Obstbau

Bis zu 80 Prozent Verluste bei der Apfelernte im Main-Tauber-Kreis

Einmal mehr hat der Frost im Frühjahr für massiven Ausfall bei der Apfelernte gesorgt. Das Statistische Bundesamt rechnet mit 30 Prozent weniger zum Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Die FN hörten sich im Main-Tauber-Kreis um.

Von 
Heike Barowski
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Der Geschäftsführer der Sachsenhäuser Bio Streuobst GbR, Richard Wolpert ist mit der Apfelernte in diesem Jahr alles andere als zufrieden. Er rechnet mit einem Verlust von 80 Prozent im Vergleich zu normalen Ertragsjahren. Bei der Nussernte spricht er gar von einem Totalausfall. © Heike Barowski

Main-Tauber-Kreis.

 Immer wieder sorgen Spätfröste im Frühjahr dafür, dass die bereits gebildeten Blüten, beispielsweise an Obstbäumen, erfrieren und somit die Ernte recht mager ausfällt. Auch in diesem Jahr hat der Frost im April wieder Schaden angerichtet. Die deutschen Obstbaubetriebe rechnen mit der schlechtesten Apfelernte seit 2017. Vor sieben Jahren verzeichneten die Obsterzeuger einen Totalausfall.

Doch der Ernteausfall gestaltet sich in diesem Jahr recht unterschiedlich. So fahren Bundesländer wie Sachsen und Nordrhein-Westfalen Verluste ein, während am Bodensee und in Niedersachsen der Frost keinen oder nur sehr geringen Schaden anrichtete (siehe Infokasten).

Unterschiede auch im Landkreis

„Auch im Main-Tauber-Kreis fällt die Apfelernte in diesem Jahr sehr unterschiedlich aus. Es gibt Gebiete, da hängen die Bäume voll und es gibt Gebiete, da haben wir einen Ausfall von fast 100 Prozent“, sagt Harald Lurz vom Landwirtschaftsamt des Main-Tauber-Kreises. Er ist zuständig für das Sachgebiet Obstbau, Garten und Landschaft. „Wir hatten einen super Ansatz überall, doch dann kamen zwei Frosttage, die vieles kaputt gemacht haben“, so Lurz. Er rechnet im gesamten Kreis mit einem Ernteverlust zwischen 70 und 80 Prozent.

Dass nicht die komplette Ernte verloren ging, begründet er damit, dass einige Sorten Spätblüher sind, die also noch nicht so weit entwickelt waren, als die Temperaturen sanken. Auch die Lage der Apfelbaumplantage spiele seiner Meinung nach eine Rolle. So sind Ausfälle in Höhenlagen geringer.

Dass Missernten durch Wetterereignisse zunehmen, sieht auch Lurz. Aufgrund der grundsätzlich gestiegenen Temperaturen seien die Blüten teilweise bis zu vier Wochen früher ausgebildet als noch vor 30 Jahren. „Wenn dann Spätfröste kommen, wird alles vernichtet.“

Als probates Mittel der Wahl sieht der Fachmann für die Apfelernte die Verwendung von späten Sorten (wie Winterrambur) oder eine Mischung aus frühen und späten Sorten, um möglichen Schaden zu begrenzen. „Aber wir werden nicht drumherum kommen, Vorratslagerung zu betreiben“, so Lurz. Doch das ist nicht bei allen Obstbauern umsetzbar.

Durch die langanhaltende Sonnen-einstrahlung kommt nun auch noch Sonnenbrand dazu. © Heike Barowski

Obsthof Behringer will aufrüsten

Bei Boxberg-Bobstadt steht Markus Behringer gerade mitten in der Apfelbaumplantage. Gemeinsam mit seinem Bruder Thomas betreibt er den Obsthof Behringer. Nahe Bobstadt läuft die Ernte seit 9. August. Letzte Äpfel werden Ende Oktober vom Baum gepflückt.

„Eine Vorratslagerung würde bei uns nicht gehen. Wir betreiben Intensivobstbau. Außerdem, wer will denn die alten und lange gelagerten Äpfel noch essen?“, bemerkt der Geschäftsführer. Er gibt darüber hinaus zu bedenken, dass solch eine Vorratslagerung sehr energieintensiv sei.

Behringers bewirtschaften rund 14 Hektar, auf denen insgesamt 25 verschiedene Sorten Apfelbäume stehen. Der Obsthof beliefert den eigenen Hofladen und einen Großhändler. Doch auch nahe Boxberg hat der Frost Ende April ordentlich Schaden angerichtet. Markus Behringer spricht von einem Ernteausfall von mindestens 65 Prozent bei den Äpfeln. Bei Zwetschgen seien es sogar 100 Prozent. Letztere machen allerdings nur den kleinsten Teil im Anbau aus. Um den Schaden in Grenzen zu halten, will man in Bobstadt in Zukunft für einen Teil der Anbaufläche in eine Frostschutzberegnungsanlage investieren.

Ergebnis der Apfelernte fällt sehr unterschiedlich aus

Einer Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im August war zu entnehmen, dass die deutschen Obstbaubetriebe in diesem Jahr eine weit unterdurchschnittliche Apfelernte von rund 734 000 Tonnen einfahren. Damit werden voraussichtlich 261 300 Tonnen (26,3 Prozent) weniger Äpfel geerntet als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre.

