Landwirtschaftliche Lehrfahrt

Auf neuen Wegen in positive Zukunft

Mehrere Stationen führten Teilnehmende durch verschiedene Bereiche der Agrar- und Energiewirtschaft

Von 
Matthias Ernst
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Main-Tauber-Kreis. Da staunten selbst die erfahrenen Landwirte unter den Teilnehmern der landwirtschaftlichen Lehrfahrt, die das Landratsamt Main-Tauber in Zusammenarbeit mit dem Verein für landwirtschaftliche Fortbildung (VlF) organisiert hatte. Süddeutschlands größte und modernste Dinkelentspelzungsanlage befindet sich im Mainhafen von Wertheim.

Dinkelentspelzungsanlage

Aufgefallen sind die Lager- und Verarbeitungssilos der ZG Raiffeisen sicher schon vielen beim Vorbeifahren, aber welche Technik dahintersteckt und welche Mengen hier verarbeitet werden können, das war bisher eher unbekanntes Terrain. Anders als die Mainmühle, die sich etwas weiter flussaufwärts befindet und auf Getreide spezialisiert ist, wird in dieser Entspelzungsanlage ausschließlich Dinkel verarbeitet. Deutschland ist Dinkelland und in der Region ist hierfür besonders das Bauland bekannt, wo diese alte Getreidesorte angebaut wird. In den letzten Jahren erfährt der Dinkel als alte Kultursorte eine Renaissance, was sich allein an den Annahmemengen in Wertheim belegen lässt. Waren es im Jahr 2018 insgesamt 65 000 Tonnen Dinkel, die in Deutschland geerntet wurden, kam man 2022 bereits auf 178 000 Tonnen.

In der Anlage in Wertheim werden aber auch Dinkelrohprodukte aus ganz Europa verarbeitet, erfuhren die Landwirte bei einem Informationsrundgang. Ganze 306 Stufen mussten sie hinaufgehen, um den 44 Meter hohen Produktionsturm zu erklimmen. Anders als Weizen oder Gerste ist Dinkel viel aufwendiger zu verarbeiten. Von der Vorlese über die aufwendige Entspelzung bis zum fertigen Korn und dem Abfallprodukt, das zu Pellets für die Fütterung verwendet wird, wurde alles anschaulich vorgestellt.

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Die fertige Ware wird auf Lkw verladen und dann zu den entsprechenden Mühlen gebracht, die das Produkt weiterverarbeiten. Dabei sind es vor allem die Produktschwankungen, die die Arbeit in der Entspelzungsanlage so aufwendig machen. Jeder Acker liefert andere Ergebnisse, und der Markt verlangt nach hochwertiger Rohware, so Andreas Häußlein, der für die technische Arbeit eingesetzt ist.

Gemeinsam arbeiten

Danach ging es ab aufs Feld nach Sachsenhausen. Auf dem Hof von Jens Mattern stellte sich die „Heegwald Agrar“ vor. Das ist ein Zusammenschluss von vier Landwirten, die sich Maschinen teilen und auch Arbeitszeiten, erläuterte Marius Fischer, zusammen mit Helmuth und Gerhard Hörner weiterer Gesellschafter der GbR. Vor etwas mehr als vier Jahren habe man sich zusammengeschlossen und seitdem teilt man sich die Arbeit. Vorteil bei dem Zusammenschluss sei, dass alle Betriebe eine ähnliche Größe und ähnliche Strukturen haben.

Dass so etwas funktioniert, wollte vor allem den älteren Landwirten, die auf der Rundreise dabei waren, nicht in den Kopf. Immer wieder stellten sie Fragen, wie es mit der Vergütung sei, ob nicht doch einer mehr erhält, obwohl er weniger gearbeitet hat oder wie man einander die Stunden in Anrechnung bringt. Doch das System funktioniert, erläuterte Marius Fischer. Etwa 800 Hektar bewirtschaftet die GbR zusammen, hauptsächlich Feldfrüchte wie Weizen, Raps, Sommergerste oder Körnermais. Man habe sich bewusst auf Feldfrüchte spezialisiert und die Tierhaltung abgeschafft. Das hätte bei der Abrechnung größere Hürden bedeutet, erläuterte Jens Mattern. „Wir wollen uns nicht verzetteln“, sagte er auf Nachfrage von Marcus Köhler, Leiter des Landwirtschaftsamtes im Main-Tauber-Kreis.

Solarenergie und Kompostierung

Über den derzeit größten Solarpark „Gikelfeld“ in Baden-Württemberg bei Külsheim mit einer Leistung von 68 Megawatt Peak, der vom technischen Geschäftsführer der Stadtwerk Tauberfranken, Dr. Norbert Schön vorgestellt wurde und bei dem es auch um Fragen der Landnahme durch Flächenphotovoltaik ging, fuhr man weiter nach Schweinberg.

Hier in der Kompostieranlage werden seit 1998 bis zu 35 000 Tonnen Biotonnenmüll und bis zu 15 000 Tonnen Grüngut zu Kompost im Kompostwerk Bauland (KWB) verarbeitet. Etwa sechs Wochen braucht das Rohmaterial, bis es zu hygienisiertem Kompost.

Störfaktoren sind dabei allerdings Materialien, die nicht in die Biotonne gehören, wie Plastik oder auch Äste und überhaupt hölzerne Teile. Die müssen durch Trommelsiebe aussortiert werden und landen dann in der Müllverbrennung, erfuhren die Teilnehmer der Exkursion.

Milchviehhof

Zum Abschluss der Fahrt gab es noch ein wirkliches Highlight, einen Besuch bei der Familie Schreck auf ihrem Milchviehhof, der 2018 nach modernsten Gesichtspunkten geplant, gebaut und vom europäischen Innovationsprojekt gefördert wurde. Besonderer Wert wurde hier auf das Tierwohl und die Minderung von Emissionen gelegt. Gerüche entstehen vor allem, wenn sich Harn und Kot vermischen, erläuterte Rainer Schreck. Deshalb werde regelmäßig der Offenstall gereinigt und der hofeigenen Biogasanlage zugeführt. So konnte man den Geruch der über 200 Tiere fast vollständig eliminieren.

Die Tiere können sich im Offenstall frei bewegen und jederzeit auf die große Weide gehen, wenn sie das möchten. Beim Besuch der Landwirte war es allerdings so heiß, dass die Tier lieber im Unterstand blieben, im Schatten. Denn die Kühe wüssten ganz genau, was gut für sie ist, erläuterte Schrecks Frau Steffi, die als Melkerin dafür sorgt, dass die Milch jeden Tag abgesaugt wird und dann an die Molkerei nach Gossmansdorf geht.

„Die Weide ist wie eine Bürste für die Klauen“, erläuterte Rainer Schreck, der beobachtet hat, dass seine Tiere viel gesünder sind, seit sie in dem neuen Stall stehen. Auch das sei ein Grund gewesen, den Tieren so viel Auslauf zu geben, wie sie möchten. Gesunde und zufriedene Tiere geben mehr Milch und sind resistenter gegen Keime oder Krankheiten. Da unterscheide sich die Kuh nicht vom Menschen, meinte er nur.

Marcus Köhler und Heidi Lang, Geschäftsführerin des VlF, bedankten sich für die vielen Informationen an diesem Tag.

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