass wir dieses Wissen nicht erneut anwenden müssen. Unsere Mitarbeitenden waren und sind mit vollem Einsatz dabei“, so Harald Löffler, der Geschäftsführer der Neckar-Odenwald-Kliniken, gegenüber den FN.

Lothar Beger, der Verwaltungsdirektor des Krankenhausverbandes Hardheim-Walldürn , bestätigt, dass die ersten Berichte aus Bergamo im Frühjahr 2020 „schon große Sorgen auslösten, wie vergleichbare Szenarien bei uns bewältigt werden könnten“. Während der Pandemie hätten sich die Ängste ein Stück weit gelegt, so Beger, „und gelehrt wie man routiniert mit derartigen Ausnahmesituationen umgehen kann“.

Die Pandemiepläne wurden laut Beger aktualisiert, praktische Erfahrungen seien dabei natürlich eingeflossen. Insgesamt gehe man umsichtiger mit allen Arten von Infektionskrankheiten um. Einlasskontrollen wären schnellstmöglich wieder umsetzbar. Und das Homeoffice sei zur Normalität geworden.

„Aufgrund der Verfallsdaten haben wir bei Verbrauchsmaterialien aktuell keinen größeren Lagervorrat als benötigt. Für eine dauerhafte Nutzung haben wir inzwischen aber zum Beispiel mehr Isowägen im Haus und Isobereiche festgelegt“, erklärt Beger und fügt kritisch an: „Die staatlichen Vorgaben kamen immer sehr kurzfristig, waren mit gesundem Menschenverstand nicht immer zu erklären und haben sich zum Teil auch widersprochen.“ Das habe die Arbeit vor Ort nicht gerade leichter gemacht.

„Wir würden unabhängig proaktiver agieren“

Beger sagt: „Wir würden unabhängig bürokratischer Vorgaben eigenständig proaktiver agieren und mehr individuelle Entscheidungen treffen. Die Anordnungen waren doch oft sehr praxisfremd und einengend. Vor Ort ist der höchstmögliche Schutz von Patienten und Mitarbeitern aus unserer Sicht doch am besten zu beurteilen.“

Der erste Corona-Lockdown in Deutschland ist genau fünf Jahre her. Das Beispielbild zeigt ein Absperrband, das Tische und Stühle vor einem geschlossenen Restaurant umgibt. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

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Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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