Dies ist nach dem verheerenden Ergebnis von 2017 (mit nur 596 700 Tonnen) die niedrigste Apfelernte.

Während man laut „Agrar heute“ in Niedersachsen kaum Einbuße verzeichnet, halbiere sich das Ergebnis der Apfelernte in Nordrhein-Westfalen. Auch Thüringen und Sachsen sind betroffen.

Am Bodensee sieht die Lage ganz anders aus. Janina Bembenek, Marketingleitung von Obst vom Bodensee, rechnet mit einem Plus von 13 Prozent Ernteertrag. Dies teilte sie der „Rundschau für Lebensmittelhandel“ in einem Interview mit. „Nach einer sehr erfolgreichen Saison 2023/2024 erwarten wir eine ausgezeichnete Ernte, sowohl in Bezug auf die Qualität als auch auf die Menge. Mit einer überdurchschnittlichen Erntemenge am Bodensee, großen Kalibern und einer sehr guten inneren wie auch äußeren Qualität der Früchte können wir freudig in die Ernte starten.“ Das Bodensee-Klima habe zudem einen perfekten Ausgleich aus Süße und Säure geschaffen.

Äpfel werden aktuell bundesweit auf einer Fläche von 33 000 Hektar erzeugt, davon auf 11 600 Hektar in Baden-Württemberg (Bodenseeregion), auf 8400 Hektar in Niedersachsen (Altes Land) und auf 2300 Hektar in Sachsen (Destatis).

Die im Jahr 2023 im deutschen Einzelhandel am häufigsten gekauften Apfelsorten sind 1. Elstar (19 %), 2. Braeburn ( (14 %),3. Gala (12 %),4. Jonagold/Jonagored (8 %), 5. Pink Lady/Cripps Pink ( 8 %), (8. Kanzi ( 3 %), 7. (3 Delicious (2 %) und 8. Cox Orange/Holsteiner Cox (2 %).

Wie Destatis mitteilte, werde auch die Pflaumen- und Zwetschenernte fast 18 Prozent unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre liegen. hei

152 Gesellschafter

Richard Wolpert ist der Geschäftsführer der Sachsenhäuser Bio-Streuobst. In der GbR haben sich 152 Gesellschafter zusammengefunden. Auf den bewirtschafteten 38 Hektar Streuobstwiesen mit insgesamt 3984 Apfelbäumen konnten die GbR-Mitglieder im Jahr 2023 rund 120 Tonnen und im Jahr 2022 rund 200 Tonnen Äpfel ernten. Aktuell rechnet der Geschäftsführer mit maximal 40 Tonnen. „Dieses Jahr ernten wir zwischen 15 und 20 Prozent von einem normalen Ertragsjahr“. Als Ursache gibt auch Wolpert den Temperatursturz im April an. „Mit solchem Frost und den Folgen werden wir in Zukunft vermehrt rechnen müssen, weil unsere Vegetation deutlich früher dran ist“, meint er.

Wolpert gibt jedoch zu bedenken, dass dieser Ausfall für die Mitglieder nicht existenzgefährdend sei, da alle den Obstanbau im Nebenerwerb betreiben würden. So konnte die GbR auch das Jahr 2017 gut überstehen. „Damals hatten wir einen einhundertprozentigen Ernteausfall. Wir ernteten etwa 30 Kilogramm Obst, mehr nicht“, erinnert sich Wolpert. Allerdings gab es vor sieben Jahren einen finanziellen Ausgleich durch die EU. Die dann ins Leben gerufene Frostversicherung hätte sich in diesem Jahr zwar bezahlt gemacht, allerdings habe die GbR aufgrund einer einzuhaltenden Vorschrift davon Abstand genommen. Diese besagt, dass erst am 15. August der Boden gemäht und gemulcht werden dürfe. „Was für ein Unding“, schimpft Wolpert. Die ersten 22 Tonnen Mostobst wurden vor wenigen Tagen bereits an eine Kelterei am Bodensee geliefert. Dort wird daraus naturtrüber Apfelsaft hergestellt, der in Frankreich, Spanien und Großbritannien vermarktet wird. Wie Wolpert erklärt, bestehe in Deutschland kein Bedarf an dem naturtrüben Erzeugnis. Sammeln könne er das Obst nicht, bis die nötige Menge für den Transport zusammenkommt, weil es faulen würde. So erklärt sich die Pause bis zum nächsten Ernteeinsatz, damit bei der schlechten Ertragslage genug Früchte zusammenkommen.

GbR setzt auf alte Sorten

Bei den 60 verschiedenen Streuobstsorten rund um Sachsenhausen handelt es sich in der Regel um alte Sorten. Produziert wird in Bioqualität und unter dem Zertifikat „Naturland“. Allerdings „frisst“ diese Zertifizierung auch einen Teil des finanziellen Ertrags auf.

Ein probates Mittel, um dem Ausfall zu begegnen, hat auch Wolpert nicht. Nur späte Sorten zu verwenden sei für ihn keine Alternative. „Wir wollen doch nicht von unserer Gewürz-Luise weg“, sagt er und setzt weiterhin auf Vielfalt.

Einen Totalausfall hat die Sachsenhäuser GbR in diesem Jahr in der Nussernte zu verzeichnen. Den 133 Nussbäumen hat der Frost extrem hart zugesetzt.

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